Berlin. Wird ein Nato-Land angegriffen, gilt der Bündnisfall - auch bei Hackerattacken. Auch Deutschland wäre betroffen. Mit welchen Folgen?

Der frühere Verteidigungsminister Rupert Scholz (CDU) hält es für denkbar, dass nach einem schweren Cyberangriff der Bündnisfall der Nato ausgerufen werden kann, was dann auch für Deutschland Folgen hätte.

Wenn eine Cyberattacke auf Energieversorgung und Telekommunikation ein Land völlig lahmlege und das Ziel habe, es „handlungsunfähig zu machen, dann würde man schon im Ergebnis dahin kommen müssen, dass es ein militärischer Angriff ist. Und nach einem militärischen Angriff auf einen Bündnispartner greift der Bündnisfall automatisch“, sagte der Verteidigungsexperte unserer Redaktion.

Rupert Scholz, Staatsrechtler und Ex- Verteidigungsminister (CDU)
Rupert Scholz, Staatsrechtler und Ex- Verteidigungsminister (CDU) © picture alliance | Jörg Carstensen

Scholz ist überzeugt, dass US-Präsident Joe Biden seine Äußerung als Warnung verstanden wissen wollte. Er habe der anderen Seite, „wer auch immer das ist“, sagen wollen: „Wir könnten die Cyberangriffe als militärische Aggression qualifizieren – und dann ist der Fall X da“, so Scholz.

Die Nato hatte bei ihrem jüngsten Gipfel im Juni erklärt, dass die Allianz Cyberattacken als „bewaffnete Angriffe“ betrachten kann. Diese könnten auch den Bündnisfall auslösen. Der Nato-Rat werde von Fall zu Fall entscheiden. Bemerkenswert ist, dass sich die Allianz nicht nur auf einen großen Angriff bezieht, sondern auch kleinere Angriffe meint, die sich addieren. So sollen Aggressoren abgeschreckt werden, die mit ihren Attacken bewusst eine gewisse Schwelle nicht überschreiten.

Die Feststellung des Nato-Bündnisfalls löst keinen Automatismus aus. Der Bundestag entscheidet über den Einsatz. (gb)