Berlin. Im zweiten Jahr der Pandemie haben gerade Frauen die Nase voll von Langeweile in der Beziehung und suchen vermehrt nach Abwechslung.

Immer nur zuhause. Immer nur zu zweit. Gähn. Das zweite Jahr der Corona-Pandemie treibt Paare bisweilen an ihre Grenzen: Langweile oder Beziehungsstress sind die Folgen. Vor allem die Frauen versuchen dagegen zu halten – häufig mit mit einer Affäre, sagt Christoph Kraemer von der Datingagentur Ashley Madison.

Im zweiten Corona-Jahr wurde die Geduld vieler maximal ausgereizt, so Kraemer. „Das Gefühl von Einsamkeit, auch in festen Beziehungen, und der Wunsch nach körperlicher Nähe ist dementsprechend bei vielen Menschen groß.“

Eine neue Umfrage der führenden Datingplattform für Vergebene, Ashley Madison, hat sich einmal umgehört, wie sich die allgemeine Stimmung seit dem ersten Jahr der Pandemie entwickelt hat.

24 Prozent der Frauen finden, dass sich ihre Beziehung verschlechtert hat

In Zeiten, in denen Begriffe wie Inzidenz und Lockdown den Alltag bestimme, habe sich auf der Paar-Ebene vieles verändert. Auch Dating sei in Corona-Zeiten nicht mehr das, was es einmal war.

In einer Umfrage wurden 2570 Mitglieder von Ashley Madison befragt, inwiefern sich ihr Beziehungsleben – auch in sexueller Hinsicht – seit dem ersten Jahr der Pandemie verändert hat. Von Verbesserung konnte nur bei wenigen (zehn Prozent der Befragten) festgestellt werden.

Die meisten (67 Prozent) gaben an, dass sich die Beziehung schlichtweg gar nicht verändert hat. Aber: 24 Prozent der Frauen und 19 Prozent der Männer empfanden ihre Beziehung als schlechter. Aber trotzdem hält man zusammen: Nur vier Prozent der Paare gaben an, sich innerhalb des letzten Jahres getrennt zu haben.

Weniger Sex als im ersten Jahr der Pandemie

Der Frust wird allgemein größer, so Krämer. Vor allem Frauen, die die Hauptlast der Pandemietragen, hätten die Nase jetzt voll und wollten sich etwas Gutes gönnen.

„Tatsächlich scheint sich gerade bei den weiblichen Mitgliedern, die Stimmung im letzten Jahr verbessert zu haben: 30 Prozent von ihnen gaben an, dass sich ihre Gemütslage einigermaßen oder sogar signifikant verbessert hat im Vergleich zu 14 Prozent der männlichen User“, so Kraemer.

Was aber wohl nicht am eigenen Partner oder Partnerin liegt. Denn mehr als die Hälfte der Teilnehmenden verbrachten nicht mehr Zeit mit ihm oder ihr. 79 Prozent der Frauen und Männer hatten in Ihrer Ehe zusätzlich weniger Sex als im ersten Jahr der Corona-Krise.

Das hat Folgen: „Im Unterschied zum ersten Jahr suchen Frauen abseits der Hauptbeziehung neue Impulse“, so Kraemer. Laut Studie zeigten sich 46 Prozent der Frauen nach einer Affäre gezeigt, während nur 26 Prozent der Männer Interesse an Nebenbeziehungen zeigten.

„Frauen sagen sich: Das reicht mir jetzt. Haushalt, Kinder und so weiter. Und suchen sich einen Liebhaber.“ Die Bedingungen seien im Vergleich zum ersten Corona-Jahr mit Lockdown für einen Seitensprung besser geworden. „85 Prozent der Hotels haben wieder geöffnet.“

Sextoy-Händler verzeichnet 300 Prozent mehr Verkäufe

Während der Pandemie seien Singles und Paare auch offener im Umgang mit Erotik-Produkten geworden. Das verzeichnet der Händler „Eis.de“. Seit 2006 werden im Online-Shop Spielzeuge, Dessous und sonstiges Sex-Zubehör angeboten, die frischen Wind ins Sexleben bringen sollen.

Auch wenn der Sex-Frust im Schlafzimmer Einzug hält, so ist das Interesse an Erotik-Artikeln deutlich gestiegen. Unsere Bestellzahlen haben sich seit Beginn der Pandemie mehr als verdoppelt, sagt eine Sprecherin des Erotik-Unternehmens. Dabei sei zu beobachten, dass die in Kraft tretenden Schutzregeln in den einzelnen Bundesländern das Geschäft zusätzlich angekurbelt hätten.

„So ist in Bayern während der Ausgangssperre der Verkauf von Solo-Sexartikeln mit 300 Prozen Wachstum bei Masturbatoren für Männern und Satisfyer Druckwellen-Toys für Frauen, extrem gestiegen. Außerdem hätten sich die Bestellzahlen von Partner-Toys in Bayern um 250 Prozent erhöht. Dieser Trend sei auch in anderen Bundesländern erkennbar.

Frauen öffnen sich für Cyber-Affären

Auch auf der virtuellen Ebene seien Frauen aktiver als im Vorjahr: Ein Drittel aller Frauen suchen eine Cyber-Affäre. Die Lust auf digitales Flirten und mehr sei bei ihnen von 16 Prozent auf 25 Prozent gestiegen. Wie beim realen Sex findet er zwischen mindestens zwei Personen statt. Per Foto, Video, E-Mail oder Chat begegnen sie sich und tauschen erotische Fantasien aus.

Christoph Kraemer: „Frauen wollen oft in der Affäre die Beziehung leben, die sich in der Hauptbeziehung wünschen.“ Aber durch Routinen etc. habe sich der Wunsch, eine intensive Intimität mit dem Hauptpartner aufzubauen, häufig verflüchtigt. Der Alltag zerstöre Sex wie Romantik.

Eine Affäre sei für Frauen wie Urlaub – sie könnten abschalten und ihr Ego aufbauen. Eifersucht in der Affäre sei übrigens kein Thema. „Nicht gegenüber dem Ehepartner und auch nicht gegenüber anderen Affären“

Die Lust von Frauen auf Affären würden auch damit begründet, dass sie in der Affäre noch einmal eine ganz andere Seite von sich ausleben könnten. Und vieles tun, was mit dem Partner längst nicht mehr nicht funktioniert. „Es wird zu wenig geredet in den Schlafzimmern“, so Christoph Kraemer.

Nur 18 Prozent der Frauen erleben bei ihrem Partner einen Orgasmus

Diese fehlende Kommunikation führe zu reichlich Missverständnissen und auch dazu, dass Frauen bei ihrem Partner sexuell nicht das bekommen, was sie sich wünschen: „Nur 18 Prozent der Frauen kommen mit ihrem Hauptpartner zum Orgasmus – aber mehr als 40 Prozent bei Liebhaber“, so Kraemer.

In der Pandemie hatten sie mehr Zeit denn je zusammen. Aber drei Viertel der Befragten hatten weniger oder gar keinen Sex. „Manche profitieren, aber bei den meisten verstärken sich die bestehenden Probleme.“ Es fällt den Befragten leichter, mit ihrer Affäre über ihre Bedürfnisse zu sprechen. „Bei ihrem Liebhaber sind sie freier. Können offener über ihre Wünsche sprechen.“

Die Affäre ist wie eine Bühne, auf der man sich neu präsentieren kann

Offenheit kann in der Affäre besser überwunden werden, weil die Hauptbeziehung oft von sozialen Normen bestimmt wird und man sich nicht plötzlich ganz neu präsentieren könne – völlig verrucht oder so, wie man eben will. Genau das aber sei bei der Affäre möglich, die wie eine Art Bühne für die eigene Präsentation funktioniere.

Erstaunlich sei, dass die wenigsten versuchen würden, dieses Prickeln in der Hauptbeziehung wiederzubeleben. „Dabei könnte es durchaus sein, dass der Partner das gerade gut findet. Oder es ihm genauso geht. Doch aus Angst, auf komplette Ablehnung zu stoßen, lassen es die Paare oft“, so Kraemer.

Der Wunsch nach Intimität, nach Sex, nach einer aufregenden Beziehung sei da – aber diese Wünsche könnten häufig nicht vom Partner erfüllt werden.