Berlin/Palma. Spanien führt eine wichtige Änderung ein, um die Sicherheit beim Fliegen zu erhöhen. Auch Flüge nach Mallorca könnten betroffen sein.

Sie mischen sich in Zivil unter die Flugpassagiere, sind bewaffnet und im Anti-Terror-Kampf ausgebildet: bewaffnete Flugsicherheitsbegleiter, die in den USA auch "Air Marshals" genannt werden. Sie sollen an Bord die Sicherheit gewährleisten und Entführungen sowie Terroranschläge verhindern. Nun stellt auch das Urlaubsland Spanien eine spezielle Polizeieinheit vor, die auf nationalen wie internationalen Flügen für mehr Schutz sorgen soll.

Mallorca: Spanien will zusätzliche Sicherheit auf bestimmten Flugrouten

Die Beamten, die der spanischen Polizeieinheit Guardia Civil angehören, werden aber nicht auf allen Flugrouten an Bord sein, sondern nur auf ausgewählten Strecken, teilte die spanische Regierung mit. Dabei stünden besonders Flüge im Vordergrund, die als besonders gefährdet eingestuft werden, wie es etwa bei Verbindungen mit dem Nahen Osten der Fall ist.

Nach Angaben einer Regierungssprecherin können die fliegenden Anti-Terror-Polizisten aber zum Beispiel auch in Flugzeugen Richtung Mallorca oder anderen spanischen Ferienzielen eingesetzt werden. "Eine größere Sicherheit in den Flügen bedeutet zugleich ein besserer Service für die Urlauber, die uns jedes Jahr besuchen."

"Air Marshals" greifen nur im Ernstfall ein

Die Luftsicherheitsbegleiter seien aber nicht dafür zuständig, bei Streitigkeiten, rüpelhaftem Benehmen oder betrunkenen Passagieren einzugreifen, heißt es. Wenigstens solang nicht, wie keine Gefahr für die Flugsicherheit bestehe. Alkoholisierte oder streitlustige Passagiere sorgen auch auf Ferienflügen immer mal wieder für Konflikte. Lesen Sie auch: Mallorca: Liebesbetrüger zockten auch deutsche Frauen ab

Die ersten spanischen Flugzeugbeamten sind bereits seit einigen Monaten probeweise im Einsatz. Doch erst jetzt wurde die neue Spezialeinheit offiziell der Öffentlichkeit präsentiert. Anlass war eine Konferenz des globalen Air-Marshal-Verbundes (International In-Flight Security Officer Committee) in der Mallorca-Hauptstadt Palma.

Seit dem 11. September 2001 wurde die Flugsicherheit weltweit verschärft

In den USA sind die „air marshals“ bereits seit 60 Jahren in der Luft unterwegs. Nach den Terroranschlägen mit entführten Flugzeugen am 11. September 2001, bei denen in den USA 3000 Menschen starben, wurde in Amerika wie in europäischen Staaten die Sicherheit ausgebaut. Auch in Deutschland, Österreich oder der Schweiz sind seitdem verstärkt Flugsicherheitsbegleiter im Einsatz.

Nach offiziellen Angaben setzte Spanien die fliegende Sondereinheit erstmals diesen Sommer vor und während des Nato-Gipfels ein. Der Gipfel, an dem auch US-Präsident Joe Biden teilnahm, fand Ende Juni in der spanischen Hauptstadt Madrid unter maximalen Sicherheitsvorkehrungen statt.

Die Flugzeugschützer seien speziell ausgebildet im Nahkampf, im taktischen Vorgehen, in Verhandlungsführung mit potenziellen Kidnappern und auch in medizinischer Hilfe, erklärt die Polizei in einer Mitteilung. Zudem würden sie in Flugsimulatoren ausgebildet, damit sie im Notfall und mithilfe des Kontrollturms ein Flugzeug steuern könnten.

Auf einem Video, das vom spanischen Innenministerium verbreitet wurde, sieht man, wie die Beamten den Ernstfall trainieren. Sie lernen, auf engstem Raum mutmaßliche Angreifer unschädlich zu machen. Und zwar möglichst ohne Waffeneinsatz, der in einem voll besetzten Flugzeug ein erhöhtes Risiko darstellt.

Spanien will mit den "Air Marshals" weitere Terroranschläge verhindern

Spanien blieb in den vergangenen fünf Jahren von Terroranschlägen und Flugzeugentführungen verschont. 2017 wurde die touristische Hochburg Barcelona von einem Attentat erschüttert: Damals raste ein islamistischer Kamikaze-Fahrer mit einem Lieferwagen durch eine beliebte Fußgängerzone und tötete 15 Menschen, unter den Opfern befanden sich viele ausländische Urlauber.

Die letzte Flugzeugentführung im spanischen Luftraum ereignete sich vor 15 Jahren: 2007 kidnappte ein Mauretanier eine Maschine, die von der mauretanischen Hauptstadt Nouakchott mit 74 Passagieren nach Gran Canaria unterwegs war. Die Entführung endete unblutig: Nach der Landung auf Gran Canaria gelang es Besatzungsmitgliedern und Passagieren, den Kidnapper zu überwältigen.

Noch weiter zurück liegen zwei Entführungen, die Mallorca-Flüge betrafen: 1995 wurde ein französischer Jet mit 282 Insassen auf der Strecke Palma-Paris entführt. Die Maschine landete schließlich auf dem Genfer Airport. Dort konnte der Kidnapper, der die spanische Staatsangehörigkeit besaß, festgenommen werden.

Ein weiteres Kidnapping-Drama auf einer Mallorca-Verbindung ereignete sich 1977, als ein italienischer Staatsbürger einen Flug von Barcelona Richtung Palma in seine Gewalt brachte und nach Zürich umdirigierte. Auch in diesem Fall konnte der Mann nach der Landung überwältigt werden.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.