Berlin. Die Bahn hat neue Zahlen veröffentlicht: Die Züge waren im Juni so unpünktlich wie seit Jahren nicht – auch wegen das 9-Euro-Tickets.

Wer aktuell einen Zug der Deutschen Bahn nutzen will, wartet erstmal. Selten war die Bahn so unpünktlich, wie zurzeit. Diesen Eindruck hat das Unternehmen nun offiziell bestätigt. Im Juni waren im Fernverkehr gerade mal 58 Prozent der Verbindungen pünktlich am Ziel. Im Nahverkehr waren es immerhin noch 88,5 Prozent.

Die Bahn ist damit auf den schwächsten Monatswert seit Ende 2010 gefallen - und damals hatten Schnee und Eis zur Weihnachtszeit den Bahnverkehr streckenweise zum Erliegen gebracht.

Im Sommer 2022 hingegen verweist eines der größten Transportunternehmen der Welt auf Baustellen und viel Verkehr. "Intensive Bautätigkeit im gesamten Netz der DB sowie die sehr hohe Auslastung zentraler Schienenwege durch die Züge des Personen- und Güterverkehrs wirken sich weiter negativ auf die Pünktlichkeit aus", erklärte ein Sprecher am Freitag in Berlin.

Verspätung bei der Bahn: Deutliche Zunahme im Regionalverkehr

Zudem führe der große Andrang durch das 9-Euro-Ticket dazu, dass Regionalzüge häufig nicht pünktlich abfahren können. Die Folge ist ein dramatischer Einbruch bei der Pünktlichkeit: Der Wert hatte im Mai noch bei 98,3 Prozent gelegen.

Für die Verspätungen verlangen viele Passagiere Entschädigungen. Zahlen dazu wollte die Bahn nicht nennen. Seit Tagen verweist jedoch das Servicecenter auf seiner Website auf ein deutlich erhöhtes Antragsaufkommen. "Daher kann es in Einzelfällen zu Verzögerungen und längeren Bearbeitungszeiten kommen." Lesen Sie auch: Deutsche Bahn: Keine Toiletten – Frau macht sich in die Hose

Wer mindestens eine Stunde zu spät ans Ziel kommt, kann sich ein Viertel des Fahrpreises erstatten lassen. Ab zwei Stunden ist es die Hälfte des Fahrpreises. Fahrgäste können das per Papierformular, über die Bahn-Website oder die App DB Navigator beantragen.

Schienennetz der Deutsche Bahn: Generalsanierung ab 2024 geplant

Nach Bahn-Definition sind Halte mit weniger als sechs Minuten Verspätung pünktlich. Konzernchef Richard Lutz hatte vor einigen Wochen das Ziel einkassiert, dieses Jahr im Fernverkehr 80 Prozent Pünktlichkeit zu erreichen. Inzwischen liegt die Bahn deutlich unter dem Vorjahreswert von 75 Prozent.

Aus Sicht des Bundesverkehrsministers Volker Wissing (FDP) ist das deutsche Schienennetz über Jahre vernachlässigt werden. Er hat angekündigt, die Modernisierung zur Chefsache zu machen und in seinem Ministerium zu steuern. Geplant ist eine Generalsanierung zentraler Netzabschnitte ab 2024.

Wissing sagte bei der Präsentation im Juni: "Ich erwarte, dass wir in Zukunft wieder die Uhr nach der Bahn stellen können.“ Dabei hat er nicht nur die Fahrgäste im Blick, sondern auch die Wirtschaft. In der Industrie gibt es seit Monaten Unzufriedenheit mit der Bahn, weil sich auch Güterzüge verspäten. Auch interessant: Nach 9-Euro-Ticket: Das ist das neue Egal-Wohin-Ticket (dpa)

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