Peking. Wissenschaftler haben in China einen neuen Schweinegrippe-Erreger entdeckt. G4 soll hochinfektiös sein – und auf Menschen übertragbar.

  • Forscher sind besorgt: Bei einer 7-jährigen Studie haben sie ein Schweinegrippe-Virus mit dem Namen G4 entdeckt
  • Studien zeigten: G4 ist hochinfektiös und kann für den Menschen gefährlich werden
  • Ein anderer Schweinegrippe-Erreger namens H1N1 sorgte 2009 für Zehntausende Krankheitsfälle, auch in Deutschland gab es Tote
  • Was steckt hinter dem neuen Erreger?

Mitten in der Corona-Krise warnen chinesische Wissenschaftler vor einer neuen Pandemie-Gefahr. Grund ist ein neu entdecktes Virus mit dem Namen G4, das eine neue Art der Schweinegrippe und auch für den Menschen gefährlich sein soll.

G4 besitze „alle wesentlichen Eigenschaften, um Menschen infizieren zu können“, schreiben die Forscher mehrerer chinesischer Universitäten und des chinesischen Zentrums für Krankheitsbekämpfung und -prävention in einem am Montag veröffentlichten Artikel in der US-Fachzeitschrift PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America). G4 stamme vom H1N1-Virus ab, das 2009 eine Pandemie auslöste.

Forscher entdecken neues Schweinevirus in China

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    Schweinegrippe-Virus G4: Wirkung bei Frettchen beobachtet

    Die Forscher untersuchten für ihre Studie unter anderem die Wirkung von G4 auf Frettchen, auf die auch in Grippestudien zurückgegriffen wird, weil sie ähnliche Symptome wie Menschen aufweisen. Dabei wurde beobachtet, dass G4 hochinfektiös ist, sich in menschlichen Zellen vermehrt und bei den Frettchen schwerwiegendere Symptome verursacht als andere Viren.

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      Grippe-Immunität soll keinen Schutz vor neuem G4-Virus bieten

      Tests sollen auch gezeigt haben, dass jegliche Immunität, die Menschen durch die saisonale Grippe gewinnen, keinen Schutz vor G4 bietet. Den Wissenschaftlern zufolge waren bereits 10,4 Prozent der Schweinehalter in den untersuchten chinesischen Provinzen infiziert. Auch 4,4 Prozent der Bevölkerung seien dem Virus ausgesetzt gewesen, wie die Forscher durch Antikörpertests herausfanden.

      Die Hauptsorge der Wissenschaftler ist, dass das Virus von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. Es sei besorgniserregend, dass sich das Virus an den Menschen anpasse und sich damit das Risiko einer Pandemie beim Menschen erhöht, schrieben die Forscher. Beulenpest sorgt für Alarm bei Behörden in China.

      • Die Bildergalerie zeigt Eindrücke von Pandemien der vergangenen Jahre:

      Die schlimmsten Pandemien der letzten Jahre

      Das Coronavirus: Mehr als 41 Millionen Menschen sind in China Ende Januar 2020 von den Quarantänemaßnahmen betroffen, landesweit gibt es mehr als 830 bestätigte Infektionsfälle, 26 Patienten starben.
      Das Coronavirus: Mehr als 41 Millionen Menschen sind in China Ende Januar 2020 von den Quarantänemaßnahmen betroffen, landesweit gibt es mehr als 830 bestätigte Infektionsfälle, 26 Patienten starben. © dpa | Kin Cheung
      Angenommen wird, dass das Coronavirus durch Tröpfcheninfektion etwa beim Husten übertragen wird. Vermutet wird auch, dass das Virus sich vor allem in den unteren Lungenbereichen ansiedelt und weniger ausgeprägt in den oberen Atemwegen. Das würde ein geringeres Ansteckungspotenzial bedeuten, da der es von Lunge zu Lunge weiter ist als etwa von Nase zu Nase.
      Angenommen wird, dass das Coronavirus durch Tröpfcheninfektion etwa beim Husten übertragen wird. Vermutet wird auch, dass das Virus sich vor allem in den unteren Lungenbereichen ansiedelt und weniger ausgeprägt in den oberen Atemwegen. Das würde ein geringeres Ansteckungspotenzial bedeuten, da der es von Lunge zu Lunge weiter ist als etwa von Nase zu Nase. © dpa | Uncredited
      In den vergangenen Jahren gab es immer wieder heftige Pandemien. Rund 800 Menschen starben 2002/2003 an dem Sars-Virus.
      In den vergangenen Jahren gab es immer wieder heftige Pandemien. Rund 800 Menschen starben 2002/2003 an dem Sars-Virus. © imago images / ecomedia/robert fishman
      Bei der Sars-Pandemie 2002/2003 erkrankten nach dem ersten Ausbruch in China weltweit mehr als 8000 Menschen – in rund 30 Ländern und auf sechs Kontinenten. Wahrscheinlich sprang der Erreger von Tieren auf den Menschen über. Er verbreitete sich über Tröpfcheninfektion beim Husten und Niesen.
      Bei der Sars-Pandemie 2002/2003 erkrankten nach dem ersten Ausbruch in China weltweit mehr als 8000 Menschen – in rund 30 Ländern und auf sechs Kontinenten. Wahrscheinlich sprang der Erreger von Tieren auf den Menschen über. Er verbreitete sich über Tröpfcheninfektion beim Husten und Niesen. © imago images / ecomedia/robert fishman
      Bei einem Mers (Middle East Respiratory Syndrome)-Ausbruch in Südkorea starben im Jahr 2015 38 Menschen.
      Bei einem Mers (Middle East Respiratory Syndrome)-Ausbruch in Südkorea starben im Jahr 2015 38 Menschen. © imago/ZUMA Press | COVER Images
      Das Virus, das Mers (Middle East Respiratory Syndrome) verursacht, wurde zum ersten Mal 2012 bei einem Mann in Saudi-Arabien gefunden. Es zählt zu den Coronaviren und kann schwere Atemwegsinfektionen verursachen. Als Hauptträger des Virus gelten Kamele. Von ihnen gibt es weiterhin Übertragungen auf den Menschen, vor allem in Saudi-Arabien. In einigen Fällen wurde das Virus auch von Mensch zu Mensch übertragen.
      Das Virus, das Mers (Middle East Respiratory Syndrome) verursacht, wurde zum ersten Mal 2012 bei einem Mann in Saudi-Arabien gefunden. Es zählt zu den Coronaviren und kann schwere Atemwegsinfektionen verursachen. Als Hauptträger des Virus gelten Kamele. Von ihnen gibt es weiterhin Übertragungen auf den Menschen, vor allem in Saudi-Arabien. In einigen Fällen wurde das Virus auch von Mensch zu Mensch übertragen. © imago/ZUMA Press | COVER Images
      Die Zahl der Todesfälle durch die sogenannte Schweinegrippe geht weit auseinander. Während die WHO die Todesfälle infolge einer Infektion mit dem A/H1N1-Virus auf 18.500 beziffert, fanden US-Wissenschaftler heraus, dass bis 2012 weltweit zwischen 151.700 und 575.400 Menschen daran gestorben sein dürften.
      Die Zahl der Todesfälle durch die sogenannte Schweinegrippe geht weit auseinander. Während die WHO die Todesfälle infolge einer Infektion mit dem A/H1N1-Virus auf 18.500 beziffert, fanden US-Wissenschaftler heraus, dass bis 2012 weltweit zwischen 151.700 und 575.400 Menschen daran gestorben sein dürften. © imago/ Xinhua | U Aungvia
      Der neuartige H1N1-Subtyp verursachte im Jahr 2009 eine Grippe-Epidemie mit etlichen Todesfällen. Ihren Ursprung hatte sie in Mexiko. Inzwischen ist die Schweinegrippe Teil des saisonalen Grippegeschehens.
      Der neuartige H1N1-Subtyp verursachte im Jahr 2009 eine Grippe-Epidemie mit etlichen Todesfällen. Ihren Ursprung hatte sie in Mexiko. Inzwischen ist die Schweinegrippe Teil des saisonalen Grippegeschehens. © imago/ITAR-TASS | Alexander Ryumin
      BSE erreichte 2000 seinen Höhepunkt. In Großbritannien starben mindestens 177 Menschen. Mehr als vier Millionen Rinder wurden geschlachtet, schätzungsweise 180.000 Tiere verendeten an BSE.
      BSE erreichte 2000 seinen Höhepunkt. In Großbritannien starben mindestens 177 Menschen. Mehr als vier Millionen Rinder wurden geschlachtet, schätzungsweise 180.000 Tiere verendeten an BSE. © imago/UIG | wayne Hutchinson
      In Deutschland wurde die Bovine-Spongiforme-Enzephalopathie Ende 2000 erstmals bei einer hierzulande geborenen Kuh nachgewiesen. Sie sorgt für eine Rückbildung der Gehirnsubstanz bei Rindern. Als Auslöser gelten falsch gefaltete Eiweißmoleküle. Übertragen wurde der Erreger durch das Verfüttern von Tiermehl und -fett. Beim Menschen kann der BSE-Erreger eine Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit verursachen. Durch das Verfütterungsverbot von tierischem Eiweiß, das 2001 europaweit in Kraft trat, wurden Neuinfektionen unterbunden.
      In Deutschland wurde die Bovine-Spongiforme-Enzephalopathie Ende 2000 erstmals bei einer hierzulande geborenen Kuh nachgewiesen. Sie sorgt für eine Rückbildung der Gehirnsubstanz bei Rindern. Als Auslöser gelten falsch gefaltete Eiweißmoleküle. Übertragen wurde der Erreger durch das Verfüttern von Tiermehl und -fett. Beim Menschen kann der BSE-Erreger eine Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit verursachen. Durch das Verfütterungsverbot von tierischem Eiweiß, das 2001 europaweit in Kraft trat, wurden Neuinfektionen unterbunden. © imago/fossiphoto | imago stock&people
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      Forscher isolierten 179 verschiedene Schweinegrippe-Viren

      Die Studie sei „eine Erinnerung daran, dass wir ständig dem Risiko des erneuten Auftretens zoonotischer Krankheitserreger ausgesetzt sind und dass Nutztiere, mit denen der Mensch mehr Kontakt hat als mit Wildtieren, als Quelle für wichtige Pandemieviren dienen können“, sagte James Wood, Leiter der Abteilung für Veterinärmedizin an der Universität Cambridge in Großbritannien. Eine zoonotische Infektion wird durch einen Erreger verursacht, der von einem Tier auf einen Menschen übergesprungen ist.

      Neuer Schweinegrippe-Erreger – Wie lief die Studie ab?

      • Für die Studie nahmen Forscher zwischen 2011 bis 2018 rund 30.000 Nasenabstriche von Schweinen in Schlachthöfen in zehn chinesischen Provinzen.
      • Dabei konnten 179 verschiedene Schweinegrippe-Viren isoliert werden konnten.
      • Die meisten davon waren von einer neuen Art, die seit 2016 vermehrt bei Schweinen auftritt.

      Wann die WHO von einer Pandemie spricht

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        Schweinegrippe-Pandemie 2009 – Fakten:

        • Im April 2009 begann eine Grippewelle in Mexiko, die WHO erklärte sie im Juni darauf zur Pandemie
        • Der auch als Schweinegrippe bezeichnete Erreger H1N1 sorgte für Zehntausende Krankheitsfälle, auch in Deutschland gab es Tote
        • Den Namen erhielt der Erreger, weil ähnliche Viren bei Schweinen zuvor in den USA gefunden wurden
        • Im August 2010 erklärte die WHO die Pandemie dann offiziell für beendet

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        (AFP/ba)