Berlin. Depeche Mode hatten schon im Vorfeld für Spekulationen gesorgt. Am Dienstag machte die Band in Berlin eine große Ankündigung für 2023.

Die Synthie-Popper Depeche Mode verkünden ein Comeback: 2023 erscheint ein neues Album, dann geht es auf Welttournee. Warum sie dafür das Thema Sterblichkeit wählten, erklärten sie in Berlin.

Betriebsame Kamerateams, englische Sprachfetzen in allen Akzenten, Sicherheitsmänner in dunklen Anzügen und eine Schlange aus Medienvertretern bis zum Spreeufer, außerdem Fans, die sich an Absperrungen quetschen - vor dem altehrwürdigen Theater Berliner Ensemble wird schnell klar: Hier werden Weltstars erwartet. Die britische Band Depeche Mode hatte Berlin ausgewählt, um eine geheimnisumwitterte Ankündigung zu machen. Mehr Infos gab es nicht, die Spekulationen im Internet liefen seit Tagen heiß.

Rockstaruntypisch pünktlich um 13 Uhr betritt die Band dann die Bühne des neobarocken Theatersaals. Wobei, man muss inzwischen von einem Duo sprechen. Seit dem überraschenden Tod des Keyboarders Andy Fletcher im Mai bestehen Depeche Mode nur noch aus Sänger Dave Gahan (60) und Gitarrist und Zweitsänger Martin Gore (61).

Martin Gore, Dave Gahan und der inzwischen verstorbene Andy Fletcher (v.li.) 2002 in London.
Martin Gore, Dave Gahan und der inzwischen verstorbene Andy Fletcher (v.li.) 2002 in London. © dpa | Yui Mok

Depeche Mode kündigen neues Album an

Die beiden sind jeder für sich eine paradoxe Erscheinung, die man so nur hinbekommt, wenn man seinen wilden Jahren maßgeschneidert Training, Wellness, Medizin und gesunde Ernährung in Premium-Qualität entgegensetzen kann. Drahtig, athletisch, vital, aber auch angemessen verlebt wirken die beiden. Gahan trägt einen dunklen Anzug mit Einstecktuch und großer Kette, Gore Bomberjacke, Fetzenjeans, Plateauturnschuhe und rasierte Schläfen.

Nun wird aber nicht mehr lang gefackelt: Im März erscheint sechs Jahre nach „Spirit“ ihr neues Album, verraten sie nun. Aufgenommen haben sie es seit Juli, zur Post-Produktion geht es nach New York. Eine kurz eingespielte Kostprobe erinnert sehr an die 80er-Jahre: poppig, fröhlich, wie das Frühwerk vor dem Album „Black Celebration“ (1986), mit dem die Band dann Richtung Dark Wave steuerte.

Das Thema des neuen Albums klingt dann aber zunächst nicht ganz so fröhlich: „Wir wollen daran erinnern, dass wir sterben werden“, erklärt Gahan. „Das klingt morbid, aber es ist positiv gemeint, es geht darum, jeden Tag maximal auszukosten.“ Man kann gespannt sein, was die Herren überstrapazierten Lifestyle-Binsen wie „You only live once“ oder „Carpe Diem“ hinzuzufügen haben.

Memento Mori“ wird das Album heißen. „Sei dir deiner Sterblichkeit bewusst“ bedeutet dieser Ausdruck aus dem antiken Rom. Der Titel war im Internet bereits durchgesickert. Dass sich im digitalen Zeitalter nichts, wirklich gar nichts unter Verschluss halten lässt, ist eine Lektion, die Depeche Mode aus dieser Promotion-Aktion mitnehmen werden.

Das Konzept und viele der Songs entstanden allerdings schon vor der Pandemie und erst recht vor Fletchers Tod. „Wir vermissen ihn“, sagt Gahan. Oft überlegen sie, wie er eine Situation wohl kommentiert hätte. „Immer, wenn ich in eine Hotelbar komme, denke ich: Hier müsste eigentlich Fletchie stehen“, sagt Gore.

42 Konzerte: Depeche Mode gehen auf Stadio-Tour

Im Sommer geht es dann für 42 Konzerte auf große Stadion-Tour durch Nordamerika und Europa. Nur die bedeutendsten Arenen wurden gebucht, Madison Square Garden in New York etwa oder Stade de France in Paris. Ihr erstes Deutschlandkonzert findet am 26. Mai in Leipzig statt, am 4. und 6. Juni spielen sie in Düsseldorf, am 20. Juni in München, am 29. Juni in Frankfurt und am 7. Juli in Berlin – natürlich im Olympiastadion.

Dave Gahan (li.), Martin Gore und Andy Fletcher (im Hintergrund) 1987 in einer deutschen Fernsehshow.
Dave Gahan (li.), Martin Gore und Andy Fletcher (im Hintergrund) 1987 in einer deutschen Fernsehshow. © Redferns/Getty Images | Getty Images

„Wir haben großartige Erinnerungen an Berlin“, sagt Gahan. In den 80er-Jahren nahmen sie hier in den legendären Hansa Studios Überhits wie "People Are People" auf. Depeche Mode lassen die Stadt bei kaum einer Tournee aus, in Deutschland haben sie ihre treuesten Fans und die größten Charterfolge. Ihr letzter von 13 Top-Ten-Hits in ihrer Heimat Großbritannien war 2004 ein Remix von „Enjoy The Silence“, das Original von 1990 war ihr bisher einziger Top-Ten-Hit in den USA. In Deutschland aber schafften sie es von dem Nr.-1-Hit „People Are People“ (1984) bis „Heaven“ (2013) 26-mal in die Top Ten.

Mitschnitte ihrer Konzerte in Berlin wurden für Livealben oder Filme verwendet. Insofern ist es nur folgerichtig, dass Depeche Mode sich als Ort der Ankündigung die deutsche Hauptstadt ausgewählt haben und nicht etwa London oder New York.

Dem Chaos in der Welt nun wollen sie durch ihre Shows zwei Stunden „Spaß und Zusammenhalt“ entgegensetzen, sagt Gahan. „Auf unsere bescheidene Art.“

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.