Berlin. Seit mehr als einem Jahr muss in Deutschland in vielen Situationen ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Wann endet die Maskenpflicht?

  • Masken gehören zum Schutz vor Corona längst zum Alltag vieler Menschen in Deutschland
  • Allerdings sinken die Zahlen deutlich, während die Zahl der Geimpften täglich weiter steigt
  • Wie lange wird die Maskenpflicht noch gelten?

Es scheint, als würde sich in diesem Jahr die Entwicklung des Sommers 2020 wiederholen: Die Zahl der Corona-Neuinfektionen geht zurück, die Sieben-Tage-Inzidenz sinkt. Dank der Impfkampagne könnte die gute Lage im Sommer dieses Mal vielleicht nachhaltiger sein. Gleichzeitig kommt die Frage auf, wie lange bestimmte Maßnahmen noch bestehen bleiben müssen.

Während in anderen Bereichen schon kräftig gelockert wird, scheint die Maskenpflicht schon so in den Alltag übergegangen zu sein, dass eine Abschaffung von der Politik derzeit noch nicht wirklich diskutiert wird. Doch Niedersachsen war einer teilweisen Aufhebung kürzlich zumindest nicht abgeneigt – zog den Plan aber letztlich wieder zurück. Doch wann wird Einkaufen oder Reisen ohne Mund-Nasenschutz wieder möglich sein?

Die Reaktionen auf das zeitweise Vorhaben von Niedersachsen, die Maskenpflicht im Einzelhandel in Regionen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz unter 35 fallenzulassen, zeigen aber: So schnell wird das wohl nichts. Nach breiter Kritik auch aus der Bundesregierung machte das Land einen Rückzieher. Und aus Expertensicht ist das auch gut so.

Ende der Maskenpflicht wohl erst bei Impfquote über 70 Prozent

„Frühestens, wenn wir Impfquoten von 70 bis 80 Prozent erreicht haben, könnte man darüber nachdenken“, sagt der Virologe Friedemann Weber von der Uni Gießen der Deutschen Presse-Agentur. Er meint vollständig Geimpfte. „Wir haben immer noch eine Pandemie mit einem unklaren weiteren Verlauf unter anderem durch Virusvarianten.“

Der eingeschlagene Weg sollte aus Webers Sicht beibehalten werden. „Eine Aufhebung der Maskenpflicht im Einzelhandel wäre gerade das völlig falsche Signal und sehr kurzsichtig gedacht.“ Zumal der Aufwand, Maske zu tragen, gering sei - der Gewinn für die Pandemie-Bekämpfung hingegen groß. „Die Maske tut doch niemandem weh.“

Ein Schild mit der Aufschrift «Hier gilt Maskenpflicht» hängt in der Fußgängerzone in Bonn. Seit gut einem Jahr tragen Menschen in Deutschland in vielen Alltagssituationen Mundschutz.
Ein Schild mit der Aufschrift «Hier gilt Maskenpflicht» hängt in der Fußgängerzone in Bonn. Seit gut einem Jahr tragen Menschen in Deutschland in vielen Alltagssituationen Mundschutz. © Oliver Berg/dpa

Infektionsgefahr in Innenräumen immer noch am höchsten

Zumal nach einer im Fachblatt „Science“ veröffentlichten Studie des Virologen Christian Drosten das Maximum der Virus-Ausscheidung ein bis drei Tage vor Beginn der Symptome liegt. Der Infizierte merkt also noch gar nicht, dass er krank ist und andere anstecken könnte. Eine Maske kann da viel ungewolltes Ungemach verhindern.

Auch ist die Infektionsgefahr in Innenräumen nach Einschätzung von Aerosolforschern deutlich höher als an der frischen Luft. Daher sollte die Maskenpflicht nach Meinung von Gerhard Scheuch, dem früheren Präsidenten der Internationalen Gesellschaft für Aerosole in der Medizin, auch zuerst bei Outdoor-Aktivitäten wie etwa Zoobesuchen aufgehoben werden, bevor man den Einzelhandel wie kleine Souvenirläden angeht.

Corona-Risiko minimieren: Lüften und Masken bleiben A und O

Auch in großen Theatern und Museen, Freibädern, Schwimm- und Sporthallen sei das Ansteckungsrisiko nicht so hoch, weil dort sehr viel Raum und Luft seien. „Da reicht die Aerosolkonzentration kaum aus, um andere zu gefährden.“ Doch auch dabei gibt es Tücken - denn selbst in vermeintlich Frischluft-durchfluteten Freibädern gibt es enge Umkleiden. „Da muss man schauen, dass die super belüftet sind.“

In über einem Jahr Pandemie hat sich beim Maskentragen viel geändert: Auch aus Mangel an professionellen Masken wurden erst die sogenannten Community-Masken zum Maß aller Dinge. Gefühlt halb Deutschland griff zu Nadel, Zwirn, alten Bettlaken und Gummibändern. Die selbstgenähten Prototypen sind längst ein Relikt der ersten Pandemie-Monate, und es ist kaum vorstellbar, dass sie jemals wieder Standard werden.

Mit den Corona-Wellen verschärfte die Politik die Auflagen, medizinische und FFP2-Masken wurden Pflicht. Die einen ächzten unter den „Maulkörben“, protestierten dagegen auf der Straße oder zogen vor Gerichte. Andere verwiesen auf Klinikpersonal, das über Stunden mit Maske um die Leben anderer kämpft – oder Friseure und Ladenpersonal, das ohne zu Murren für eine ganze Schicht Maske trägt und nicht nur für den Zwanzig-Minuten-Einkauf. Bis dieser Schutz vor Varianten des Coronavirus nicht mehr nötig ist und genug Menschen geimpft sind, wird die Maskenpflicht wohl noch erhalten bleiben.

(bml/dpa)