Dinslaken/Florida. Auf OnlyFans präsentieren sich Michael Wendler und Laura Müller. Wie eine Porno-Plattform zum letzten Versuch von C-Promis wurde.

  • Michael Wendler ist in die Schwurbler-Ecke abgeboben und hat viele seiner Jobs verloren
  • Das dürfte enorme finanzielle Auswirkungen haben
  • Nun ziehen er und Ehefrau Laura Müller auf OnlyFans blank. Doch unser Autor findet: User schauen vor allem ins Nichts

Michael Wendler ist mit seinen 49 Jahren nicht mehr jung. Aber er braucht offenbar das Geld. Und da kommt die Jugend seiner Ehefrau Laura Müller (21) ins Spiel. Sie dient als Lockvogel für eine neue Einnahmequelle des strauchelnden Schlagersängers: Das Paar vertickt auf der teilpornografischen Plattform OnlyFans Abonnements. Vom Star bis zum Nobody kann dort jeder Clips einstellen, die nur Abonnenten ansehen können.

Was die „Fans“ dafür zahlen sollen, ist frei wählbar. OnlyFans fängt meist da an, wo Instagram und Facebook aufhören: Viele zeigen handfeste hausgemachte Pornos. „Private und hautnahe Schnappschüsse“ kündigte Laura Müller an – für 35 Euro im Monat.

Michael Wendler: Peinlichkeiten sind keine Ausnahme

Wenn es um Peinlichkeiten geht, hat Wendler eine gewisse Kompromisslosigkeit bewiesen. Auch das ist ein Modell beim harten Kampf um die Ressource Aufmerksamkeit. Problem bei dem Dinslakener war: Es war selbst unter großen Anstrengungen nicht möglich, ihn zu mögen. So sagte er mit geschwollener Brust nach seinem freiwilligen Abgang aus dem Dschungelcamp 2014: „Leute, ich geh' wieder rein, das wäre doch die Sensation für Deutschland.“

Der Absturz des Wendlers

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    Als sei er John Lennon, der die Idee hatte, auf dem Hausdach noch einmal ein Beatles-Konzert zu geben. Ihm fehlt jener Abstand zu sich selbst, den Witz und Selbstironie brauchen, um gedeihen können. Und so sind die bisher 54 Beiträge (einige sind wieder gelöscht) des Paares bei OnlyFans vor allem eines: spaßfrei.

    Laura Müller buhlt mit Po um „Trinkgeld“

    Das Prinzip: Müller setzt ihren Körper und da besonders ihren Po in Szene und buhlt um „Trinkgeld“. So nennt sich eine Extra-Überweisung, die Abonnenten neben dem Festpreis ihrem Star als Motivations-Booster zukommen lassen, wenn ihnen etwas gefällt.

    Aktuell sendet Müller „feuchte und heiße Grüße aus Florida“. In einem Minivideo steigt sie im knappen Badeanzug über eine Leiter aus dem Wasser auf ein Motorboot. Im Mittelpunkt steht hierbei, man ahnt es, ihr Po. Dafür gab es bis Montagabend magere 93 Likes und 29 Dollar Trinkgeld.

    104 Likes erntet ein Bild, auf dem Müller sich komplett nackt auf ein Bett drapiert, ein Fenster mit Meerblick im Hintergrund. Der nächste Clip zeigt das Paar im Großmarkt beim Hundefutter-Einkauf. Die beiden wohnen schon länger in den USA – Michael Wendler unterstreicht das mit einem Stars-and-Stripes-Shirt.

    Glamour geht anders: Wendler und Müller filmen sich beim Tierfutter-Kauf

    Müller versucht, ihrer Aufgabe in einem gelben Schlauchkleid gerecht zu werden, schiebt den Einkaufswagen und sagt Sätze wie „Ein großer Laden mit schönen Sachen“. Mehr Glamour als ein Großmarkt im Gewerbegebiet Dinslaken-Süd hat auch ein Tierbedarfshandel in Florida nicht. Immerhin ist draußen das Wetter besser. An anderer Stelle zieht Müller sich zu einem Song aus „50 Shades of Grey“ die Schuhe an, als habe sie das nicht zum ersten Mal gemacht.

    Wem das die Stimmung hebt, der bekommt beim nächsten Clip die kalte Dusche. Wendler zeigt sich in Großaufnahme und ist mit Müller in einer Pizzeria, „in der Nähe meiner Heimat Fort Myers“, sagt er. Wendler fühlt sich also als Amerikaner, Dinslaken hat er wohl für immer hinter sich gelassen. Er bestellt seine Pizza, „not so dark brown“, sagt er. Müller ordert Bruschetta und spricht das eher unitalienisch aus. 10 Euro Trinkgeld schlägt sie für den Clip vor. Man kann nur hoffen, dass sie ihrer freundlichen Bedienung mindestens ebenso viel „Tip“ geben.

    Wendler und Müller: veraltete Rollenklischees

    Es wird kopflastig. In einem Posting denkt Müller nach, und zwar darüber, ob sie nackt in den Pool springt. Sie spielt Verstecken („8, 9, 10, ich komme“). Dann sucht Laura Müller etwas im Auto. Es geht wohl weniger darum, es wirklich zu finden, als um ihre enge Lederhose.

    Vielleicht war unter den 22 Menschen, die den Weihnachtsclip liken – auch hier trägt Müller pflichtbewusst etwas Knappes, Enges – jemand, der geseufzt hat: „Ach der Wendler, der hat es gut.“ Denn Müller sagt nun etwas, was man seit den Waschmittelwerbungen der 50er kaum noch hört. „Morgen ist es endlich so weit. Dann heißt es für mich: Kochen, Kochen, Kochen. Ich liebe es, meinen Mann zu verwöhnen.“

    Zur Speerspitze der Frauenbewegung macht sie sich damit nicht, aber Freiheit bedeutet, auch solche Sätze sagen zu dürfen. Und schließlich gibt es eine neue Chanel-Tasche vom Gatten.

    Irgendwann überkommt einen eine gewisse Traurigkeit, als wenn man sich Edward-Hopper-Bilder anschaut. Der Künstler hat die Verlorenheit des Einzelnen in der modernen Zivilisation, in einem anonymen Amerika eingefangen: Menschen in Hotels, Diners, Büros.

    Wendlers betreiben OnlyFans-Account ohne Konzept

    Und so irren die Wendlers durch ein Niemandsland, in dem sie nur in dem Moment interessieren, in dem sie eine Pizza bestellen oder Hundefutter bezahlen. Sie wirken zweisam einsam an Nicht-Orten wie ihrem Vorort-Fertighaus, dem Highway, dem Großmarkt. Sie haben sich nichts mitzuteilen – und anderen auch nicht.

    Sie haben kein Konzept, weder für ihren OnlyFans-Auftritt noch für ihr Leben. Außer der Idee, dass Müller den „Fans“ Geld abknöpfen will wie eine Stripperin, und das, ohne die Kunst des Striptease zu beherrschen.

    Ob ihre Reise nun in die Pornografie führt, ist schwer zu sagen. 35 Dollar im Monat wird auf Dauer wohl niemand für die gezeigten Banalitäten zahlen. Der Lebensstil lässt immerhin auf gewisse Rücklagen schließen. Die Wendlers haben sich ein Grundstück an einer Lagune gekauft und preisen das als große Überraschung für die Fans an.

    „Das wäre es für heute, ihr könnt euch ja denken, was noch folgen wird“, sagt Michael Wendler und versucht so, die Abonnenten bei Laune zu halten. Sein jugendliches Ass im Ärmel, Laura, wieder im knappem Stretchkleid, springt derweil über die Wiese. In diesem Moment erscheint sie wie ein unbedarftes Lamm, das bald zur Schlachtung geführt wird.

    Abo-Plattform OnlyFans zählt seit 2016 rund 130 Millionen Nutzer

    OnlyFans ist 2016 an den Start gegangen. Zwei Millionen Menschen teilen dort Clips und Fotos mit rund 130 Millionen Nutzern, in der Pandemie stieg sowohl die Zahl der Anbieter von Inhalten als auch die der Abonnenten sprunghaft an. Für Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen ist die Plattform eine Chance, unabhängig von Studios oder Zuhältern zu arbeiten, die Arbeitsbedingungen selbst zu gestalten und den Partner selbst auszusuchen.

    Manche belohnen so auch treue Abonnenten, indem sie sie vor der Kamera mitwirken lassen. Allerdings konkurrieren die Erotik-Profis auch mit Unmengen Amateuren und mit Prominenten. So nahm Schauspielerin Bella Thorne („Midnight Sun“) 2020 an einem Tag eine Million Euro ein – mit Unterwäschefotos.

    Dieser Artikel ist zuerst auf morgenpost.de erschienen.