Brüssel. Bewaffnete Entführer kidnappen einen Jungen aus dem Elternhaus und halten ihn wochenlang fest. Was steckt hinter dem dramatischen Fall?

Ein 13-jähriger Junge ist in Belgien von schwer bewaffneten Kriminellen aus seinem Elternhaus entführt und erst nach 42 Tagen Geiselhaft wieder freigelassen worden. Die belgische Bundespolizei machte den Fall am Montag bekannt.

Das Kind sei in der Nacht zuvor freigekommen und gesund. Bei Razzien an mehreren Orten seien dann sieben Verdächtige festgenommen worden. Belgische Medien spekulierten über eine Tat im Drogenmilieu. Die Entführer sollen fünf Millionen Euro Lösegeld gefordert haben.

Belgien: Schwer bewaffnete Täter kidnappten den Jungen im April

Offiziell schilderte die Bundespolizei den Fall so: In der Nacht vom 20. auf den 21. April seien schwer bewaffnete und maskierte Gewalttäter in das Zuhause der Familie im ostbelgischen Genk eingedrungen und hätten den 13-Jährigen verschleppt. Während der 42 Tage der Geiselnahme habe es immer wieder Kontakte zwischen den Entführern und der Familie gegeben. Es sei Lösegeld gefordert worden. Zwei Mal hätten die Entführer Lebenszeichen des Kindes geschickt.

Nach intensiven Ermittlungen seien mehrere Verdächtige identifiziert worden, teilte die Polizei weiter mit. Das Kind sei schließlich in der Nacht zum 1. Juni unversehrt freigelassen worden. Acht Durchsuchungen hätten in der Provinz Limburg und vier weitere in Antwerpen stattgefunden. Die sieben Verdächtigen sollten dem Haftrichter vorgeführt werden.

Unter den Festgenommenen ist ein islamistischer Extremist

Nach Informationen des Senders VRT und der Zeitung „Het Belang van Limburg“ soll unter den Festgenommenen ein islamistischer Extremist und verurteilter Syrien-Kämpfer sein. Die Staatsanwaltschaft habe diese Information zunächst nicht bestätigt, meldete die Agentur Belga.

Offen ließen die Behörden den Hintergrund der Gewalttat und die Frage, ob Lösegeld floss. Der Sender RTBF meldete, ein Teil der geforderten Summe sei gezahlt worden. Die Familie des entführten Jungen sei wegen Verbindungen zum Drogenhandel polizeibekannt. Allerdings stellte der Sender auch klar, dass bisher nicht bestätigt sei, ob es sich um „Gewalt zwischen Drogenbossen“ gehandelt habe. Das Opfer und seine Familie erhalten demnach medizinische und psychologische Hilfe.

Polizeichef Eric Snoeck lobte den Ermittlungserfolg seiner Behörde mitten in der Corona-Krise. Die Beamten hätten unter oft sehr schwierigen Umständen aktiv und diskret ermittelt. Er sei stolz auf den täglichen Kampf seiner Mitarbeiter gegen das organisierte Verbrechen und den Terrorismus. In dem Fall arbeiteten die Ermittler nach offiziellen Angaben auch mit Polizei und Justiz in den Niederlanden, Frankreich und den Vereinigten Staaten zusammen. (lah/dpa)