Paris. Dürre und Hitzewellen sorgen in Frankreich für Brände. Derzeit verwüsten zwei nahe Bordeaux einen von Touristen beliebten Landstrich.

Seit einer Woche bereits färbt sich der Himmel über dem südwestfranzösischen Departements Gironde jeden Abend in einem bedrohlichen Orangerot ein. Es ist der Widerschein zweier unweit von Bordeaux lodernder Großbrände, der den Kampf von 1800 erschöpften Feuerwehrleuten gegen bis zu 100 Meter hohe Flammenwände und die Evakuierung jener rund 36.000 Anwohner und Urlauber beleuchtet, deren Häuser, Campingplätze und Ferienwohnungen unmittelbar bedroht sind.

Am Montagmittag waren die beiden Feuerwalzen, welche mehr als 14.000 Hektar Wald- und Buschgelände in eine verkohlte Mondlandschaft verwandelt haben, immer noch nicht unter Kontrolle.

In Südfrankreich sowie auf Korsika brennt es derzeit täglich und an allen Ecken. Eine Folge der verfrühten Hitzewellen – die Temperaturen im Mai sowie in der ersten Junihälfte waren die höchsten aller Zeiten – und der durch sie hervorgerufenen Dürre in mittlerweile 37 Departements des Landes. Eine weitere, besonders intensive Hitzeperiode treibt derzeit die Temperaturen selbst im Norden auf über 40 Grad und soll laut Wetter-Experten frühestens am Mittwoch zu Ende gehen.

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Hitze in Frankreich: Großbrände in der Nähe von Bordeaux

Monique B., stellvertretende Filialleiterin einer Pariser Bank und alleinerziehende Mutter zweier Teenager, wollte am Wochenende mit ihren Kindern in den südwestlich von Bordeaux gelegenen Badeort Arcachon fahren. Doch unter dem Eindruck der Fernsehbilder von niedergebrannten Campingplätzen und Tausender vor den Feuern aus dem Urlaubsparadiesen der Gironde flüchtenden Menschen hat sie Bahntickets wie Ferienwohnung im letzten Augenblick storniert.

Bestätigt wurde sie in ihrer Entscheidung von einer Freundin, die mit ihrer Familie aus einem Nachbarort von Arcachon evakuiert wurde und zwei Nächte in einer zur Notunterkunft umfunktionierten Turnhalle verbringen musste, bevor sie ihre vorzeitige Rückkehr aus dem Urlaub organisieren konnte.

Die Präfektin der Gironde, Fabienne Buccio, sprach gestern von einer sich stündlich weiter zuspitzenden Situation, deren Ende nicht absehbar sei. Der Vormarsch der "Extrembrände" sei aufgrund der ständig wechselnden und mit einer Stärke von 50 Stundenkilometer blasenden Winde "völlig unberechenbar". Fest steht schon jetzt, dass es in Frankreich seit mehreren Jahrzenten keine Brände mehr gegeben hat, deren Wüten die hochgerüsteten Feuerwehren des Landes nicht nach spätesten vier Tagen ein Ende setzten konnten.

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Tatsächlich vergeht im Hochsommer kaum ein Tag in Frankreich, an dem nicht mindestens sechs Brandherde gemeldet werden. Eine Fatalität ist das nicht, da so gut wie keines dieser Feuer einen natürlichen Ursprung hat. Doch der Unvorsichtigkeit oder den Pyromanen ist kaum beizukommen. Wobei es derzeit wegen der Trockenheit mehr als einfach ist, ein Feuer zu legen. Die Brandstifter warten auf etwas Wind, ein Streichholz genügt und bevor die Flammen richtig hochschlagen, sind sie längst über alle Berge.

Hitze in Bildern: Europa leidet unter Extrem-Temperaturen

Rupa (Italien): Ein Löschfahrzeug fährt zu einem Einsatz an der Grenze zwischen Miren und Nordostitalien, wo Waldbrände wüten. Mehr als tausend Feuerwehrleute bekämpfen den Brand.
Rupa (Italien): Ein Löschfahrzeug fährt zu einem Einsatz an der Grenze zwischen Miren und Nordostitalien, wo Waldbrände wüten. Mehr als tausend Feuerwehrleute bekämpfen den Brand. © Luka Dakskobler/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Luka Dakskobler/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Abgebrannter Kiefernwald in Frankreich: Die Böden sind staubtrocken, die Temperaturen sinken seit Wochen nicht. Diese Luftaufnahme aus Pyla Sur Mer im Südwesten Frankreichs belegt die Zerstörung durch Waldbrände. Seit dem 12. Juli mussten Zehntausende Menschen ihre Häuser und Sommerurlaubsorte verlassen.
Abgebrannter Kiefernwald in Frankreich: Die Böden sind staubtrocken, die Temperaturen sinken seit Wochen nicht. Diese Luftaufnahme aus Pyla Sur Mer im Südwesten Frankreichs belegt die Zerstörung durch Waldbrände. Seit dem 12. Juli mussten Zehntausende Menschen ihre Häuser und Sommerurlaubsorte verlassen. © Uncredited/Service Communication-Protocole SDIS 33 via AP/dpa - | Uncredited/Service Communication-Protocole SDIS 33 via AP/dpa -
In den Monts d'Arrée in der Bretagne helfen Landwirte mit im Kampf gegen die Flammen. Sie bringen mit ihren Traktoren Wassertanks zum Löschen herbei.
In den Monts d'Arrée in der Bretagne helfen Landwirte mit im Kampf gegen die Flammen. Sie bringen mit ihren Traktoren Wassertanks zum Löschen herbei. © LOIC VENANCE / AFP | LOIC VENANCE / AFP
Brand in Griechenland: Ein Feuer greift auf ein halbfertiges Wohnhaus in Pallini, nördlich von Athen, über. Die griechische Regierung stellt Hubschrauber und Löschflugzeuge zur Verfügung, um ein Ausbreiten der Waldbrände zu verhindern.
Brand in Griechenland: Ein Feuer greift auf ein halbfertiges Wohnhaus in Pallini, nördlich von Athen, über. Die griechische Regierung stellt Hubschrauber und Löschflugzeuge zur Verfügung, um ein Ausbreiten der Waldbrände zu verhindern. © Aris Oikonomou / AFP | Aris Oikonomou / AFP
Auch Deutschland ächzt unter Temperaturen bis zu 40 Grad: Manche Ladenbesitzer wie hier im bayerischen Regensburg schlossen vorsorglich die Geschäfte.
Auch Deutschland ächzt unter Temperaturen bis zu 40 Grad: Manche Ladenbesitzer wie hier im bayerischen Regensburg schlossen vorsorglich die Geschäfte. © Armin Weigel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Armin Weigel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Obdachlose in der Hitzewelle: Helferinnen und Helfer verteilen in Hamburg Wassermelone und kalte Getränke an Wohnungslose.
Obdachlose in der Hitzewelle: Helferinnen und Helfer verteilen in Hamburg Wassermelone und kalte Getränke an Wohnungslose. © Marcus Brandt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Marcus Brandt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Allerding haben die Firefighter Frankreichs in den letzten Jahren an Boden gewonnen. Die Zahl der Brandherde ist zwar keineswegs rückläufig, wohl aber die Gesamtfläche zerstörten Landes. Der Grund sind die verkürzten Warnzeiten. Wird ein Brandherd gemeldet, von Bewohnern, Feuerspähern auf Hochsitzen oder durch das von der EU mitfinanzierte Satelliten-Überwachungssystem "Fuego", sind die ersten Feuerwehrleute im Schnitt schon 20 Minuten später vor Ort. Schnelle Reaktion und massiver Eingriff lautet die seit der Jahrtausendwende geltende Taktik.

Frankreich hat größte Flotte von "Wasserbombern"

Gerade wenn starker Wind herrscht, verfahren die Einsatzzentralen nach dem Motto "Klotzen, nicht kleckern". Umgehend werden, falls verfügbar, doppelt so viele Löschzüge in Marsch gesetzt wie noch vor zwei Jahrzehnten und auch wassertragende Flugzeuge werden inzwischen sofort angefordert. Früher wartete man, bis die ersten beim Brand eintreffenden Feuerwehrleute einen Lagebericht durchgaben. Die aktuelle Methode, so heißt es, sei nicht nur effizienter, sie koste unter dem Strich auch weniger Geld.

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Insbesondere dank des raschen Einsatzes der "Wasserbomber" – Frankreich unterhält die größte, ständig einsatzbereite Flotte solcher Flugzeuge in Europa - können zahlreiche Brände gelöscht werden, bevor sie sich richtig ausbreiten. Doch die "fliegende Feuerwehr" braucht für ihre Missionen Tageslicht. Nachts hat sie Startverbot. Leider haben das mittlerweile auch die Brandstifter verinnerlicht. Fast alle Brände der letzten Wochen brachen zwischen 23 Uhr und 3 Uhr aus. Die Großfeuer bei Bordeaux, von denen eines höchstwahrscheinlich von einem überhitzenden Kleintransporter ausgelöst wurde, stellen in dieser Hinsicht keine Ausnahme dar.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.