Berlin. Die Hundekot-Attacke in Hannover hat für Choreograph Marco Goecke weitere Konsequenzen. Seinen Job als Ballettdirektor ist er los.

  • Bei einer Premiere in Hannover hat Ballettdirektor Marco Goecke die "FAZ"-Kritikerin Wiebke Hüster mit Hundekot beschmiert
  • Inzwischen haben sich beide öffentlich zu dem Vorfall geäußert und sich gegenseitig kritisiert
  • Für Goeecke hat die Hundekot-Attacke jetzt weitere Konsequenzen: Er wird als Ballettdirektor entlassen

Am Samstag (11. Februar) erschütterte eine Hundekot-Attacke die Staatsoper Hannover. Im Foyer beschmierte Ballettdirektor Marco Goecke die "FAZ"-Journalistin Wiebke Hüster mit Hundekot. Als Grund für den übelriechenden Angriff nennt Goecke später die jahrelange Kritik von Hüster an seinen Werken. Hüsters Kritiken seien stets persönlich gewesen. Der Künstler im NDR-Interview: "Sie hat mich auch jahrelang mit Scheiße beworfen." Auch Hüster hat sich zu der Attacke mittlerweile geäußert und Anzeige gegen Goecke erstattet.

Nach Hundekot-Attacke in Hannover: Staatsoper zieht Reißleine – Goecke muss gehen

Doch einer Meldung der Deutschen Presse-Agentur (DPA) zufolge ist die Anzeige für Goecke nicht die einzige Folge. Nach Suspendierung und Hausverbot zieht die Staatsoper in Hannover jetzt endgültig die Reißleine und trennt sich von Marco Goecke als Ballettdirektor. Sein Vertrag als Ballettdirektor sei mit sofortiger Wirkung im gegenseitigen Einverständnis aufgelöst worden, sagte Intendantin Laura Berman am Donnerstag. Wie es für Goecke weitergeht ist ungewiss. Fest steht: Auf die Aufführung seines Werks in Stuttgart hat der Hundekot-Skandal zunächst keine Auswirkungen.

Hundekot-Attacke in Hannover: Das ist passiert

Am Samstag sorgte eine Ballett-Premiere in Hannover für Schlagzeilen – allerdings nicht durch die künstlerische Leistung, sondern durch einen Vorfall am Rande der Veranstaltung: Im Foyer der Hannoverschen Staatsoper beschmierte Ballettdirektor Marco Goecke die "FAZ"-Journalistin Wiebke Hüster mit Hundekot. Und noch immer schlägt das skurrile Ereignis hohe Wellen.

Was war geschehen? Goecke soll sich in der ersten Pause der Premiere vor Hüster hingestellt und ihr vorgeworfen haben, "dass sie immer so schlimme, persönliche Kritiken schreibe". Der Choreograph hatte seinen Hund dabei. Er habe eine Tüte mit Hundekot aus der Tasche gezogen und ihn ihr mit der offenen Seite ins Gesicht gerieben, so Hüster. "Als ich gespürt habe, was er gemacht hat, habe ich geschrien."

Nachdem ihr die Pressesprecherin des Theaters dabei geholfen habe, sich im Waschraum der Intendanz zu säubern, sei sie zur Polizeistation Hannover-Mitte gefahren und habe Anzeige erstattet. Die Kritikerin geht von Vorsatz aus.

Nach Hundekot-Attacke auf Journalistin: Keine Konsequenzen für Goecke in Stuttgart

Inzwischen wurde Goecke als Ballettdirektor suspendiert. Die Theaterleitung hat ihm zudem bis auf Weiteres Hausverbot erteilt. Zumindest in Stuttgart muss der Ballettdirektor aber keine Konsequenzen fürchten – sein Programm wird trotz der vielen Schlagzeilen um die Hundekot-Aktion weiter gespielt.

Goecke selbst hat sich inzwischen im Gespräch mit "NDR Niedersachsen" zu dem Vorfall geäußert. Er sei über sich selbst erschrocken gewesen – und: Die Wahl der Mittel war "sicherlich nicht super". Als Grund für seine Reaktion nennt Goecke im NDR die jahrelange "Vernichtungskritik" der "FAZ"-Journalistin. Goecke: "Wenn man in der Öffentlichkeit steht und über Jahre sein Werk durch eine Journalistin beschmutzt sieht, dann heißt es, das sei der Preis, wenn man eine Person des öffentlichen Lebens ist." Doch ab einem gewissen Punkt sei er da anderer Meinung.

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Ganz grundsätzlich könne er mit Kritiken gut leben – doch Hüsters Reaktionen auf seine Stücke seien persönlich – und das schon seit 20 Jahren. Gegen die FAZ-Journalistin schießt er: Hüster interessiere sich nicht für Tanz – sie liebe das Theater nicht. "Ich weiß von 99 Prozent der Tanzschaffenden in diesem Land, dass sie sich von dieser Frau über Jahre extrem verletzt gefühlt haben." Am Abend der Vorführung habe er Hüster schließlich angesprochen – zu ihr gesagt "Ich bin ein Mensch."

Balletchef Goecke wiederholt Kritik an Journalistin Hüster

Ihre Reaktion sei "Aggressiv, arrogant und herablassend" gewesen. Dann soll alles schnell gegangen sein. Er habe die Tüte mit dem Kot seines Dackels – die er gerade habe entsorgen wollen – Hüster ins Gesicht geschmiert. Dies sei seine Reaktion auf die jahrelangen Verletzungen gewesen, welche über das normale Maß hinausgegangen seien – so zumindest Goeckes Ansicht. Im NDR rechtfertigt sich der Hannover Ballettdirektor dafür ganz direkt: "Sie hat mich auch jahrelang mit Scheiße beworfen."

Marco Goecke, Ballettdirektor der Staatsoper Hannover (Archivbild), teilt nach der Hundekot-Attacke weiter gegen die Journalistin aus.
Marco Goecke, Ballettdirektor der Staatsoper Hannover (Archivbild), teilt nach der Hundekot-Attacke weiter gegen die Journalistin aus. © Christophe Gateau/dpa

Hüster zeigte sich im 3sat-Kulturmagazin "Kulturzeit" entrüstet über das Statement des Balletchefs. Am Anfang heiße es darin zwar, er möchte sich entschuldigen. "Aber dann schaltet er sofort um und verstärkt die Vorwürfe, die er ohnehin gegen mich erhoben hat", so Hüster. "Was für eine Art von Entschuldigung soll denn das bitte sein? Das ist eine Rechtfertigung."

Die "FAZ" spricht nach der Hundekot-Attacke von einem "ungeheuerlichen Vorfall" und "demütigendem Akt". Auch viele Politiker verurteile die Tat aufs Schärfste. Falko Mohrs – Kulturminister von Niedersachsen – fand etwa deutliche Worte: Jeder müsse sich mit Kritik auseinandersetzen. Doch derart übergriffig zu werden – das sei inakzeptabel und nicht zu entschuldigen.

Auch der Deutsche Journalisten-Verband Niedersachsen verurteilte den Angriff aufs Schärfste. "Ein Künstler muss Kritik ertragen, auch wenn sie überzogen erscheinen mag. Wer auf Kritik mit Gewalt reagiert, der ist nicht tragbar", schreibt der Landesvorsitzende Frank Rieger auf Twitter. Er forderte in diesem Fall eine deutlichere Reaktion der Verantwortlichen: "Die Erklärung der Staatsoper zu dem Vorfall ist unzureichend, denn der Angriff auf die Journalistin der FAZ ist auch eine Attacke auf die Pressefreiheit." (fmg)