Berlin. Virologe Christian Drosten spricht im aktuellen NDR-Podcast über Kritik an seiner Studie. Und er beleuchtet mögliche Schulöffnungen.

  • Die „Bild“-Zeitung hatte eine Studie von Christian Drosten als „grob falsch“ bezeichnet
  • Im aktuellen NDR-Podcast nimmt er Stellung zu der Berichterstattung
  • Außerdem spricht er darüber, wie Schulen wieder geöffnet werden könnten

Christian Drosten hat sich im aktuellen Corona-Podcast des NDR über die Berichterstattung der „Bild“-Zeitung geäußert, in der eine Studie von ihm als „grob falsch“ bezeichnet wurde. „Hätte es ein Indiz gegeben, dass sie falsch ist, hätte ich sie von der Homepage genommen und hätte öffentlich erklärt, dass ich die Studie hiermit zurücknehme“, sagte der Virologe. Den Namen der Zeitung nannte er dabei allerdings nicht.

Zu der Debatte fügte er hinzu: „Das Ganze war dann ja auch personalisiert, es ging ja nicht nur gegen die Studie oder so was, sondern es ging eindeutig gegen mich als Person“, sagte der Forscher. „Mit all dem habe ich nicht gerechnet und ich kann mir das ehrlich gesagt nicht erklären, warum es dazu gekommen ist, was der Grund ist.“

In einer überarbeiteten Fassung seiner Studie zur Infektiosität von Kindern hält Christian Drosten indes an seiner grundlegenden Aussage fest. Es gebe keine Hinweise darauf, dass Kinder im Bezug auf Sars-CoV-2 nicht genauso ansteckend seien wie Erwachsene, heißt es in der aktualisierten Version der Studie. Sie ist noch nicht in einem begutachteten Fachjournal erschienen, sondern wurde als sogenannter Preprint veröffentlicht.

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    In der Folge 46 des „Coronavirus-Update“ sprach er außerdem darüber, wie Schulen wieder geöffnet werden könnten. „Wir müssen in der Breite überlegen, wie kann man Schulen grundsätzlich öffnen, dass sie nicht gleich wieder schließen müssen, sondern man sie offenhalten kann“, sagte Drosten. Es könnte zum Beispiel überlegt werden, ob Lehrer ein Mal die Woche getestet werden, auch wenn sie asymptomatisch sind. „Und gerade das Blockieren von Super-Spreading-Ereignissen, die sich in Schulen einstellen können, ist sehr sinnvoll.“

    In einem früheren Podcast hatte Drosten das Risiko einer „zweiten Welle“ als überschaubar eingeschätzt.„Jetzt kennen wir das Virus genauer, wir wissen besser, wie es sich verbreitet“, sagte Drosten in einem Gespräch mit dem „Spiegel“. Dadurch könne einem zweiten Shutdown entgangen werden, meint der Virologe. So seien beispielsweise die Inkubationszeit und die Zeit, in der man ansteckend ist, „deutlich kürzer als anfangs gedacht“. Corona: Christian Drosten sieht weiter „Unsicherheiten“ - und warnt

    Coronavirus: Drosten und Co. schlagen neue Strategie zur Eindämmung vor

    In seinem zweimal wöchentlich erscheinenden Podcast mit dem NDR hatte Drosten in der Folge zudem erklärt, dass einzelne sogenannte Superspreader überproportional viele Menschen anstecken. Auf Grundlage dieser Erkenntnis müsse die Strategie im Kampf gegen das Coronavirus angepasst werden.

    Drosten empfiehlt, künftig alle Personen zu isolieren, die in Verdacht stehen, sich mit einem Superspreader in einer „sozialen Situation“ – beispielsweise im Fitnessstudio – befunden zu haben. Die Quarantäne, erklärte er nun gegenüber dem „Spiegel“, könne auf Basis des neuen Wissensstandes jedoch auf eine Woche verkürzt werden.

    Die Erkenntnisse des Chef-Virologen und Beraters der Bundesregierung decken sich mit denen weiterer Virologen. Hendrik Streeck, der die sogenannte „Heinsberg-Studie“ angefertigt hat, und André Karch von der Universität Münster rücken ebenfalls das Superspreading in den Fokus künftiger Präventionsmaßnahmen.

    „Inzwischen hat sich gezeigt, dass die Heterogenität bei Sars-CoV-2 wahrscheinlich recht hoch ist“, sagte Karch der „Süddeutschen Zeitung“. Sprich: Wenige Infizierte übertragen das Virus auf viele. Die meisten aber übertragen es kaum auf andere. „Das ist eine gute Nachricht“, schlussfolgert Karch, „weil man sich bei den Gegenmaßnahmen dann auf die hochriskanten Situationen konzentrieren kann.“ Lesen Sie hier: Drosten legt nach umstrittener Studie nach.

    Drosten: Forschungsarbeit hat 50.000 bis 100.000 weitere Tote verhindert

    Streeck rät aus diesem Grund dazu, Großevents weiterhin zu untersagen. Diese Maßnahme scheine rückblickend „am ehesten was gebracht zu haben“, erläuterte der Virologe gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Zwar könne es auch weiterhin lokale Ausbrüche geben, aber an eine zweite Welle, „die uns regelrecht überschwemmt und überfordert“, glaubt auch der Autor der „Heinsberg-Studie“ nicht mehr. Dennoch werde das Virus die Menschen wegen des fehlenden Impfstoffes noch länger beschäftigen.

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      Insgesamt aber, so sehen es die Experten, ist Deutschland in einer komfortablen Situation. Immerhin seien milde Maßnahmen ausreichend gewesen, um die Epidemie zu stoppen. Die Arbeit seines Forschungsteams und der Austausch mit der Politik sei dafür maßgeblich gewesen, sagte Drosten dem „Spiegel“. Anderenfalls, glaubt er, gebe es in Deutschland jetzt „50.000 bis 100.000 Tote mehr“. (yah/les)

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