Sidney. Sie wollten nur nach dem Rechten sehen und wurden kaltblütig erschossen. Der Tod zweier junger Polizisten erschüttert Australien.

Es sollte eine Routinekontrolle sein. Und dann kam es zu einer unfassbaren Tat: Auf einem einsam gelegenen Anwesen in Australien wurden zwei Polizisten und ein Nachbar kaltblütig ermordet, die drei Angreifer wurden Stunden später von der Polizei erschossen. Mindestens einer von ihnen soll ein Verschwörungstheoretiker gewesen sein, der der Polizei misstraute.

Noch sind die Umstände nicht völlig aufgeklärt, doch die Tragödie, die sich am Montagnachmittag auf einem Anwesen in Wieambilla, rund 270 Kilometer westlich von Brisbane, im Osten Australiens abspielte, macht den Anschein eines Hinterhalts.

Vier Polizisten waren auf der Suche nach einem vermissten Schuldirektor zu dem einsam gelegenen Anwesen des Bruders des Vermissten gefahren. Es hätte eine Routinekontrolle sein sollen, doch die Bewohner des Hauses eröffneten sofort das Feuer auf die Beamten.

Eine junge Polizistin konnte sich in den nahen Busch flüchten

Eine 29-jährige Polizistin und ein 26-jähriger Polizist wurden sofort getötet, ein weiterer Beamter erlitt einen Streifschuss. Einer jungen Kollegin, die erst seit acht Wochen bei der Polizei war, gelang es, sich in den nahen Busch zu flüchten und zu verstecken. Die Verbrecher legten daraufhin ein Grasfeuer, in der Hoffnung, dass die Flammen sie ins Freie locken würden.

„Es ging alles sehr schnell“, sagte der Präsident der Queensland Police Union, Ian Leavers, am Dienstagmorgen gegenüber dem lokalen Sender ABC. Die Polizisten seien geradezu mit Schüssen übersät worden.

Ein Nachbar, der helfen wollte, wurde ebenfalls erschossen

Ein Nachbar, der kam, um nach dem Rechten zu schauen, nachdem er entweder die Schüsse gehört oder das Feuer gesehen hatte, wurde von den Angreifern ebenfalls getötet. Der überlebenden Polizistin gelang es, ihre Kollegen zu alarmieren und Hilfe anzufordern. Gleichzeitig soll sich die junge Frau laut lokaler Medienberichte in Textnachrichten bereits von ihrer Familie verabschiedet haben.

Auch er wurde Opfer der Angreifer: Polizist Matthew Arnold.
Auch er wurde Opfer der Angreifer: Polizist Matthew Arnold. © Twitter/@QldPolice | Twitter/@QldPolice

Sie fürchtete, entweder bei lebendigem Leib zu verbrennen oder erschossen zu werden. Letztendlich waren 16 weitere Polizisten, darunter auch ein Spezialkommando, im Einsatz, um die Kollegen zu retten und die Angreifer festzunehmen. Die Täter – zwei Männer und eine Frau – wurden nach einer über Stunden andauernden Belagerung gegen 22.30 Uhr von der Polizei erschossen.

Noch ist das Motiv für die unfassbare Tat völlig rätselhaft

Die Polizeikommissarin von Queensland, Katarina Carroll, beschrieb den Vorfall als eine „unvorstellbare Tragödie“. „Diese Beamten hatten keine Chance“, sagte sie. „Die Tatsache, dass zwei lebend herausgekommen sind, ist ein Wunder.“ Es seien viele Waffen im Einsatz gewesen.

Unklar ist bisher, ob die getöteten Polizisten bewusst auf das Grundstück gelockt wurden und dadurch in einen Hinterhalt gerieten. Auch ein mögliches Motiv ist bisher nicht bekannt. Doch Leavers sagte im Interview mit der ABC, die Beamten seien „kaltblütig“ getötet worden. „Sie wurden hingerichtet.“

Täter ist Schuldirektor, der als „sanftmütig“ beschrieben wird

Australiens Premierminister Anthony Albanese schrieb in einem Post auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, dass dies ein „herzzerreißender Tag“ sei. Besonders schockierend ist zudem, dass es sich bei einem der Täter um einen eigentlich als vermisst geltenden Schuldirektor handelte.

Dieser wurde in einem lokalen Medienbericht als ein eigentlich „sanftmütiger Schulleiter“ beschrieben, der seinen Bart mit Glitzer und Weihnachtskugeln schmückte, um Geld für den Elternbeirat der Schule zu sammeln.

Einsatz in  Wieambilla, Queensland, nach der Tragödie.
Einsatz in Wieambilla, Queensland, nach der Tragödie. © IMAGO/AAP | IMAGO/JASON O BRIEN

Was ihn zum kaltblütigen Attentäter werden ließ, darüber kann bisher nur spekuliert werden. Die australische Ausgabe des „Guardian“ berichtete, dass zumindest sein Bruder ein bekannter Verschwörungstheoretiker gewesen sei, der auf dubiosen Online-Foren bizarre Theorien zum Besten gab. In einem Post soll er geschrieben haben, dass er sich „seit fünf Jahren auf das Morgen“ vorbereite.

Lesen Sie hier: Reichsbürger - Neue Details zu den Terrorplänen bekannt

„Wenn klar wird, dass wir uns in einer Zeit wie keiner anderen befinden und ihr euch auf den Weg in die Wildnis macht, um nicht verhaftet zu werden, dann werden meine Frau und ich allen Brüdern und Schwestern Zuflucht gewähren“, schrieb er. In anderen Posts brachte der Mann wohl bereits sein Misstrauen gegenüber der Polizei um Ausdruck.

Lesen Sie auch: Polizistenmord: Hat Deutschland ein Problem mit Wilderern

Erinnerung an den Amoklauf von 1996 auf Tasmanien

Außerdem soll er einen Amoklauf, bei dem 1996 in Port Arthur auf der australischen Insel Tasmanien 35 Menschen ums Leben kamen, als ein „Täuschungsmanöver“ bezeichnet haben, um die australische Bevölkerung zu entwaffnen. Die Tat eines einzelnen Amokläufers hatte damals eine Schockwelle in Australien ausgelöst, wo ein Gewehr bis zu diesem Zeitpunkt als essenziell für das Überleben im Busch gesehen wurde.

Der damalige australische Premierminister John Howard reagierte umgehend und brachte innerhalb von nur zwölf Tagen eine neue Schusswaffenkontrolle auf den Tisch, die Waffenbesitz erschwerte und automatische und semiautomatische Waffen verbot. Letztendlich kaufte die australische Regierung damals 650.000 Waffen von der Bevölkerung zurück.

Lesen Sie auch: 17.500 Waffen in Deutschland gestohlen oder verschwunden