Berlin. Hoteliers und Anwohner von Mallorca sind seit Jahren entsetzt über den Partytourismus. Nun wagen sie einen ungewöhnlichen Schritt.

Nach dem Brand auf Mallorca, den deutsche Partytouristen ausgelöst haben sollen, herrscht auch über die Grenzen der beliebten Urlaubsinsel hinweg noch Fassungslosigkeit über die Zustände dort. Neu ist das Problem rücksichtsloser Saufexzesse aber nicht. Deshalb planen Anwohner und Hoteliers der Baleareninsel nun ein Twitter-Konto, auf dem einschlägige Fotos und Videos hochgeladen werden sollen, um die Missstände anzuprangern.

Alkoholisierte Touristenhorden, Müll, zu wenig Polizei - ein Problem, das Einheimische auf Mallorca seit Jahren anprangern. Besonders schwierig ist die Lage in Party-Hochburgen wie El Arenal. Die Plattform "Por una Playa de Palma Cívica" ("Für eine zivilisierte Playa de Palma"), die bereits 2017 entstand und während der Corona-Pandemie etwas einschlief, will den Sauftourismus auf Mallorca durch eingeschickte Fotos und Videos via Twitter sichtbar machen, wie die "Mallorca Zeitung" berichtet.

Mallorca: Twitter-Konto PdPcivica prangert Sauftourismus an

Auf dem neu errichteten Twitterkonto @PdPcivica soll es beispielsweise um das Aufzeigen von Gesetzesverstößen gehen: Der Verkauf von Alkohol sei an der Playa de Palma nach 21.30 Uhr verboten, zitiert das Blatt José Antonio Fernández de Alarcón, Vizepräsident des Hotelierverbands in der Region. Doch viele Läden verstießen dagegen. "Viele Fehltritte lassen sich einfach dokumentieren", sagte er.

Noch ist der Twitter-Account nicht mit Tweets bestückt, doch dies soll sich in den kommenden Tagen ändern. Was für Bilder konkret zu sehen sein werden, ob darauf auch Personen abgebildet sind - das ist unklar. Beteiligt sind an der Initiative verschiedene Verbände, wie "Mallorca Diario" schreibt. So zählen neben dem Hotelierverband Playa de Palma mehrere Nachbarschaftsverbände und eine Plattform gegen Krimininalität dazu.

Nur wenige Tage nach dem Brand sorgten in der vergangenen Woche erneut deutsche Touristen auf der Baleareninsel für Negativschlagzeilen: Zwei Männer wurden wegen des Verdachts der Vergewaltigung einer 22-Jährigen festgenommen. Ihnen wird vorgeworfen, die ebenfalls aus Deutschland stammende Frau in einem Hotel in El Arenal zu sexuellen Handlungen gezwungen zu haben.

So wurde Mallorca zur beliebten deutschen Partyinsel

In den 1970er Jahren öffneten immer mehr Clubs und Kneipen ihre Türen an der Playa de Palma. Der exzessive Partytourismus begann auf Mallorca dann gegen Ende des vergangenen Jahrtausends: Zahlreiche deutsche Schlagerstars siedelten sich auf der Baleareninsel an, Praktiken wie das mittlerweile verbotene "Eimersaufen" etablierten sich, 1993 schlugen zwei Bundestagsabgeordnete vor, Mallorca für 50 Milliarden Mark zu kaufen. Inselgastronom Juan Ferrer bot im "Köpi" als erster importiertes deutsches Fassbier an, der Carrer de Miquel Pellisa wurde in "Bierstraße" umgetauft.

2014 wurden schließlich erste Benimmregeln auf Mallorca eingeführt, die beispielsweise Regulierungen zu öffentlichem Alkoholkonsum und dem Tragen von Badekleidung außerhalb von Stränden und Schwimmbädern vorsahen. 2016 schlossen sich Hoteliers und Gastronomie dann zur Initiative "Palma Beach" zusammen, die dem Partytourismus den Kampf ansagte und stattdessen Qualitätstourismus bewarb.

Hotelierverband schon 2018 für Veröffentlichung von Fotos

Die Stimmen gegen ausufernde Saufgelage wurden in den vergangenen Jahren stetig lauter. Schon 2018 forderte der nun in der Initiative aktive Hotelierverband-Vizepräsident Fernandez: "Wir würden es sehr begrüßen, wenn Bilder von festgenommenen, betrunkenen Urlaubern in den Medien zu sehen wären. Verhaftet sie, verhängt Strafen, weist sie aus! Wir wollen sie nicht."

(raer/mit dpa/afp)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.