Rom. Italien schiebt dem Massentourismus einen Riegel vor. Die beliebtesten Gegenden beschränken den Zugang. Urlauber müssen sich umstellen.

  • Italien gehört zu den beliebtesten Urlaubsländern der Welt
  • Jedes Jahr wird das Land von Millionen Menschen besucht, doch das hat seine Schattenseiten
  • Während der Urlaub in Italien stetig beliebter wird, leidet das Land unter dem Massentourismus

Touristen sind für italienische Ortschaften Fluch und Segen zugleich. Sie spülen einerseits Geld in die Kassen, sorgen andererseits aber auch dafür, dass der Alltag zur chaotischen Hölle wird. In diesem Sommer des Tourismus-Neustarts nach zwei Jahren Pandemie schieben viele Gemeinden dem Massentourismus nun den Riegel vor. Lesen Sie hier: Urlaub in Italien - Wer diesen Fehler begeht, verliert viel Geld.

Den Ton geben die traumhaften Äolischen Inseln nördlich von Sizilien an. Auf der Vulkaninsel Stromboli und auf dem bei Promis beliebten Eiland Panarea dürfen maximal 100 Touristen pro Schiff vom Festland und von Sizilien aus landen. Die Maßnahme gilt bis zum 15. September. Ziel ist, die Zahl der Tagestouristen auf den beiden idyllischen Kleininseln zu reduzieren.

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    „Zum einen wollen wir Besuchern von überall her die Möglichkeit bieten, unsere Inseln zu besichtigen, die die Natur Sizilien und der ganzen Welt geschenkt hat. Zum anderen haben wir die Pflicht, das empfindliche Ökosystems dieser Insel schützen“, betont der Bürgermeister der beiden Inseln, Riccardo Gullo, während er die Urlauber beobachtet, die scharenweise aus dem Traghetto, der Wasserfähre aus Sizilien, strömen.

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    Die Kontingentierung der Touristen wurde auch aus Sicherheitsgründen beschlossen. Vulkanausbrüche auf Stromboli sind keine Seltenheit. Eine zu hohe Anzahl an Touristen könnte im Fall einer Explosion zu Evakuierungsproblemen führen.

    Vulkanausbrüche wie der des Stromboli-Vulkans locken viele Touristen an.
    Vulkanausbrüche wie der des Stromboli-Vulkans locken viele Touristen an. © Reuters | Handout

    Oft genügen wenige Fotos auf Instagram, um eine geheime, paradiesische Ecke zum Pilgerort für Horden von Naturhungrigen zu machen. Ein Beispiel ist der Ort S’Ogliu Ermanu im Herzen Sardiniens, der wegen seiner natürlichen Wasserbecken inmitten eines dichten Waldes bei Wanderern besonders beliebt ist. Nachdem in den vergangen Wochen auf sozialen Netzwerken bezaubernde Fotos gepostet wurden, belagerten Scharen von Touristen die Gegend.

    Zu viele für die Gemeinde Ussassai, die den Zugang zu dem Natur-Ort jetzt eingeschränkt hat. Allein am vergangenen Wochenende seien rund 300 Menschen am Tag mit verschiedenen Reisebegleitern dorthin gekommen, klagt Bürgermeister Francesco Usai. Es sei „undenkbar“, dass das vier mal vier Meter große Becken mit kristallklarem Wasser, das Teil eines zerbrechlichen Ökosystems und nur über einen kleinen Pfad zu erreichen sei, diese Massen an Menschen verkraften könne.

    Die Ausflugstouren würden das Gebiet verwüsten, und die Touristen blieben nicht einmal für einen Kaffee, sodass kein Geld in die Kassen der Gemeinde fließe, das man zur Instandhaltung benötige, beschwerte sich der Bürgermeister. Ein Touranbieter stoppte die Ausflüge bereits. Abriegeln kann Usai das Gebiet nicht. Per Anordnung verschärfte er aber die Verhaltensregeln. Wer dagegen verstößt, dem droht eine Strafe von bis zu 500 Euro. Mehr zum Thema: Italien: Touristen sind von Anblick des Gardasees geschockt

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    Auch ein Platz an der Sonne ist in diesem Sommer mit seinen tropischen Temperaturen an den Stränden der Adria schwer zu erobern. Wegen des Massenansturms von Touristen ist der Zugang zum renommierten Strand von Sirolo in der mittelitalienischen Adria-Region Marke nur dann möglich, wenn man auf der Website www.turismosirolo.it oder über die kostenlose Anwendung für Smartphones und Tablets spiagge.it bucht. Wer sich nicht an die Regeln hält muss mit einem Bußgeld zwischen 25 und 500 Euro rechnen.

    Städte wie Venedig leiden unter dem Massentourismus.
    Städte wie Venedig leiden unter dem Massentourismus. © Andrew Medichini/AP/dpa

    Diese Entscheidung wurde aus ökologischen und sicherheitstechnischen Gründen getroffen, liest man auf dem Tourismusportal der Gemeinde. „Wir müssen die Zahl der Badegäste im Voraus festlegen, um das kommunale Katastrophenschutzsystem an die tatsächlichen Bedürfnisse einer Evakuierung/Rettung in Notfällen anzupassen“, heißt es.

    Massentourismus wie in den Zeiten vor der Pandemie erlebt auch Venedig. An Ferragosto, dem Fest von Mariä-Himmelfahrt und Höhepunkt der Urlaubszeit am 15. August, tummelten sich fast 100.000 Touristen trotz afrikanischer Hitze in den Gassen der Lagunenstadt, darunter 75.000 Ausländer.

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    Dies wird aber nun für Tagestouristen der letzte Sommer ohne Eintrittsgeld sein, das ab 2023 eingeführt wird. Vorgesehen ist dann die Onlinebuchung für alle Touristen, die von außerhalb der Region Venetien in die Stadt kommen, dort aber nicht übernachten wollen. Je nachdem, an welchem Tag Venedig besucht wird, sind zwischen drei und zehn Euro zu zahlen.

    Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.