Berlin. Die Homeoffice-Pflicht entfällt mit den neuen Corona-Regeln. Darf mich der Arbeitgeber ins Büro zwingen? Was ist verboten, was erlaubt?

Ob im Handel, in der Gastronomie, bei Veranstaltungen oder am Arbeitsplatz: Die Corona-Einschränkungen werden angesichts der aktuellen Pandemie-Lage nach und nach gelockert. Auch die Homeoffice-Pflicht soll nach dem 19. März enden, die eingeführt wurde, um Ansteckungen in Betrieben zu verhindern.

Welche Konsequenzen hat die Aufhebung für die Beschäftigten? Unserer Redaktion beantwortet wichtige Fragen und sprach dazu mit dem Hamburger Fachanwalt für Arbeitsrecht, Christian Oberwetter.

Müssen alle Unternehmer die Homeoffice-Pflicht sofort aufheben? Oder können die Betriebe selbst entscheiden, ob ein Mitarbeiter künftig weiterhin im Homeoffice, Zuhause oder jeweils ein paar Tage hier und dort arbeiten kann?

Christian Oberwetter: Mit Fortfall der Homeoffice-Pflicht ab dem 20. März 2022 entfällt die Pflicht der Unternehmen, Ihren Beschäftigten die Tätigkeit aus dem Homeoffice anzubieten. Natürlich ist weiterhin eine Tätigkeit aus dem Homeoffice möglich, wenn beide Parteien sich einig sind. Wenn eine Partei das jedoch nicht will, geht es zurück an den Büroarbeitsplatz.

Lesen Sie auch: Homeoffice-Pflicht entfällt: Müssen bald alle zurück ins Büro?

Hat der Beschäftigte ein Recht darauf, weiterhin von Zuhause zu arbeiten, da er Angst hat sich anzustecken?

Oberwetter: Die bloße Befürchtung, man könne sich auf dem Weg zur Arbeit oder am Arbeitsplatz mit Corona infizieren, reicht nicht aus. Es gibt am Arbeitsplatz und auch in der Öffentlichkeit umfangreiche Schutzmaßnahmen, um eine Infektion zu vermeiden – der Fakt, dass es dennoch zu einer Infektion kommen kann, ist allgemeines Lebensrisiko. Nur bei besonders schützenswerten Gruppen, zum Beispiel bei Personen, die wegen einer Vorerkrankung das Risiko eines schweren Verlaufs einer Infektion haben, gebietet es die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, eine weitere Tätigkeit des Beschäftigten aus dem Homeoffice zu gewähren.

Hat der Beschäftigte ein Recht darauf, künftig wieder die gesamte Arbeitszeit im Büro bzw. an seinem Arbeitsplatz zu verbringen?

Oberwetter: Ja, dieses Recht hat er. Das wäre nur dann nicht der Fall, wenn die Parteien eine Änderung des Arbeitsvertrages vereinbart hätten, wonach der Beschäftigte an bestimmten Tagen aus dem Homeoffice arbeitet.

Lesen Sie auch: Corona-Regeln: 3G am Arbeitsplatz – Wie lange gilt das noch?

Homeoffce in Corona-Zeiten wirft viele Fragen: Christian Oberwetter, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg, beantwortet sie.
Homeoffce in Corona-Zeiten wirft viele Fragen: Christian Oberwetter, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg, beantwortet sie. © Stefan Groenveld | Stefan Groenveld

Muss der Arbeitgeber dem Beschäftigten denselben Arbeitsplatz anbieten?

Oberwetter: Der Beschäftigte besitzt einen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung, das heißt, man kann ihm bei Rückkehr nicht plötzlich Tätigkeiten zuweisen, die durch den Vertrag nicht gedeckt sind. Aber dem Arbeitgeber steht ein Weisungsrecht zu, wonach er die Modalitäten der Arbeitsausführung bestimmen kann, insoweit wäre zum Beispiel die Zuweisung eines neuen Arbeitsbereichs denkbar.

Hat der Beschäftigte ein Recht auf seinen vorherigen Schreibtisch? Oder kann es auch dazu kommen, dass er sich einen Schreibtisch mit einem anderen Kollegen teilen muss?

Oberwetter: Auch hier gilt das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber kann mir zum Beispiel einen neuen Schreibtisch zuweisen, der sich auch in einer anderen Etage befinden kann. Ein Recht auf einen bestimmten Arbeitsplatz, „weil das schon immer so war“, besitzt der Beschäftigte nicht.

Hintergrund: Steuerschock? Was Kurzarbeiter beim Fiskus beachten müssen

Kann der Arbeitgeber verfügen, dass der Mitarbeiter weiterhin im Homeoffice bleiben muss, weil er beispielsweise Mietkosten sparen möchte?

Oberwetter: Nein, das kann er nur, wenn mit dem Beschäftigten eine Vereinbarung vorliegt, wonach er aus dem Homeoffice arbeiten muss.

Welche Ausgleichszahlungen werden dann für den Beschäftigten fällig?

Oberwetter: Wenn der Beschäftigte eine Vereinbarung über eine Tätigkeit aus dem Homeoffice abschließt, sollte er darin aufnehmen lassen, dass der Arbeitgeber anteilige Telefon- und Internetkosten, Ausstattungskosten sowie anteilige Energiekosten und auch eine Mietpauschale übernimmt. Diese Ansprüche bestehen weitestgehend zwar schon gesetzlich, aber vertraglich kann man konkrete Zahlen festlegen, das schafft Transparenz.

Wie stehen Arbeitgeber zur Einführung eines Rechtsanspruchs auf Homeoffice?

Oberwetter: Der Arbeitgeberverband lehnt einen Rechtsanspruch ab und setzt auf freiwillige Regeln. „Mobiles Arbeiten gehört in Betrieben zum Alltag. Beschäftigte und Arbeitgeber regeln das eigenverantwortlich“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter. Es sei deshalb kein Recht auf mobiles Arbeiten notwendig, sondern ein „modernes Arbeitszeitgesetz“, das Chancen und Räume eröffne.