Berlin. Wie verdienen sie ihr Geld? Welche Videos klicken? Und wie hart ist der Job? Wir haben Deutschlands erfolgreichste YouTuber gefragt.

Okay, diese Frage kommt schon mal nicht so gut an: „Nein“, fällt Tim Zimmermann uns ins Wort: „Ich frage Sie ja auch nicht, wie viel Sie verdienen“. Kollege Jan Lehmann lacht und nickt zustimmend – auch er will die Frage, wie viel Geld man denn als so extrem erfolgreicher YouTuber auf dem Konto hat, nicht beantworten.

Das sind die YouTube-Aufsteiger 2019

Interessant wäre die Antwort aber sicherlich. Denn Lehmann (20) und Zimmermann (21) haben das geschafft, wovon selbst große Unternehmen nur träumen können: Sie haben innerhalb eines Jahres einen extrem erfolgreichen YouTube-Kanal quasi aus dem Nichts aufgebaut. „Gewitter im Kopf – Leben mit Tourette“ hat inzwischen 1,58 Millionen Abonnenten, ihre Videos wurden rund 85 Millionen Mal angeklickt.

Die beiden Freunde wollen auf humorvolle Weise über das Tourette-Syndrom aufklären, an dem Lehmann erkrankt ist. Sie möchten die Nervenkrankheit „greifbarer und verständlicher“ machen, Berührungsängste abbauen. Das kommt an: Im offiziellen YouTube-Ranking der Aufsteiger des Jahres 2019 landete „Gewitter im Kopf“ jetzt auf Platz 1. Mit solchen Superlativen lässt sich sicher gut leben.

YouTuber „Standard Skill“: So verdient man Geld

Gamer Philip Geißler ist da zum Glück etwas auskunftsfreudiger. Sein Kanal „Standard Skill“ hat inzwischen 2,58 Millionen Abonnente n. Neben den üblichen Werbeanzeigen, die vor die Videos geschaltet werden, gebe es aber noch weitere Möglichkeiten, auf YouTube Geld zu machen, erklärt der 25-Jährige: „Zum Beispiel verkaufen ich Merchandising“.

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Für 39,99 Euro gibt es etwa einen grauen Hoodie mit einem aufgedruckten „Standard Skill“-Logo. Außerdem kann man bei ihm Mitglied werden, ab 99 Cent im Monat. Wer mehr zahlt, kriegt exklusive Livestreams und Videos – für 4,99 Euro im Monat. Da kommt einiges zusammen. Inzwischen hat Geißler deshalb eine eigene Firma mit mehreren Angestellten. „Auch meinen Vater habe ich bei mir angestellt“, sagt er und lacht. Ein Triumph, schließlich waren die Eltern am Anfang dagegen, dass Geißler seinen Beruf aus Bürokaufmann aufgibt.

Leeroy Matata: Bei härten Themen gibt es kein Geld

Auch Leeroy Matata von „Leeroy will’s wissen!“ (763.000 Abonnenten) kann inzwischen davon leben. „Allerdings ist mein Content nicht in jedem Fall werbefreundlich“, sagt er. „Bei härteren Themen verdient man dann vielleicht kein Geld, aber das finde ich auch nicht schlimm.“ Matata interviewt auf seinem Kanal Menschen aus allen Lebensbereichen: „Da kommen auch viele Randgruppen zu Wort“.

Zum Beispiel hat er für ein Video einen Ex-Neonazi getroffen. „Das war emotional schwierig für mich, schließlich sitze ich im Rollstuhl und bin dunkelhäutig – und er war früher genau gegen solche Menschen“. Das 27-minütige Interview dazu ist nicht reißerisch geführt, sondern differenziert und aufklärend. Das scheint den Nutzern zu gefallen, das Video hat immerhin mehr als drei Millionen Aufrufe.

„Neun von zehn Nutzern gehen auf die Plattform, um etwas zu lernen“, sagt Andreas Briese, Country Director YouTube Germany. 2019 sei das Jahr gewesen, in dem auch die breite Masse den Nutzwert der Plattform erkannt hätte. Nicht zuletzt, weil ein politisches YouTube-Video ganze 16 Millionen Mal angeklickt wurde: YouTuber Rezo landete mit seinem Video „Die Zerstörung der CDU“ auf Platz 1 des Deutschland-Rankings der meistgeklickten Video: Erfolgreichstes Youtube-Video des Jahres kommt von Rezo.

Darum hat Rezo YouTube politischer gemacht

„YouTube ist in diesem Jahr politischer geworden“, sagt Leeroy Matata. „Ich glaube, dass Rezo eine Grenze gesprengt hat, die vorher existierte. Seitdem ist der Diskurs auf der Plattform enorm gewachsen“. Sein Tipp für Politiker, die ebenfalls erfolgreich auf YouTube sein wollen: „Keine Bundestagsreden, mal das Jackett ausziehen und die Fachsprache beiseitelegen, und die Dinge so benennen, wie sie wirklich sind.“

Dass Bildungsinhalte extrem nachgefragt ist, davon profitiert auch Daniel Jung. Sein Kanal „Mathe by Daniel Jung“ hat 593.00 Abonnenten, mit einem Video über Quadratische Funktionen macht er schon mal 1,3 Millionen Aufrufe. Der ehemalige Nachhilfe-Lehrer wird inzwischen auf der Straße erkannt: „Gerade hat mich jemand angesprochen und gesagt: Durch dich habe ich mein Studium bestanden, ich schulde dir mein erstes Ingenieursgehalt“.

Was tun, wenn ein Video nicht klickt?

Trotzdem geht auch bei so erfolgreichen YouTubern nicht jedes Video durch die Decke: „Mein Steuerberater tickt immer total aus“, sagt Leeroy Matata. Er verstehe nicht, wieso der YouTuber einen Monat viel und im nächsten Monat fast gar nichts verdiene. „Aber das ist einfach so, mein Verdienst hängt davon ab, was ich hochlade und wie die Plattform den Erfolg eines Videos einschätzt. Und am Ende natürlich auch, wie die Menschen das annehmen“. Gibt es wenig Klicks, dann fehlt eben auch das Geld.

„Das ist für uns YouTuber so hart, weil die meisten von uns ja selbstständig sind und das mehr oder weniger alleine machen“, sagt Vanessa Maria vom Kanal „Malwanne“ ( 817.000 Abonnenten, Lifestyle-Videos). Sie helfe daher auch gerne anderen YouTubern, wenn ein Video, in das derjenige viel Arbeit gesteckt hat, mal nicht so gut klickt: „Ich sehe dann meistens sofort, was nicht stimmt, ob zum Beispiel das Thumbnail nicht so gut ist“.

So hart ist die Arbeit als YouTuber wirklich

Dass der Job als YouTuber nicht annähernd so einfach sei, wie es manchmal aussieht, sagt auch Laila Maria Witt (90.000 Abonnenten). Die vierfache Mutter produziert Ratgeber-Videos rund um die Themen Schwangerschaft und Leben mit Kindern. „Das ist viel Arbeit“, sagt sie. Schließlich müssen nicht nur Videos gedreht und geschnitten werden, sondern auch die Community gepflegt: „Ich bekomme allein 1.000 Nachrichten auf YouTube die Woche, und noch mal 500 Direktnachrichten auf Instagram“.

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Sie versuche, alle Fragen zu beantworten oder – wenn es um medizinische Probleme und Krankheitsbilder geht – sie an befreundete Ärzte weiterzuleiten. Solches Engagement wird belohnt, nicht nur mit Geld. „Mein bester YouTube-Moment in diesem Jahr war, als eine Nutzerin mir geschrieben hat, dass sie mit meinem Erklärvideo zu Sturzgeboten ihr Baby alleine zu Hause sicher zur Welt gebracht hat“, sagt Witt. Allein wenn sie jetzt davon erzähle, bekäme sie noch Gänsehaut.

Die wichtigsten Artikel zu YouTuber Rezo und seinem Video „Die Zerstörung der CDU“zum Nachlesen:

CDU zeigt Video-Antwort auf Rezo nicht – Kritik von der SPD
Rezo zu Gast bei Jan Böhmermann – So lief der Auftritt
Medienanwalt: „Youtuber sollten den Pressekodex lesen“
Rezo-Video: Was Kramp-Karrenbauer nicht verstanden hat