Hamburg/Unterföhring. Jörg Pilawa steht nach gut 20 Jahren bei der ARD vor einem Wechsel zur privaten Konkurrenz. Der Abgang ist für den Moderator riskant.

Ein „Riesenverlust“ sei der Abschied des beliebten Moderators für die ARD, sogar von einem „Tiefschlag“ war die Rede: Als Jörg Pilawa, der gut gekleidete Showkönig mit dem graublonden Wuschelkopf und dem charmanten norddeutschen Zungenschlag, das Erste vor zwölf Jahren Richtung ZDF verließ, weinte sein alter Sender dem verlorenen Sohn öffentlich hinterher.

Doch der Unterhaltungsfachmann, der beim ZDF nie richtig glücklich wurde, bereute seinen Entschluss: Nur drei Jahre später kehrte er zur ARD zurück. Nun wird die Ehe zwischen dem prominenten Talk- und Quizonkel und seinem langjährigen Arbeitgeber erneut geschieden.

Der Norddeutsche Rundfunk gab am Donnerstag die Trennung bekannt. „Natürlich geht man nach so einer so langen und intensiven Zeit auch mit Wehmut“, sagte der 56-Jährige laut Sender-Mitteilung. Mehr zum Thema:Jörg Pilawa ist mehr als nur ein Quizshow-Moderator

Jörg Pilawa – das neue Gesicht von Sat.1

Er wird laut „Bild“-Zeitung ab dem Frühjahr ein neues Format für Sat.1 moderieren. Sendersprecher Christoph Körfer erklärt auf Anfrage: „An Personal-Spekulationen beteiligen wir uns nicht. Fakt ist: Jörg Pilawa ist eine TV-Legende, die jedem Sender gut steht.“

Sat.1-Chef Daniel Rosemann (41) will den lange schwächelnden Kanal bis zum 40-jährigen Jubiläum im Jahr 2024 wieder „zu alter Stärke“ führen, wie er unlängst vollmundig ankündigte. Pilawa scheint zu diesem Plan zu passen.

Begehrter Mann: Sat.1 will Jörg Pilawa, hier in der ARD-„Silvestershow“, zu einem neuen Gesicht des Senders aufbauen.
Begehrter Mann: Sat.1 will Jörg Pilawa, hier in der ARD-„Silvestershow“, zu einem neuen Gesicht des Senders aufbauen. © picture alliance / dpa | Tom Weller

Der gebürtige Hamburger, der seine berufliche Zukunft gegenüber unserer Redaktion nicht kommentieren wollte, kennt Sat.1 gut. In den 90ern präsentierte er dort einen täglichen Nachmittagstalk sowie die Sportsendung „ran“. 2001 ging er zur ARD und avancierte bei den Öffentlich-Rechtlichen zur Allzweckwaffe, die in ihrer TV-Laufbahn durch mehr als 60 Formate führte.

Laufen der ARD die Zugpferde weg?

Der Goldene-Kamera-Preisträger wäre der nächste namhafte Abgang zum Privatfernsehen, den die ARD in letzter Zeit zu verkraften hat. Ex-„Tagesschau“-Sprecherin Linda Zervakis (46) moderiert mit dem ehemaligen „Sportschau“-Mann Matthias Opdenhövel (51) auf dem Sat.1-Schwesternsender ProSieben eine wöchentliche Liveshow, Ex-„Tagesthemen“-Frau Pinar Atalay (43) führt seit dem vergangenen Jahr durch die RTL-Nachrichten – genauso wie Jan Hofer (69), der 35 Jahre lang in der „Tagesschau“ zu sehen war. Auch interessant:Linda Zervakis: „Tagesschau“-Sprecherin mit neuem Podcast

Laufen der ARD die Zugpferde weg? „Bei allem Respekt“, ätzte Sat.1-Nachrichtensprecher Marc Bator (49) vor wenigen Monaten in einem Interview, „muss sich die ARD auch mal hinterfragen, ob ihre Bezahlung und die Flexibilität in der Ausgestaltung der Dienstverträge noch zeitgemäß sind“. Auch Bator arbeitete früher fürs Erste. Promis

„Mehr Präsenz und mehr Geld“ – mit diesen Argumenten konnte Sat.1 Pilawa überzeugen, mutmaßt das Branchenportal DWDL. Pilawa war auf dem Bildschirm zuletzt nicht mehr so gegenwärtig wie früher. Statt in großen Primetime-Shows aufzutreten, darf er Fragen vorlesen: Pilawa moderiert vor allem das „Quizduell“ und scheiterte 2021 mit einer Neuauflage von „Das Quiz“ im Nachmittagsprogramm. Lesen Sie hier:„Das Quiz mit Jörg Pilawa“: Wiederauflage nach zehn Jahren

Johannes B. Kerner erklärte Sat.1 zum Fehler

Der vierfache Vater, dem auch eine Produktionsfirma und eine kanadische Insel gehören, ist bekannt für seinen Geschäftssinn. „Ich habe schon zu Schulzeiten fünf Tage die Woche gearbeitet“, erzählte Pilawa einst im Gespräch mit unserer Redaktion. „Ich kam abends um zehn nach Hause.“

Allerdings kann sein Vertrag noch so lukrativ sein – der Senderwechsel ist für Pilawa riskant. Als er damals zum ZDF ging, sollte er den von Sat.1 abgeworbenen Johannes B. Kerner (57) ersetzen. Die Quoten von dessen neuer Talkshow waren derart mies, dass die Sendung bald wieder abgesetzt wurde. „Es war ein Fehler, zu Sat.1 zu gehen“, gestand Kerner später.

Jörg Pilawa dürfte hoffen, dass ihm die Zuschauer schon folgen werden.