Berlin. Corona zerrt weiterhin an den Nerven vieler Deutscher. Laut dem “Glücksatlas“ gibt es jedoch große geschlechtsspezifische Unterschiede.

Dieses Bimbim oder Dingding hat die Kraft, Menschen an den Rand zu bringen. Es bimmelt und dingelt morgens wie abends: Nachrichten ans Personal im Homeoffice, während das Personal einfach mal in Ruhe die Wäsche aus der Maschine holen möchte. Oder in die Pizza beißen. Realität in der Corona-Pandemie, in der es auf die Herkulesaufgabe ankam: Umstände wie Homeoffice und Homeschooling elegant in den Alltag zu integrieren. Das Problem: Das ist vor allem Frauensache.

Homeoffice gilt durchaus als beliebt – und ist trotzdem dazu geeignet, die Laune rasant sinken zu lassen, wenn neben dem Laptop das Baby schreit. Vor allem Frauen fühlten sich um ihre Kräfte gebracht. Corona belastet sie stärker als Männer, das ist nicht nur die gefühlte Realität, sondern das Ergebnis einer Studie, festgehalten im „Glücksatlas“, den die Uni Freiburg mit Unterstützung der Süddeutschen Klassenlotterie (SKL) erstellt hat.

Die Lebenszufriedenheit war naturgemäß während Corona eh nicht übermäßig hoch. Aber bei den Frauen sei sie geradezu in den Keller gerutscht. Der Glücksabstand, die sogenannte „Happiness Gap“, zwischen den Geschlechtern betrage 0,19 Punkte, was viel sei: „In dieser Währung, in der Skala, ist das wirklich bedeutend“, sagte Max Höfer, Sprecher des „Glücksatlas“ bei der Vorstellung der Studie am Montag.

15.200 Deutsche wurden von Januar 2020 bis Januar 2022 per Telefon von Ökonomen und Sozialwissenschaftlern befragt. Die Wutausbrüche, die Frauen wie Männer erlebten, wenn die Technik beim Homeschooling schlapp machte oder man sich einfach nur gepflegt auf den Keks ging, flossen in eine Skala der allgemeinen Zufriedenheit ein – von 0 bis 10 Punkten.

Junge Frauen unter 25 Jahren besonders unzufrieden

Frauen hat der Nervfaktor besonders erwischt. Aber Frauen – quer durch alle Altersgruppe – waren vor der Pandemie auch die viel glücklicheren Menschen. Besonders überraschend seien die großen Glückseinbußen von jungen Frauen bis 25 Jahre, so der Studienleiter Bernd Raffelhüschen von der Uni Freiburg.

Herausforderung der Pandemie: Job und Privatleben musste unter einen Hut gebracht werden.
Herausforderung der Pandemie: Job und Privatleben musste unter einen Hut gebracht werden. © dpa-tmn | Julian Stratenschulte

In dieser Gruppe sei die Fallhöhe dann auch am stärksten: Die jungen Frauen waren nämlich vor Corona nicht nur glücklich, sondern überglücklich. Ihr Glücksvorsprung betrug 0,2 Punkte, so der Wissenschaftler. Während der Pandemie verloren sie 0,6 Punkte, die jungen Männer nur 0,3 Punkte. Der Glücksvorsprung hat sich ins Gegenteil gewendet.

Auch weibliche Selbstständige hätten während der Pandemie deutlich schlechtere Laune bekommen als ihre männlichen Mitstreiter: Sie verloren 0,8 Glück-Punkte, selbstständige Männer dagegen nur 0,4 Punkte.

Größte Glücksverluste im Lockdown

Frauen schlage die wirtschaftliche Sorge stärker aufs Gemüt. Zudem hätten die Corona-Maßnahmen besonders Frauen in „weibliche Branchen“, etwa Floristinnen, Kitabetreiberinnen oder Inhaberinnen von Reinigungsfirmen getroffen.

Auch wenn Stars und Sternchen im TV in ihrer Luxusküche standen, angeblich tolle Rezepte ausprobierten und „endlich mal Zeit für die Familie“ hatten – von diesem Glückszugewinn ist in der Realität nichts zu spüren: Im Lockdown konstatierten die Wissenschaftler die größten Glücksverluste. Um mehr als 0,4 Punkte sank der Frohsinn im Vergleich zu den Männern.

Stark betroffen vom Stimmungstief waren auch Mütter. Und hier ging es besonders den voll berufstätigen Müttern schlecht: Während sich das bei Vätern kaum zu Buche schlug, verloren Mütter einen ganzen Glückspunkt. Das erstaunte selbst die Wissenschaftler.

Dieser Artikel erschien zuerst auf www.morgenpost.de