Berlin. Benedikt XVI. korrigiert Aussage zum Missbrauchsskandal. Fehler sei ein Versehen. Muss Kardinal Ratzinger einen Papsttitel aufgeben?

Im Münchner Missbrauchsskandal hat der emeritierte Papst Benedikt XVI. eine Falschaussage eingeräumt und sich am Montag korrigiert. Der damalige Kardinal Joseph Ratzinger nahm – anders als zunächst behauptet – am 15. Januar 1980 doch an einer Sitzung teil, bei der über die Einstellung eines pädophilen Priesters entschieden wurde.

Der Priester soll vielfach Jungen missbraucht haben und wurde damals aus Nordrhein-Westfalen nach Bayern versetzt. Es ist nicht irgendein Fall. Er macht 370 Seiten des insgesamt mehr als 1700 Seiten starken Gutachtens über den Missbrauchsskandal aus.

Benedikt: "Nicht aus böser Absicht"

Ratzingers Behauptung, er sei bei der Sitzung gar nicht dabei gewesen, war angreifbar. Zum einen war sein Fehlen bei der Ordinariatssitzung nicht vermerkt worden. Zum anderen wird er im Protokoll sogar zitiert.

Nun erklärte Benedikt XVI laut "Vatican News", seine erste Aussage tue ihm "sehr leid". Der Fehler sei Folge eines Versehens bei der redaktionellen Bearbeitung seiner Stellungnahme und "nicht aus böser Absicht heraus geschehen".

Lesen Sie auch: Missbrauch in der katholischen Kirche: Eine schwere Schuld

Zur Sitzung selber sagte der 94-Jährige, man habe damals lediglich der Bitte entsprochen, dem Mann „während seiner therapeutischen Behandlung in München Unterkunft zu ermöglichen“. Über einen seelsorgerlichen Einsatz sei nicht entschieden worden.

Benedikt soll seinen Papsttitel aufgeben

Schon vor seiner Korrektur hatte die katholische Reformbewegung „Maria 2.0“ ihn aufgefordert, seinen päpstlichen Namen abzulegen. „Wir erwarten, dass Joseph Ratzinger in Anbetracht dessen auf die Verwendung seines päpstlichen Namens sowie seiner damit verbundenen Titel und Insignien verzichtet“, teilte die feministische Initiative mit. Er habe den sexuellen Missbrauch Minderjähriger „auf geradezu dreiste Weise verharmlost“.

Ein Gutachten war zum Ergebnis gekommen,dass Fälle von sexuellem Missbrauch in der Diözese München über Jahrzehnte nicht angemessen behandelt worden seien. Auch der Münchner Kardinal Reinhard Marx wird massiv kritisiert. Benedikts Rolle ist besonders brisant. Ihm werden vier Fälle von Fehlverhalten angelastet. Im Klartext: Dass er zu wenig zur Aufklärung und zum Schutz der Opfer unternommen hat.

Gutachtet belastet Erzbistum München schwer

Insgesamt ergaben sich laut dem Gutachten für das Münchner Erzbistum bei 235 von 261 untersuchten Mitarbeitern der Kirche Hinweise auf sexuell missbräuchliche Verhaltensweisen. Davon waren 173 Priester. Die Studie geht von 497 Opfern aus – 247 davon männlich und 182 weiblich. In 68 weiteren Fällen sei eine zuverlässige Zuordnung nicht möglich gewesen. 60 Prozent der männlichen Opfer waren zwischen acht und 14 Jahre alt.

Lesen Sie auch: Missbrauch belastet Papst Benedikt schwer