Berlin. Ein Streit unter Wissenschaftlern: Roland Wiesendanger wirft Christian Drosten Täuschung vor. Der Fall wird vor Gericht ausgetragen.
Meinungsverschiedenheiten kommen unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern häufig vor. Seltener ist es jedoch, dass ein solcher Streit vor Gericht landet. Am Freitag ist es jedoch soweit. Dann streiten der Berliner Virologe Christian Drosten und der Hamburger Physiker Roland Wiesendanger vor dem Landgericht Hamburg.
Dabei geht es um den Ursprung des Coronavirus. Genauer gesagt darum, was Wiesendanger Drosten in einem Interview mit dem Magazin "Cicero" vorgeworfen hat: Nicht weniger, als die bewusste Täuschung von "Politik und Medien".
Wiesendanger: Drosten hat Gesellschaft "gezielt getäuscht"
Christian Drosten, der jüngst den Corona-Ausschuss des Bundestages verlassen hatte, solle die Gesellschaft über den Ursprung des Virus gezielt täuschen, behauptete Wiesendanger im Interview. Der Physiker beschränkte seine Vorwürfe allerdings nicht auf den Direktor des Instituts für Virologie an der Charité, sondern weitete sie auch auf andere internationale Virologinnen und Virologen aus, die von einem Ursprung des Coronavirus aus dem Tierreich ausgehen.
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Wiesendanger bezog sich im Gespräch mit "Cicero" dabei vor allem auf einen offenen Brief, der von Forschenden im Februar 2020 in der Fachzeitung "The Lancet" veröffentlicht wurde. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wiesen darin die Behauptung, das Virus habe keinen natürlichen Ursprung, als Verschwörungsmythos zurück.
Wiesendanger: Corona ist bei Laborunfall in China entstanden
Die Behauptungen Wiesendangers wollte Christian Drosten nicht auf sich sitzen lassen. Er mahnte den Hamburger Physiker ab und erwirkte am 14. März 2022 eine einstweilige Verfügung. Danach darf Wiesendanger seine Behauptung, Drosten täusche die Öffentlichkeit gezielt, nicht wiederholen. Der Physiker legte gegen die Verfügung Widerspruch ein.
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Zum Ursprung des Coronavirus hat Roland Wiesendanger eine eigene Theorie, nach der Sars-Cov-2 durch einen Laborunfall in der chinesischen Stadt Wuhan entstanden sei. Vor Gericht will er seine Meinung persönlich vertreten. Denn, davon ist der Wissenschaftler überzeugt, es gehe um "Äußerungen im Zusammenhang mit einer der entscheidendsten Fragen der Menschheit in den vergangenen hundert Jahren".
Drosten wollte sich vor Verhandlung nicht äußern
Wiesendangers Kontrahent Drosten wollte sich vor der Verhandlung nicht äußern. Eine Sprecherin der Berliner Charité hatte Anfang März mitgeteilt: "Das von 'Cicero' veröffentlichte Interview mit Herrn Wiesendanger enthält eine Vielzahl von unzutreffenden Tatsachenbehauptungen, durch die die Persönlichkeitsrechte von Professor Drosten verletzt werden."
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Das Magazin und der Wissenschaftler seien daher "insbesondere aufgefordert worden, falsche Behauptungen zu unterlassen, dass Professor Drosten die Öffentlichkeit über den Ursprung des Virus getäuscht und sich an angeblichen Vertuschungsaktionen beteiligt habe". Nach Erscheinen des Interviews hatte Drosten seinen Kontrahenten auf Twitter als "Extremcharakter" bezeichnet.
Das Interview ist derzeit online nicht abrufbar. Das Magazin hat stattdessen eine Erklärung veröffentlicht, wonach man die einzelnen Punkte derzeit juristisch prüfe und die inhaltlichen Ergebnisse der Auseinandersetzung zwischen Drosten und Wiesendanger abwarte. Dass das Gericht am Freitag bereits ein Urteil verkündet, gilt als unwahrscheinlich. (mit dpa)
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Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de