Berlin. Die Trockenheit sorgt in Italien für knappes Wasser und Probleme bei der Produktion. In Deutschland könnten manche Produkte ausbleiben.

Seit Mai kämpft Italien gegen anhaltende Hitzewellen und eine historische Trockenheit. Der Wasserpegel des 650 Kilometer langen Flusses Po ist Umweltforschenden zufolge so tief wie selten zuvor. Das Resultat: Trinkwasserknappheit, Großbrände, Produktionsschwierigkeiten für Bauern in der Flussregion, ein von der Regierung ausgerufener Dürrenotstand. Nun könnte auch Deutschland von den Folgen der italienischen Trockenheit betroffen sein.

Etwa ein Drittel der italienischen Agrarproduktion findet in der Region um den Po statt, wo gerade die schlimmste Dürre seit 70 Jahren herrscht. Gerade erst hat die Regierung in fünf der norditalienischen Regionen um den Fluss den Notstand ausgerufen. Allein in Mailand haben die Behörden rund 100 Springbrunnen ausgeschaltet, um Wasser zu sparen. Verona und Pisa schränken bis Ende August den privaten Trinkwasserverbrauch ein.

Unmittelbare Besserung könnte nur Regen bringen. Doch bis dahin trifft die Situation vor allem die Bauern und Viehzüchterinnen in der Gegend schwer.

Italien: Deutschland ist wichtigster Parmesan-Abnehmer

So berichten mehrere Landwirte gegenüber ausländischen Medien, sie fürchteten um ihre Weizen-, Mais- oder Tomatenernte. Viehzüchter Simone Minelli erklärte dem US-amerikanischen Nachrichtensender "CNN", er habe weder genug Wasser für die Trinkwasserversorgung seiner Milchkühe noch für die Bewässerung der Sojafelder, auf denen eigentlich ihr Futter wachsen soll. Ein Problem, das sich nun auf deutsche Supermarktregale auswirken könnte.

Ein Mann geht im ausgetrockneten Flussbett des Po spazieren.
Ein Mann geht im ausgetrockneten Flussbett des Po spazieren. © dpa

Denn Landwirte wie Minelli verdienen ihr Geld mit der Produktion von Parmigiano Reggiano, in Deutschland besser bekannt als Parmesankäse. Deutschland ist Statistiken zufolge der wichtigste Abnehmer des italienischen Hartkäses, kein anderes Land importiert so viel davon. Sinkt die Parmesan-Produktion in Italien, könnte der Käse auch bei Aldi, Lidl, Rewe und Co. knapp werden.

Es wäre nicht das erste Mal, dass sich die italienischen Exporte auf Deutschland auswirken würden. Zuvor hatte es bereits Sorge gegeben, dass italienische Dosentomaten teurer werden würden, weil die Ernten zurückgehen.

Italien: Landwirte könnten Standards für Parmesan nicht einhalten

Der fehlende Niederschlag im Winter, die ausbleibende Schneeschmelze in der Folge und der trockene Frühling haben in der Region um den Po nun dazu geführt, dass der Fluss sein Rekordtief erreichen könnte. Satellitenbilder der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) zeigen allein zwischen Juni 2020 und Juni 2022 eine extreme Veränderung des Flussbettes. Für die Landwirtschaft hat das existenzielle Folgen.

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Wie Minelli "CNN" erklärt, müsse jede seine Kühe zwischen 100 und 150 Litern Wasser trinken, um genügend Milch für die Parmesanproduktion zu produzieren. Trinken die Tiere nicht ausreichend oder haben durch die Hitze eine zu hohe Körpertemperatur, erfüllt die Milch die Standards für die Käseproduktion nicht. Dabei soll Minelli gemeinsam mit 20 anderen Landwirten aus der Gegend jährlich eigentlich 52.000 Räder Parmesan herstellen.

Mit großer Sorge beobachte Minelli daher jeden Tag den Wasserpegel des Po, erzählt er dem Sender. "Wenn du nicht genug Futter für deine Tiere hast, musst du den Bestand reduzieren", sagt der Milchbauer. Wie genau er die Herde dann verkleinern müsse, erklärt er nicht.

Italien: Dürre ist Folge des Klimawandels

Der Klimawandel betrifft alle, doch dass er einige Regionen zunächst stärker trifft, zeigt die aktuelle Dürre in Südeuropa: Die Trockenheit in Italien, Spanien und Portugal sei das Resultat einer durch den Klimawandel ausgelösten Veränderung im Azoren-Hochdruckgebiet, schreiben Geoforschende in einer Studie aus dem Fachmagazin "Nature Geoscience".

Die Niederschläge im Winter seien demnach "lebenswichtig" für die ökologische und wirtschaftliche Situation in der Gegend. Doch bereits im Winter beklagten Spanien und Portugal eine extreme Dürre. Auch andere Forschende hatten die Mittelmeer-Region in der Vergangenheit als "Hotspot der Klimakrise" bezeichnet, weil sie über die Maße von Hitzewellen, ausbleibenden Niederschlägen, höheren Temperaturen und Dürren betroffen ist.

Die konkreten Folgen der Wetterverhältnisse zeichnen sich in Italien deutlich ab: Die Bauern der Regionen riskieren ihre Existenzen, die Länder haben Schwierigkeiten beim Export. Auch im Ausland machen sich die Konsequenzen bemerkbar: Waldbrände machen den Tourismus für Reisende unattraktiv, Produkte aus der Region werden knapp.

Dürre schon im Winter auf der iberischen Halbinsel

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    Klima-Experte: Situation "kann nur schlimmer werden"

    Am Fluss Po kommt nun zudem eine weitere Herausforderung hinzu: Salzwasser aus der Adria ist inzwischen so weit ins Innenland vorgedrungen, dass das süße Flusswasser zu salzig und für die Bewässerung nicht mehr nutzbar ist. Sinkt der Wasserpegel weiter, drinkt auch das Meerwasser weiter vor.

    "Ich bin gewöhnlich nie ein Pessimist oder Alarmist, aber dieses Mal müssen wir alarmistisch sein", sagt Massimiliano Fazzini gegenüber "CNN". Er ist Leiter der Abteilung für Klimarisiken der Italienischen Gesellschaft für Umweltgeologie. "Die Situation ist kritisch und kann nur schlimmer werden", warnt er. Angesichts der gegenwärtigen Situation eine besorgniserregende Aussicht. (reba)

    Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.