Berlin. Die Grenzen bleiben zwar offen, aber die Bürger sollen sie nicht überqueren. Am Sonntag traten schärfere Corona-Reiseauflagen in Kraft.

  • Seit Sonntag gelten in Deutschland strengere Auflagen für Reisen ins Ausland
  • Die Grenzen bleiben zwar offen – sollen wegen der Corona-Pandemie aber möglichst nicht überquert werden
  • Bei Einreise aus manchen Ländern muss aber auch ein negativer Corona-Test vorgelegt werden

Bei Anja Meyer aus Wasserbillig steht das Telefon nicht still. Warum wohl? Wasserbillig liegt in Luxemburg, Mayer ist Friseurin, ihr Laden ist geöffnet, und die Anrufer sind natürlich Deutsche. So sieht er aus, der kleine Grenzverkehr: Nach Luxemburg zum Haareschneiden.

Vom Robert-Koch-Institut (RKI) wird das Großherzogtum als Risikogebiet geführt, die 7-Tage-Inzidenz ist höher als in Deutschland. Das Auswärtige Amt warnt „vor nicht notwendigen, touristischen Reisen nach Luxemburg“.

Trotz Corona-Lockdown kaum Grenzkontrollen

Aber die Wahrheit ist: Trotz Lockdown finden weder Grenzkontrollen statt noch bestehen Quarantänevorschriften für Rückkehrer. Rheinland-Pfalz und das Saarland machen zahlreiche Ausnahmen gerade für Tagesreisen. Und: Wer zum Friseur will, der empfindet den Trip nach Luxemburg als notwendig und ganz und gar untouristisch.

Verschärfte Corona-Kontrollen: Eine Beamtin der Bundespolizei überprüft am Flughafen Frankfurt ein Dokument eines Reisenden aus Prag.
Verschärfte Corona-Kontrollen: Eine Beamtin der Bundespolizei überprüft am Flughafen Frankfurt ein Dokument eines Reisenden aus Prag. © Boris Roessler/dpa

Es gibt solche und solche Risikogebiete. „Wir müssen unseren europäischen Weg finden“, sagt die rheinland-pfälzische Malu Dreyer (SPD) unserer Redaktion, „Europa ist dicht besiedelt, mit selbstbewussten Nationalstaaten und offenen Grenzen“. Alle Reisenden werden ausgebremst, aber aus manchen Staaten mehr - und aus anderen weniger. Ein Überblick.

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Wie unterscheiden sich die Risikogebiete?

Es gibt drei Kategorien: „Normale“ Risikogebiete, ein Widerspruch an sich. „Hochinzidenzgebiete“, in denen die Zahl der Neuinfektionen in sieben Tagen pro 100.000 Einwohner über 200 liegt. Schließlich „Virusvarianten-Gebiete“, in denen hochansteckende Varianten von Covid-19 stark vorkommen. Als kurz vor Weihnachten aus Großbritannien und Südafrika gefährliche Mutationen gemeldet wurden, begann die Bundesregierung damit, die Auflagen differenziert zu verschärfen.

Wer zählt als Risikogebiet, was muss man beachten?

Weltweit gehören dazu über 100 Staaten, in der EU alle Länder, vereinzelt nicht flächendeckend, sondern nur bestimmte Gebieten: Fünf Regionen in Norwegen, vier in Griechenland, zwei in Finnland. Österreich fällt komplett darunter mit Ausnahme von zwei Gemeinden. In Dänemark ist die Insel Grönland ausgenommen.

Die Staatenliste findet man auf der Internetseite des RKI. Generell gilt: Rückkehrer aus solchen Staaten müssen einen negativen Test vorlegen, den sie allerdings auch 48 Stunden nach Ankunft nachreichen dürfen. Sie müssen eine digitale Anmeldung ausfüllen und in Quarantäne gehen, die sie nach fünf Tagen mit einem abermaligen negativen Test abkürzen dürfen.

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Was und wer sind „ Hochinzidenzgebiete“?

Das ist eine neue Kategorie, die – am Freitag beschlossen – seit Sonntag gilt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich dafür auf einem EU-Sondergipfel am Donnerstag grünes Licht von den Partnern geholt. „Hochinzidenzgebiete“ sind im Prinzip Staaten mit einer Inzidenz über 200.

Dazu gehören Ägypten, Albanien, Andorra, Bolivien, Bosnien und Herzegowina, Estland, Iran, Israel und die Palästinensischen Gebiete, Kolumbien, Kosovo, Lettland, Libanon, Litauen, Mexiko, Montenegro, Nordmazedonien, Panama, Portugal, Serbien, Slowenien, Spanien, Tschechien, die USA und die Vereinigten Arabischen Emirate. Einreisende aus solchen Staaten müssen bereits vor der Einreise einen negativen Test vorlegen. Nur dann kann ein Passagier etwa ein Flugzeug betreten. Der Test darf nicht älter als 48 Stunden sein.

Auch in dieser Gruppe gibt es Ausnahmen, also Staaten, die trotz einer Inzidenz von über 200 auf der Liste fehlen: Die Slowakei, Schweden, Niederlande, Frankreich. Dass mit Tschechien ein direkter deutscher Nachbar betroffen ist, führte wiederum zu Sonderregelungen: Sachsen und Bayern fordern von den Berufspendlern aus Tschechien, dass sie sich nur zwei Mal in der Woche – also nicht jeden Tag – testen lassen. Ausnahmen gibt es für Pendler im Grenzgebiet zu Belgien: Denn ab Mittwoch sind in Belgien bis zum 1. März nicht notwendige Reisen verboten.

Wer sind die „Virusvarianten“-Gebiete?

Dazu zählten anfangs Großbritannien und Südafrika, später kamen Irland und Brasilien hinzu. Für diese vier Staaten alten schon bisher die strengen Testpflichten, die an diesem Sonntag für die Hochinzidenzgebiete eingeführt wurden. In Europa könnte bald auch Portugal zu einem Virusvarianten-Gebiet erklärt werden. Das RKI beobachtet die Entwicklung dort sehr genau.

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Wer überprüft die Auflagen?

Anders als im ersten Lockdown im Frühjahr wird keine Grenze geschlossen. Die Bundespolizei soll verstärkt (Stichproben) kontrollieren. Die Problemzone ist der Individualverkehr, wohingegen die Beförderer (Airlines, Fähren, Busse, Züge) verpflichtet sind, von Einreisenden aus Hochinzidenz- oder Virusvarianten-Gebieten einen negativen Test einzuholen.

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Was sollen die Auflagen bringen?

Beim ersten Lockdown sank die Zahl der Flugpassagiere in Deutschland im April zeitweise auf rund 55.000 in der Woche. Zum Vergleich: Vor der Pandemie waren es Woche für Woche vier bis fünf Millionen. In der ersten Januarwoche dieses Jahres lag die Zahl schon wieder bei über 440.000 - trotz Lockdown. Offensichtlich will die Bundesregierung die Zahl der Reisenden noch einmal drastisch senken.

In Spanien, ein klassisches Urlaubsland der Deutschen, verheißen die neuen Testpflichten nichts Gutes für die Tourismuswirtschaft. Folgen dürfte die Einstufung als Inzidenzgebiet auch für Flüge aus den USA haben. Ähnliches gilt für Flüge aus Israel. Dort gibt es allerdings eine Aussicht auf Besserung: In Israel wurden schon 40 Prozent der Menschen geimpft. Wie wirksam die Einschränkung des Reiseverkehrs für den Infektionsschutz ist, sieht man an Neuseeland und China, die neue Corona-Fälle melden - in Neuseeland zum ersten Mal seit zwei Monaten. Eine Null-Covid-Strategie ist ohne Grenzschließungen kaum möglich.