Berlin. Mehrere Krankenpflegerinnen haben Tausende Fans bei Instagram. Mit ihrer Reichweite wollen sie ihrem Beruf eine starke Stimme geben.

Dienstbare Geister in Birkenstocks, duldsam, belastbar, unauffällig: Das war lange das Bild von Krankenpflegerinnen. Dann kam die Corona-Pandemie, und die Pflegerinnen und Pfleger rückten ins öffentliche Bewusstsein.

Selbstbewusst treten sie seitdem im Fernsehen auf, bloggen, schreiben Bestseller, haben Hunderttausende Fans bei Instagram. Ihnen geht es nicht um eine Promi-Karriere: Sie lieben ihren Beruf.

Genau deswegen wollen sie auf Missstände aufmerksam machen – und auf die Erfüllung, die sie in ihrem Beruf finden. Mehr zum Thema:Corona: Impfskepsis bei medizinischem Personal groß

Die Herzwärmerin

So wie Vanessa S. Die 30-Jährige arbeitet seit 2013 im Helios-Klinikum Berlin und ist derzeit als Praxisanleiterin auf der Unfallchirurgie im Einsatz. Für die Sat.1-Serie „Die Herzblut-Aufgabe – Promis in der Pflege“ machte sie Schauspieler Wayne Carpendale Beine: Der Pflege-Novize war vier Wochen lang ihr Praktikant.

Krankenschwester ist mein absoluter Traumberuf“, sagt sie unserer Redaktion. Den Plausch mit der Patientin, sich auch mal Sorgen anzuhören, die über das Medizinische hinausgehen – Vanessa nimmt sich die Zeit, auch wenn die in ihren zehn Jahren im Beruf immer knapper wurde.

Eigene Schicksalsschläge haben die examinierte Krankenpflegerin Vanessa für den Beruf sensibilisiert.
Eigene Schicksalsschläge haben die examinierte Krankenpflegerin Vanessa für den Beruf sensibilisiert. © Thomas Oberländer / Helios Kliniken

Wie wichtig eine Portion Extra-Zuwendung sein kann, erfuhr Vanessa selbst. Ihr kleiner Sohn starb an plötzlichem Kindstod. Ihre Tochter ist an Mukoviszidose erkrankt, einer seltenen Stoffwechselkrankheit: „Meine Motivation, Menschen in Ausnahmesituationen zu helfen, ist seitdem größer denn je.“

Nur eines braucht sie dazu nicht: Beifall. Menschen, die auf den Balkonen stehen und klatschen wie beim ersten Lockdown im Frühjahr 2020 – Vanessa fand das „beschämend“. „Wir sind doch keine Theaterstars. Ich glaube, die Leute haben sich da eher selbst beklatscht. Das hatte nichts mit uns und unserem Beruf zu tun.“

Trotz allem: Vanessa will für ihren Beruf werben. „Ihr könnt so viel bewirken, wenn ihr mit Herzblut dabei seid“, sagt sie. Was sie nicht mag: „Wenn man mich ,Schwester‘ ruft. Das lasse ich nur den älteren Patienten durchgehen“, sagt sie und lacht. Auch interessant:Moria: Wie eine Berliner Krankenpflegerin den Brand erlebte

Die Wütende

„Schwester“ würde als Anrede für Franziska Böhler (34) auch unpassend erscheinen. Die Krankenpflegerin für Anästhesie und Intensivmedizin gehört zu den deutlichsten Stimmen, wenn es darum geht, auf Schieflagen in ihrem Beruf aufmerksam zu machen.

Sie schrieb den Nummer-eins-Bestseller „I’m a Nurse“. Bei Instagram folgen ihr 239.000 Menschen. Wie Vanessa hält sie Personalmangel für das größte Problem.

Krankenpflegerin Franziska Boehler
Krankenpflegerin Franziska Boehler © Michael Eichelsbacher / Penguinrandomhouse

Das Netz nutzt sie immer wieder für teils deftige Kritik. „Sobald der erste Urlaubsbomber nach Malle startet, ist das geheuchelte Interesse so schnell weg wie der Sangria am Ballermann“, schreibt sie da beispielsweise.

In ihrem aktuellen Posting wendet sie sich an Kolleginnen, die das Handtuch werfen: „Es war von Anfang an klar, dass eine Pandemie nicht gestemmt werden kann, wenn Jahre zuvor das Tagesgeschäft schon bröckelte. Es ist nicht eure Schuld.“ Lesen Sie hier:Corona: Wie sich das Dilemma mit der Impfpflicht lösen lässt

Die Lebensfrohe

Eher klassisch nutzt die Mannheimer Notaufnahmepflegerin Kim Schiele (22), bekannt aus der Reality-Soap „Beauty & The Nerd“, Instagram: Selfies von einer Yacht etwa, Bikini-Posen auf Ibiza, Produktwerbung. Dann beantwortet sie im blauen Kittel Fan-Fragen – in Gebärdensprache. Etwa, ob es bei ihr wirklich zugeht wie bei „Grey’s Anatomy“ (manchmal) oder ob sie schon einmal etwas mit einem Arzt hatte (mit noch keinem aus ihrer Klinik).

Kim Schiele, bekannt aus „The Beauty & The Nerd
Kim Schiele, bekannt aus „The Beauty & The Nerd" © kimschiele / Instagram

Sie entschloss sich für den Beruf, als sie selbst einmal im Krankenhaus auf Hilfe angewiesen war. 184.000 Fans folgen ihr. „Ja, ich könnte von Instagram und meinem Model-Job leben. Es ist leicht, da Anerkennung zu bekommen, Likes, Komplimente. Aber das Lächeln eines Patienten, dem ich helfen konnte – das ist mir viel mehr wert.“