Berlin. BA.5 ist bald die in Deutschland dominierende Corona-Variante. Damit hatte Top-Virologe Drosten gerechnet. Was ihm doch Rätsel aufgibt.

Lange Zeit hatte er sich in der Öffentlichkeit rar gemacht. Jetzt ist er wieder da, der Top-Virologe Christian Drosten: Mit einer beruhigenden Botschaft zu Corona-Lage – und mit einem irritierenden Eingeständnis.

Seine zu Frühlingsbeginn geäußerte Erwartung habe sich bestätigt. "Wir erleben dieses Jahr keinen infektionsfreien Sommer, was aber zunächst nicht bedrohlich ist", erklärte Drosten der dpa. Der Anstieg der Omikron-Subvariante BA.5 war zu erwarten, Drosten klingt darob nicht sondernlich beunruhigt – wenn da nicht ein Rätsel wäre. Die Situation in Portugal.

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Im südwesteuropäischen Land – mit einer der weltweit höchsten Impfquoten – steigt nicht nur die Inzidenz, sondern auch die Zahl der Sterbefälle. Dafür gebe es keine offensichtlichen Erklärungen, analysiert Drosten. Auch andere europäische Länder hatten schließlich BA.5-Anstiege – nur ohne Zunahme der Sterblichkeit. Für mehr Klarheit müsse man noch etwas abwarten. "In einem Monat werden wir wissen, ob sich etwas Ähnliches auch bei uns einstellt", erklärt Drosten.

Omikron BA.5: Die Fallzahlen verdoppeln sich

Drostens Unsicherheit irritiert, weil die Omikron-Sublinien BA.4 und BA.5 auch hierzulande bald dominierend sein werden. Das Robert Koch-Institut (RKI) erwartet, dass sie "in wenigen Wochen die Mehrzahl der Nachweise ausmachen dürften". Aller Voraussicht nach würden sie sich stärker verbreiten, "so dass es auch insgesamt zu einem Anstieg der Infektionszahlen und einem erneut verstärkten Infektionsdruck auf vulnerable Personengruppen schon im Sommer kommen kann", heißt es im RKI-Wochenbericht.

Saisonale Effekte könnten die Verbreitung der neuen Omikron-Sublinien BA4 und BA.5 nicht kompensieren, "wenn Verhaltensregeln nicht mehr beachtet werden". Im Klartext: Zwar sinken in den wärmeren Jahreszeiten die Infektionszahlen, weil die Menschen sich dann mehr im Freien aufhalten. Aber wenn sie alle Vorsichtsmaßnahmen fahren lassen, kommt es doch vermehrt zu Ansteckungen.

Der Anteil von BA.5 hat sich innerhalb einer Woche erneut verdoppelt, auf nunmehr zehn Prozent, ebenso wie der Anteil von BA.4, der von 1,2 Prozent in der Vorwoche auf 2,1 Prozent in der 21 Kalenderwoche stieg. Rückblick: In der 15. Kalenderwoche, vom 11. bis zum 15. April, betrug der Anteil von BA.5 noch 0,1 Prozent, eine Woche später 0,2 Prozent, im Wochentakt ging es weiter: 0,6, 1,2, 2,5, fünf, zehn Prozent.

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BA.5: Sterberate in Portugal bringt Lauterbach ins Grübeln

Die bisherigen Daten lassen laut RKI jedoch nicht darauf schließen, "dass Infektionen mit BA.4 oder BA.5 schwerere Krankheitsverläufe oder anteilig mehr Todesfälle verursachen als BA.1 und BA.2 Infektionen". Wenn da nicht die Gegenbeobachtung in Portugal wäre. Längst fühlt sich auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf den Plan gerufen. Er warnte vor einem Ausbruch wie in Portugal.

Erst am Mittwoch hatte der Corona-Expertenrat drei Szenarien für Herbst und Winter skizziert und von der Politik gesetzliche Regelungen verlangt, um im Ernstfall schnell reagieren zu können. Schon seit Tagen steigt die Sieben-Tage-Inzidenz wieder, am Donnerstag lag sie bei 276,9.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.