Paris. Nachdem ein Lehrer bei Paris brutal getötet wurde, spricht Präsident Emmanuel Macron von „islamistischem Terror.“ Frankreich trauert.

In der Nähe von Paris ist am späten Freitagnachmittag ein Mann enthauptet worden. Das Opfer soll in Conflans-Sainte-Honorine nordwestlich von Paris auf offener Straße angegriffen worden sein. Der Angreifer soll nach der Tat „Allahu Akbar“ (Gott ist groß) gerufen haben. Laut Staatspräsident Emmanuel Macron war die Attacke ein islamistischer Terroranschlag. Das sagte er kurz nach der Tat in der Nähe des Tatorts.

Terror: Geschichtslehrer zeigte Mohammed-Karikaturen – und wird ermordet

Bei dem Opfer soll es sich nach Polizeiangaben zufolge um einen Geschichtslehrer handeln, der seinen Schülern im Rahmen seines Unterrichts über Meinungsfreiheit die Mohammed-Karikaturen gezeigt hatte. Die Polizei war nach Ermittlerangaben zu der Schule in dem Ort nordwestlich der französischen Hauptstadt gerufen worden, weil Augenzeugen einen Verdächtigen in der Nähe beobachtet hatten. Als die Beamten vor Ort eintrafen, fanden sie die Leiche des Lehrers.

Staatspräsident Emmanuel Macron traf am späten Freitagabend am Tatort in einem Pariser Vorort ein. Wie der TV-Nachrichtensender BFMTV und andere Medien am Freitagabend berichteten, wurde der 42-Jährige von Bildungsminister Jean-Michel Blanquer und der Beigeordneten Ministerin im Innenministerium, Marlène Schiappa, begleitet.

Von unserem Korrespondenten: Bestialische Bluttat erschüttert ganz Frankreich

Paris: Mann geköpft – Polizei erschießt den 18-jährigen Täter

Bei dem Angreifer handelt es sich um einen 18-jährigen Russe tschetschenischer Herkunft. Er war in Frankreich bislang nicht wegen Radikalisierung erfasst worden. Allerdings war der 18-Jährige der Polizei wegen krimineller Delikte bekannt, für die er jedoch nicht verurteilt wurde, wie die Staatsanwaltschaft am Samstag mitteilte. Nach Angaben der russischen Botschaft hatte der in Moskau geborene Angreifer keine Beziehungen zu Russland, da er seit zwölf Jahren in Frankreich gelebt habe.

Der junge Mann hatte den Angaben zufolge kurz nach der Tat ein Foto des abgetrennten Kopfes seines Opfers beim Kurzbotschaftendienst Twitter veröffentlicht und Macron als „Anführer der Ungläubigen“ bezeichnet. Der mit einer Stichwaffe bewaffnete Täter bedrohte die Polizisten, die ihn dann auf dem Gebiet der benachbarten Stadt Eragny anschossen und dabei töteten. Aus Angst vor einer Sprengstoffweste sei der Umkreis abgesperrt worden, Sprengstoffexperten wurden hinzugezogen.

Polizisten versperren den Zugang der Schule, an der der ermordete Lehrer unterrichtet hatte. Sie befindet sich in einem Vorort von Paris.
Polizisten versperren den Zugang der Schule, an der der ermordete Lehrer unterrichtet hatte. Sie befindet sich in einem Vorort von Paris. © AFP | BERTRAND GUAY

Mehrere Festnahmen nach brutalem Angriff

Die Eltern, der Großvater und der jüngere Bruder des mutmaßlichen Täters wurden in der Nacht von Freitag auf Samstag in Gewahrsam genommen. Später wurden nach Angaben aus Gerichtskreisen zunächst fünf weitere Menschen festgenommen, darunter der Vater eines Schülers, der sich mit dem Lehrer über dessen Unterricht gestritten haben soll.

Unter den Menschen, die in Gewahrsam genommen wurden, befindet sich Ermittlerkreisen zufolge außerdem ein islamistischer Aktivist. Er soll zusammen mit dem festgenommenen Vater die Entlassung des Lehrers beantragt haben. Am Samstagabend gab es eine weitere Festnahme.

Krisenkabinett mit Staatschef Emmanuel Macron

Die Anti-Terror-Staatsanwaltschaft ermittelt den Angaben zufolge wegen „Mordes in Verbindung mit einem terroristischen Unternehmen“ und wegen einer „kriminellen terroristischen Vereinigung“. Am Abend tagte ein Krisenkabinett in Anwesenheit von Staatschef Emmanuel Macron im Innenministerium. Anschließend besuchte Macron den Tatort.

Die Nationalversammlung unterbrach ihre Sitzung, gedachte des Opfers und verurteilte den „abscheulichen Anschlag“. Innenminister Gérard Darmanin kündigte einen Krisenstab mit Präsident Emmanuel Macron und Premierminister Jean Castex an.

Nach Enthauptung von Lehrer: Solidaritätskundgebungen in ganz Frankreich erwartet

Für Sonntag sind in ganz Frankreich Solidaritätskundgebungen angekündigt. Vertreter von Parteien, Verbänden und Gewerkschaften versammeln sich um 15.00 Uhr in Paris und zahlreichen weiteren Städten, darunter Lyon, Toulouse, Straßburg, Nantes, Marseille, Lille und Bordeaux. Die Satire-Zeitung „Charlie Hebdo“, deren Redaktion selbst 2015 von Islamisten angegriffen wurde, schloss sich dem Kundgebungsaufruf in Paris an.

Am Eingang der Schule, wo der ermordete Lehrer arbeitete, liegen unzählige Blumen und Kerzen.
Am Eingang der Schule, wo der ermordete Lehrer arbeitete, liegen unzählige Blumen und Kerzen. © AFP | BERTRAND GUAY

Die Kundgebung wird auf der Place de la Republique abgehalten, wo 2015 bereits rund 1,5 Millionen Menschen ihre Anteilnahme nach dem Anschlag auf „Charlie Hebdo“ mit zwölf Toten ausgedrückt hatten. In Conflans-Sainte-Honorine, wo sich die Tat am Freitag abspielte, gedachten bereits am Samstag tausende Menschen des getöteten Lehrers. Viele hielten Schilder mit den Worten „Je suis instit“ oder „Je suis enseignant“ („Ich bin Lehrer“) in Anlehnung an den weitverbreiteten Spruch „Je suis Charlie“ nach dem Anschlag auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“ hoch.

Frankreich wird seit Jahren von islamistischen Anschlägen erschüttert – dabei starben mehr als 250 Menschen. Erst vor einigen Wochen hatte es vor dem ehemaligen Redaktionsgebäudes des Satiremagazins „Charlie Hebdo“ eine Messerattacke gegeben. Im Januar 2015 hatten Islamisten einen Anschlag auf die „Charlie Hebdo“-Redaktion in Paris verübt und dabei zwölf Menschen getötet. (bef/jb/dpa/afp)