Washington. Um die Impfkampagne in den USA voranzutreiben, werden lukrative Preise ausgelost - je nach Bundesstaat winken eine Million Dollar.

Der erste Corona-Millionär der Vereinigten Staaten kommt aus Ohio. Am Mittwochabend, Punkt 19.29 Uhr, wollte der Gouverneur des Bundesstaates, Mike DeWine, den Premieren-Gewinner der "Vax-a-Million"-Lotterie verkünden. Mit der Aktion möchte der Republikaner mit bewährten kapitalistischen Methoden die dem Ziel der Herden-Immunität im Weg stehende Impfskepsis in der Corona-Pandemie zwischen Columbus und Cleveland bekämpfen.

Wer über 18 Jahre alt ist und mindestens eine Impfspritze erhalten hat, konnte sich für die aus Steuergeld finanzierte Lotterie anmelden. Laut DeWine haben sich 2,7 Millionen Bürger eingetragen. Wer bisher leer ausging, hat in den kommenden Wochen vier weitere Chancen auf den Hauptgewinn: jeweils eine Million Dollar.

Für die jüngere Generation (12 bis 18), die seit Kurzem mit dem Präparat von Biontech/Pfizer in den USA behandelt werden darf, gibt es ebenfalls einen monetären Anreiz. Sie können, falls geimpft, ein Rund-um-Stipendium für das Studium an einer öffentlichen Universität gewinnen. Rund 105.000 junge Ohioans haben sich für diese Extra-Lotterie angemeldet.

Preisgelder für Impfung: "Gut investiertes Geld"?

DeWine, ein Vertreter des moderaten Flügels seiner Partei, musste sich massive Anfeindungen gefallen lassen. Verschwendung von Steuergeldern war noch der sanfteste Vorwurf. Der Gouverneur konterte die Kritik mit Zahlen. Seit DeWine die Corona-Lotterie ins Leben rief, stieg der Anteil der Geimpften in Ohio quer durch alle Altersklassen um rund 50 Prozent. Bisher sind etwa 4,4 Millionen (etwas mehr als ein Drittel der Bevölkerung) Ohioans geimpft.

Weil die zu verteilenden Summen aus dem großen Corona-Hilfe-Topf kommen, den Präsident Joe Biden und der Kongress in Washington angerührt haben, handele es sich um "gut investiertes Geld", sagt DeWine – und macht damit Schule.

US-amerikanische Impfstrategie: Bundesstaaten schreiben eigene Preise aus

Auch Bundesstaaten wie Maryland (regiert von einem republikanischen Gouverneur), Oregon und New York (hier sind Demokraten am Drücker) sind der Idee verfallen, die Impfzurückhaltung vieler Bürger übers Portemonnaie zu perforieren.

In Oregon an der Westküste hat die Demokratin Kate Brown den Finanzgürtel etwas enger geschnallt. Bei der großen Lotterie am 28. Juni bekommt nur ein geimpfter Bürger den Hauptpreis von einer Million Dollar. In den 36 Landkreisen des Bundesstaates wird dazu jeweils ein Scheck in Höhe von 10.000 Dollar ausgelobt; plus fünf Stipendien für geimpfte Schüler und Studenten zwischen zwölf und 17.

Maryland vergibt seit Dienstag bis einschließlich 3. Juli jeden Tag jeweils 40.000 Dollar. Am Nationalfeiertag 4. Juli, so Gouverneur Larry Hogan, winkt zum Abschluss mit 400.000 Dollar der Jackpot.

In diesem Umfeld wollte sich auch New Yorks starker Mann, Andrew Cuomo, nicht lumpen lassen. Der Gouverneur setzt für Leute, die sich bis Freitag an einem der zehn zentralen Impfstandorte pieksen lassen, Rubbel-Lose aus. Die Preise reichen von 20 Dollar über 50.000 Dollar bis zu fünf Millionen Dollar - zufällig identisch mit dem Honorar, das Cuomo für ein Buch über seine kontrovers beurteilte Arbeit in der Corona-Pandemie einstreichen soll.

Die Greenback-getriebenen Belohnungssysteme überlagern inzwischen die niederschwelligen Angebote, mit der Impffaule bewegt werden sollen: ein kostenloser Donut, ein Bier für lau (New Jersey, Washington DC), eine Baseball-Eintrittskarte (Maine), ein Marihuana-Joint (New York City).

Joe Biden: Präsident begrüßt jegliche Maßnahmen

Für Präsident Biden sind die Maßnahmen gleichermaßen willkommen. Der Demokrat hat das Ziel ausgegeben, bis zum "Independence Day" (4.7.) 70 Prozent der etwa 260 Millionen Erwachsenen im Land wenigstens teilweise geimpft zu haben. In dieser Woche wurde die 50-Prozent-Marke gerissen. Wie die Seuchenschutzbehörde CDC mitteilte, haben 160 Millionen Amerikaner mindestens einen "shot" erhalten. Bei der gefährdeten älteren Generation (über 65) liegt die Impfquote sogar bei 85 Prozent. Vollständig geimpft sind aber erst 40 Prozent aller Amerikaner.

Und das Impf-Tempo lässt merklich nach - von vier Millionen Empfängern im April auf rund eine Million in der vergangenen Woche. Die Zahlen korrespondieren mit hartnäckig stabilen Umfragewerten. Danach sind rund 37 Prozent der Amerikaner latent skeptisch. 13 Prozent lehnen eine Impfung definitiv ab. Dabei ist ein Prinzip ungebrochen: Je ländlicher und republikanischer ein Bundesstaat - desto größer die Zahl der Verweigerer. Je urbaner und demokratischer - desto reger die Teilnahme an den Impf-Programmen, die es inzwischen landesweit im Überfluss gibt. Kostenlos. Und ohne Lotterie-Teilnahme.