Afrin/Berlin. In Syrien ist ein Baby in den Trümmern zur Welt gekommen und hat überlebt. Die Retter des Mädchens erzählen seine traurige Geschichte.

Es ist eine erschütternde Geschichte und zugleich ein Wunder. Im Erdbebengebiet in Syrien haben Retter ein Neugeborenes in den Trümmern gefunden, das noch mit der Nabelschnur mit seiner Mutter verbunden war. Das Mädchen ist die einzige Überlebende ihrer Familie. Die Kleine bekam den Namen "Aja". Doch die Herzen rührt sie als "Wunderbaby".

Es war am Montag, als das vierstöckige Wohnhaus der Familie im Ort Dschindires in der Region Afrin wegen des heftigen Erdbebens einstürzte. Angehörige suchten daraufhin nach der verschütteten Familie. "Dann haben wir ein Geräusch gehört und wir gruben", erzählte einer von ihnen, Chalil Sawadi, am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. "Wir haben Trümmer weggeräumt und diese Kleine gefunden, gelobt sei Gott."

Erdbeben in der Türkei: Bilder aus dem Katastrophengebiet

Türkei, Kahramanmaras: Ein Retter sucht nach dem Erdbeben in den Trümmern eines Gebäudes nach Überlebenden.
Türkei, Kahramanmaras: Ein Retter sucht nach dem Erdbeben in den Trümmern eines Gebäudes nach Überlebenden. © Mustafa Kaya/XinHua/dpa
Türkei, Hatay: Blick auf die Zerstörung im Stadtzentrum von Hatay.
Türkei, Hatay: Blick auf die Zerstörung im Stadtzentrum von Hatay. © IHA/AP/dpa
Elbistan, Türkei: Verwandte von Erdbebenopfern umarmen sich und versuchen, sich Halt zu geben.
Elbistan, Türkei: Verwandte von Erdbebenopfern umarmen sich und versuchen, sich Halt zu geben. © Mehmet Kacmaz/Getty Images
Trauer: Ein Erdbebenopfer wird in der Türkei von Verwandten geborgen.
Trauer: Ein Erdbebenopfer wird in der Türkei von Verwandten geborgen. © MUHAMMAD HAJ KADOUR / AFP
Türkei, Gaziantep:  Angehörige betrauern an einem grünen Sarg ein Erdbebenopfer.
Türkei, Gaziantep: Angehörige betrauern an einem grünen Sarg ein Erdbebenopfer. © Zein Al RIFAI / AFP
Freiwillige des türkischen Zentrums der niederländischen Stadt Den Haag bereiten Hilfsgüter für den Transport in den Süden der Türkei vor.
Freiwillige des türkischen Zentrums der niederländischen Stadt Den Haag bereiten Hilfsgüter für den Transport in den Süden der Türkei vor. © Phil Nijhuis/ANP/dpa
Ein syrisches Mädchen in den Trümmern.
Ein syrisches Mädchen in den Trümmern. © Bakr ALKASEM / AFP
Harim, Syrien: Ein Mann trägt ein Kind aus den Trümmern.
Harim, Syrien: Ein Mann trägt ein Kind aus den Trümmern. © Mohammed AL-RIFAI / AFP
Verzweiflung im syrischen Aleppo: Menschen sitzen auf den Trümmern eingestürzter Gebäude.
Verzweiflung im syrischen Aleppo: Menschen sitzen auf den Trümmern eingestürzter Gebäude. © Omar Sanadiki/AP/dpa
Aleppo, Syrien: Arbeiter entladen Hilfsgüter aus einem Flugzeug aus dem Iran.
Aleppo, Syrien: Arbeiter entladen Hilfsgüter aus einem Flugzeug aus dem Iran. © AFP
Bewohner der nordwestsyrischen Stadt Dschindires entdeckten das schreiende Kind, dessen Mutter es unter den Trümmern eines fünfstöckigen Wohnhauses, das durch das verheerende Erdbeben zerstört wurde, geboren hatte.
Bewohner der nordwestsyrischen Stadt Dschindires entdeckten das schreiende Kind, dessen Mutter es unter den Trümmern eines fünfstöckigen Wohnhauses, das durch das verheerende Erdbeben zerstört wurde, geboren hatte. © Uncredited/Verified UGC/AP/dpa
Syrien: Ein kleines Mädchen, das unter den Trümmern eines Hauses geboren wurde, wird in einem Inkubator in einem Kinderkrankenhaus behandelt.
Syrien: Ein kleines Mädchen, das unter den Trümmern eines Hauses geboren wurde, wird in einem Inkubator in einem Kinderkrankenhaus behandelt. © Ghaith Alsayed/AP/dpa
In Kahramanmaraş im Süden der Türkei wärmen sich Menschen an einem Lagerfeuer neben den zerstörten Gebäuden.
In Kahramanmaraş im Süden der Türkei wärmen sich Menschen an einem Lagerfeuer neben den zerstörten Gebäuden. © Adem ALTAN / AFP
Die türkische Regierung erbaute in Kahramanmaraş in der Türkei eine Zeltstadt für die Menschen, deren Wohnungen und Häuser zerstört wurden.
Die türkische Regierung erbaute in Kahramanmaraş in der Türkei eine Zeltstadt für die Menschen, deren Wohnungen und Häuser zerstört wurden. © OZAN KOSE / AFP
Mitarbeiter des Flughafens Nürnbergs verladen Stromgeneratoren, die für das Erdbebengebiet in der Türkei gespendet wurden.
Mitarbeiter des Flughafens Nürnbergs verladen Stromgeneratoren, die für das Erdbebengebiet in der Türkei gespendet wurden. © Daniel Karmann/dpa
In einer Turnhalle im türkischen Kahramanmaraş gehen Menschen an Erdbebenopfern vorbei.
In einer Turnhalle im türkischen Kahramanmaraş gehen Menschen an Erdbebenopfern vorbei. © OZAN KOSE / AFP
Syrien, Jinderis: Trauernde begraben Familienmitglieder, die bei dem Erdbeben ums Leben gekommen sind, auf einem Friedhof.
Syrien, Jinderis: Trauernde begraben Familienmitglieder, die bei dem Erdbeben ums Leben gekommen sind, auf einem Friedhof. © Ghaith Alsayed/AP/dpa
Weltweite Anteilnahme: Schulkinder in Amritsar in Indien halten Plakate und Kerzen während einer Mahnwache für die Opfer des verheerenden Erdbeben.
Weltweite Anteilnahme: Schulkinder in Amritsar in Indien halten Plakate und Kerzen während einer Mahnwache für die Opfer des verheerenden Erdbeben. © XinHua/dpa
Rauch steigt aus brennenden Containern im Hafen der erdbebengeschädigten Stadt Iskenderun.
Rauch steigt aus brennenden Containern im Hafen der erdbebengeschädigten Stadt Iskenderun. © Serdar Ozsoy/Depo Photos/AP/dpa
Osmaniye in der Türkei: Autos liegen unter den Trümmern eines zerstörten Gebäudes.
Osmaniye in der Türkei: Autos liegen unter den Trümmern eines zerstörten Gebäudes. © Khalil Hamra/AP/dpa
Ein Mann plündert einen Markt in der türkischen Stadt Iskenderun (Provinz Hatay).
Ein Mann plündert einen Markt in der türkischen Stadt Iskenderun (Provinz Hatay). © Efekan Akyuz/IMAGO
In einem Raum der Kultur- und Sozialinitiative für Kinder und Jugendliche Stuttgart sortieren Hilfskräfte Kleidungsstücke für Menschen in der Türkei und Syrien.
In einem Raum der Kultur- und Sozialinitiative für Kinder und Jugendliche Stuttgart sortieren Hilfskräfte Kleidungsstücke für Menschen in der Türkei und Syrien. © Christoph Schmidt/dpa
Ein Foto aus Aleppo: Baumaschinen kommen zum Einsatz, um die Trümmer zu beseitigen.
Ein Foto aus Aleppo: Baumaschinen kommen zum Einsatz, um die Trümmer zu beseitigen. © IMAGO/SNA
Ersthelfer versorgen Verletzte in Hatay in der Türkei.
Ersthelfer versorgen Verletzte in Hatay in der Türkei. © BULENT KILIC / AFP
Türkei, Malatya: Hier wurde eine Moschee zerstört. Das winterliche Wetter erschwert die Rettungsarbeiten zusätzlich.
Türkei, Malatya: Hier wurde eine Moschee zerstört. Das winterliche Wetter erschwert die Rettungsarbeiten zusätzlich. © Uncredited/DIA Images/AP/dpa
In Syrien führen Zivilisten und Mitglieder des syrischen Zivilschutzes Such- und Rettungsmaßnahmen in den Trümmern eines zerstörten Gebäudes durch.
In Syrien führen Zivilisten und Mitglieder des syrischen Zivilschutzes Such- und Rettungsmaßnahmen in den Trümmern eines zerstörten Gebäudes durch. © Anas Alkharboutli/dpa
Im syrischen Jandaris trägt ein Mann den Leichnam seines toten Sohns aus den Trümmern.
Im syrischen Jandaris trägt ein Mann den Leichnam seines toten Sohns aus den Trümmern. © Bakr ALKASEM / AFP
Zahlreiche Länder haben Hilfe angekündigt. Diese Hilfsgüter sollen aus Berlin in die Türkei entsendet werden.
Zahlreiche Länder haben Hilfe angekündigt. Diese Hilfsgüter sollen aus Berlin in die Türkei entsendet werden. © Paul Zinken/dpa
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Wie die Retter erklärten, war das Neugeborene noch durch die Nabelschnur mit seiner Mutter verbunden, die offenbar bei dem Erdbeben ums Leben kam. Vermutlich starb sie kurz nach der Geburt. „Wir haben die Nabelschnur durchtrennt und mein Cousin hat das Baby ins Krankenhaus gebracht“, schildert Sawadi.

Ein Krankenhaus-Mitarbeiter betrachtet eine Röntgenaufnahme von Aja, dem
Ein Krankenhaus-Mitarbeiter betrachtet eine Röntgenaufnahme von Aja, dem "Wunderbaby". © Anas Alkharboutli/dpa

Wunderbaby Aja: Die Rettung kam in letzter Sekunde

In der Klinik in der nahegelegenen Stadt Afrin kam das Mädchen unterkühlt und entkräftet an. Die Gliedmaßen seien blau angelaufen und der Körper völlig mit Staub bedeckt gewesen. „Nur eine Stunde länger und es wäre gestorben“, sagte ihr Arzt Hani Maaruf.

Die Kleine kam in einen Inkubator und erhielt Infusionen mit Vitaminen. Laut dem Arzt wiegt das Baby 3175 Gramm. Der Zustand des Mädchens sei nunmehr stabil, aber es habe Prellungen erlitten und einige Rippen gebrochen, hieß es am Mittwoch. Die Mitarbeiter des Krankenhauses gaben dem Mädchen den Namen Aja.

Wunderbaby Aja trug beim Erdbeben Blessuren davon. Der Zustand des Mädchens ist nun stabil. Seine Mutter starb vermutlich kurz nach der Geburt.
Wunderbaby Aja trug beim Erdbeben Blessuren davon. Der Zustand des Mädchens ist nun stabil. Seine Mutter starb vermutlich kurz nach der Geburt. © Anas Alkharboutli/dpa

In Online-Netzwerken verbreitete sich ein Video, in dem ein Mann inmitten von Trümmern ein nacktes, mit Staub bedecktes Baby in die Höhe hält, an dessen Bauch noch der Rest seiner Nabelschnur hängt. Angesichts von Temperaturen um den Gefrierpunkt bringt jemand eine Decke, um das Neugeborene darin einzuwickeln.

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Erdbeben in Syrien: Dschandairis wurde zur Todesfalle

Tragisch: Die kleine Aja hat zwar überlebt. Doch ihre Familie wird sie nie kennenlernen. Ihre Mutter, ihr Vater, ihre drei Schwestern, ihr Bruder und ihre Tante konnten nur noch tot aus den Trümmern geborgen werden. Das Dorf Dschandairis nahe der türkischen Grenze war von den Erdbeben der Stärke 7,5 bis 7,8 am Montag schwer getroffen worden.

Syrien, Afrin: Aja, das
Syrien, Afrin: Aja, das "Wunderbaby", im Inkubator. © Anas Alkharboutli/dpa

Die Familie wurde den Angaben zufolge nahe eines Eingangs zu einem Gebäude gefunden. Ihre Leichen wurden vor einem Nachbarhaus aneinandergereiht und mit Tüchern in unterschiedlichen Farben abgedeckt. Ajas Retter Sawadi zählt die Namen der Verstorbenen auf und berichtet vom ohnehin schweren Schicksal der Familie, die aus ihrer Heimatregion fliehen musste.

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Sie hatten wegen des Bürgerkriegs die instabile Region Deir Essor weiter im Osten in der Hoffnung verlassen, in Dschandairis, einem von türkischer Armee und pro-türkischen Rebellen kontrollierten Ort, in Sicherheit zu sein. Für viele Menschen wurde Dschandairis nun aber zur Todesfalle. Etwa 50 Gebäude stürzten dort ein.

Erdbeben: Retter suchen weiter nach Überlebenden

Die Zahl der Todesopfer in Syrien und in der Türkei ist mittlerweile auf über 11.200 gestiegen. Mehr als 45.000 sind verletzt. Vor Ort erschwert auch die politische Lage die Hilfe – und eisige Temperaturen. Retter suchen weiterhin fieberhaft nach Menschen unter den Trümmern. Sie hoffen auf weitere Wunder. (mit dpa und AFP)