Monaco. Fürst Albert will neue Superreiche anlocken. Für sie entsteht in Monaco ein Luxusviertel. Von Umweltschützern gibt es harte Kritik.

Mit 156 Metern Länge nahm die maßgeschneiderte 500-Millionen-Dollar-Yacht Dilbar gefühlt fast den ganzen Hafen von Monaco ein. Weil ihr Besitzer, der kremltreue Oligarch Alisher Usmanov, mit EU-Sanktionen belegt wurde, konnte die Yacht im Frühjahr in Hamburg beschlagnahmt werden.

Keine Frage, die reichen Russen hinterlassen eine Lücke im Fürstentum. 749 Staatsbürger des weltgrößten Landes haben einen festen Wohnsitz in Monaco, dem zweitkleinsten Staat der Welt. „Nur eine Handvoll sind von den Sanktionen betroffen“, beteuert Fürst Albert in der „Financial Times“.

Oligarchen weg – Fürst Albert sucht neue Superreiche

Während mancher französische Kellner an der Côte d’Azur Russen nur naserümpfend bediente, wurden sie in Monaco hofiert. Es gab russische Musikwochen und Russischkurse für die Verkäufer im Carré d’Or, dem Luxusgeschäftsviertel rund ums Casino Monte Carlo.

Das Formel-1-Rennen Grand Prix von Monaco ist jedes Jahr im Mai ein Großereignis. Im Bild: der Casinoplatz, rechts neben der Spielbank befindet sich das Hotel de Paris.
Das Formel-1-Rennen Grand Prix von Monaco ist jedes Jahr im Mai ein Großereignis. Im Bild: der Casinoplatz, rechts neben der Spielbank befindet sich das Hotel de Paris. © dpa | David Davies

„Jeder scheint sich auf unsere russischen Einwohner zu stürzen“, sagt der Fürst nun. „In der Vergangenheit schien es okay, russisches Geld zu akzeptieren. Der Fokus von Monaco liegt nun darin, andere Nationalitäten anzuziehen.“ Lesen Sie auch: Fürst Albert äußert sich zu Charlènes Gesundheit

Monacos überhitzter Immobilienmarkt: 50.000 Dollar pro Quadratmeter

Sollte kein Problem sein. Neben 300 Sonnentagen im Jahr lockt nach wie vor der Umstand, dass, wer sich zu den 38.000 Residenten zählen darf, keine Einkommenssteuer zahlen muss, es sei denn, er ist Franzose. Andererseits musste das Land Zugeständnisse beim Bankgeheimnis machen. Superreiche schrecken jedoch nicht die 50.000 Dollar pro Quadratmeter als vielmehr die Enge der wenigen verfügbaren Apartments.

Neues Stadtviertel 2025 bezugsfertig

In Monte Carlo, dessen Hochhäuser meist in den 70er- und 80er-Jahren entstanden sind, leben die rund 12.000 Millionäre beengt wie anderswo Studenten. Doch noch mehr Häuser lassen sich nicht quetschen in die 2,1 Quadratkilometer zwischen Mittelmeer und Seealpen.

Fürst Albert, hier mit Fürstin Charlène, engagiert sich für Umweltschutz. Nach Eigenaussage öffnete ihm eine Nordpolexpedition die Augen.
Fürst Albert, hier mit Fürstin Charlène, engagiert sich für Umweltschutz. Nach Eigenaussage öffnete ihm eine Nordpolexpedition die Augen. © AFP | CLEMENT MAHOUDEAU

Wie gut, dass das 2,5-Milliarden-Dollar-Projekt Mareterra trotz Pandemie pünktlich 2025 fertig wird. Vor der Küste Monte Carlos wird hier mit 430.000 Tonnen Sand ein neues Sechs-Hektar-Stadtviertel aufgeschüttet.

Landgewinnung sei „ökofreundlich“

Das Fürstentum gewinnt dadurch 3 Prozent mehr Fläche – das schafft außer vielleicht Singapur kaum ein Land ohne kriegerische Eroberungen. 15 Luxuswohnhäuser (ein Drei-Schlafzimmer-Apartment kostet 45 Millionen Dollar), werden hier hochgezogen, 14 Villen (ab 150 Millionen Dollar), ein Shopping-Center, ein Park, 165 Parkplätze, ein eigener Yachthafen.

Das gigantische Projekt solle beweisen, „dass Landgewinnung ökofreundlich sein kann“, so der Fürst. Alles lässt sich in Monaco kaufen, auch ein grüner Anstrich. So wurden 510 Quadratmeter geschütztes Seegras verpflanzt, Muscheln umgesiedelt, künstliche Riffe angelegt, auf der Insel selber werden 800 Bäume gepflanzt, mit Insektenhotels und Vogelnestern (mietfrei!) wird um tierische Mitbewohner gebuhlt. Rund 100 Ladestationen stehen für die vom Fürsten so subventionierten Elektroautos zur Verfügung.

„Ökologischer Wahnsinn“

Heile Welt Monaco: Fürstin Charlène verteilt Weihnachtsgeschenke.
Heile Welt Monaco: Fürstin Charlène verteilt Weihnachtsgeschenke. © Getty Images | PLS Pool

Also alles im grünen Bereich? Nicht ganz. Die Umweltorganisation Aspona aus dem französischen Nachbarort Roquebrune hält solche Symbolhandlungen für „Greenwashing“, wie sie auf Anfrage mitteilt. „Für uns ist das ein städtebauliche rund ökologischer Wahnsinn“, sagt Präsident Frédérique Lorenzi.

Das Seegras könne im turbulenteren Meer nicht anschlagen, Muscheln seien eingegangen: „Man kann nicht Tonnen Sand und Beton ins Meer schütten und ernsthaft glauben, das hätte keinen Effekt.“

Gefahr für die Fischbrut

Monaco entziehe sich öffentlichen, unabhängigen Überprüfungen. „Die Publikationen, die das Fürstentum über die angebliche Nachhaltigkeit verbreitet, sind lächerlich.“

Das Fürstentum weigere sich, internationale Abkommen zu unterzeichnen und kläre das Nachbarland Frankreich oder das nahe Italien nicht darüber auf, welchen Einfluss Mareterra auf die deren Küsten habe. So würden starke Wellen nun umgeleitet auf den Nachbarstrand von Roquebrune – Gefahr für Fisch-Brutstätten, die nur in sanfter Strömung bestehen könnten. Dies hätten unabhängige Untersuchungen der Universitäten von Nizza und Genua ergeben, so Umweltaktivist Lorenzi.

„Das Schlimmste: Sie (die Verantwortlichen in Monaco) ermutigen andere Staaten oder Territorien, ihrem Beispiel zu folgen.“ Einer Bitte dieser Redaktion um ein Gespräch kam das Pressebüro des Palastes nicht nach.

Neue futuristische Hochhäuser

Immerhin sieht der Fürst ein, dass sich nicht grenzenlos aufschütten lässt, irgendwann werde das Meer zu tief. Aber wohin expandieren? Unterirdisch durchzieht Monaco schon ein Netz aus Tunneln und Fahrstühlen und Einkaufszentren und Parkgaragen. Der gesamte Bahnhof ist unter Tage.

Bleibt nur noch die Vertikale. Testimonio II heißt der futuristische, organisch geformte Wohnkomplex mit zwei 30-Etagen-Türmen, den der monegassische Architekt Alexandre Giraldi 2024 fertigstellen will. Zu dem Komplex gehört auch das Bay House mit direktem Anschluss an die Internationale Schule, die hier einziehen wird. Auf dem Dach gibt es bald ein Novum in Europa.

Monaco baut Villen auf Hausdächern

Nachdem in den 80er-Jahren die letzten Ein-Familien-Villen aus der Belle Époque in Monaco abgerissen wurden, entstehen hier fünf frei stehende Villen mit 250 bis 1000 Quadratmetern Grundstücksfläche. Zu haben sind sie ab 100 Millionen Dollar. Dafür verfügen sie über private Dachterrassen und einen eigenen Pool.

Land der Glückseligen: Weihnachtsmann im Palasthof.
Land der Glückseligen: Weihnachtsmann im Palasthof. © Getty Images | PLS Pool

Für die neuen Bewohner soll ganz Monaco „smart“ vernetzt werden. Das 5G-Netz ist dank eines Deals mit China und Huawei schon vorbildlich. Erst im Februar hatte Fürst Albert Präsident Xi Jinping besucht. Beide betonten die „freundschaftliche Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen“. Wer braucht da noch die Russen?