Berlin. Dänemark lässt 17 Millionen Nerze töten. Eine mutierte Form des Coronavirus hat sich dort von Tieren auf mehrere Menschen übertragen.

In Dänemark leben deutlich mehr Nerze als Dänen. Gezüchtet werden sie wegen ihres Felles für die Bekleidungsindustrie. Mit etwa 17 Millionen Nerzen auf rund 1200 Farmen ist Dänemark der größte Produzent von Nerzfellen. Doch dieser Industrie droht nun ein (vorläufiges) Ende – wegen Corona.

Bei den Tieren sei zum Teil eine mutierte Form des Coronavirus gefunden worden, die auch auf den Menschen übertragbar sei, sagte Regierungschefin Mette Frederiksen. Dabei handelt es sich um eine Mutation, die entstehen kann, wenn das Coronavirus von Menschen auf Nerze übertragen wird, sich in den Tierbeständen ausbreitet – und dann wieder Menschen infiziert.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilte am Samstag mit, dass bisher aus sechs Ländern infizierte Nerze gemeldet wurden. Sars-CoV-2 in Nerzen sei in Dänemark, den Niederlanden, Italien, Spanien, Schweden und den USA nachgewiesen worden, erklärte die WHO. Großbritannien erließ am Samstag ein Einreiseverbot für Dänen.

Nerzfarmen: Zwölf Menschen mit mutiertem Coronavirus infiziert

Mit einer Ausnahme sind die weltweit beobachteten Coronaviren in Nerzen laut der WHO weitgehend „ähnlich“ zu anderen verbreiteten Varianten von Sars-CoV-2. Lediglich die „Cluster 5“ genannte Mutation des Virus in Dänemark sei besorgniserregend. Die Virusmutation „Cluster 5“ sei bisher noch nicht beobachtet worden, teilte die WHO mit.

Gefunden wurde die Mutation „Cluster 5“ bisher in fünf dänischen Nerzfarmen. Zwölf Menschen im Norden Jütlands haben sich nachweislich mit dem mutierten Virus infiziert. Bei der „Cluster 5“ genannten Mutation des Virus in Dänemark sind laut der WHO mögliche Auswirkungen auf die Diagnostik, Therapien und die Wirksamkeit von Impfstoffen hingegen weitgehend unerforscht und „noch nicht gut verstanden“. Die Symptome der mit dem mutierten Virus infizierten Personen seien jedoch nicht schlimmer als bei anderen Corona-Patienten.

Auch andere Pelztiere wie Marderhunde als Überträger beobachten

Thomas Mettenleiter, Präsident Friedrich-Loeffler-Instituts in Greifswald, hält den Einfluss einer solchen Mutation auf die Impfstoffforschung allerdings für überschaubar. „Man fängt keinesfalls bei Null an. Man müsste Impfstoffe dann etwas anpassen. Aber die Grundprinzipien bleiben natürlich gleich. Von daher ist das jetzt eine Variante, die macht das Ganze nicht einfacher, aber sie ist jetzt auch nicht die Oberkatastrophe“, sagte Mettenleiter unserer Redaktion.

Er rät, neben Nerzen nun auch andere Pelztiere als mögliche Überträger zu beobachten, unter anderem auf Marderhunde. „Wir konnten bei Experimenten zeigen, dass auch Marderhunde für diesen Erreger empfänglich sind und ihn sehr effizient weitergeben können.“ Bei gängigen Haustieren brauche man hingegen kein Ansteckungsrisiko für den Menschen befürchten. Es seien zwar einige Infektionsfälle bei Hunden und Katzen bekannt, aber keine von ihnen ausgehende Infektionsketten.

Dänemark tötet rund 17 Millionen Nerze

Die Schlachtung der Tiere solle „so bald wie möglich“ beginnen, sagte der dänische Polizeichef Thorkild Fogde. Er räumte jedoch ein, dass dies bei 15 bis 17 Millionen Nerzen in mehr als tausend Farmen „ein sehr großes Unterfangen“ sei.

In Dänemark gibt es rund 17 Millionen Nerze – sie werden wegen ihres Felles für die Bekleidungsindustrie gezüchtet.
In Dänemark gibt es rund 17 Millionen Nerze – sie werden wegen ihres Felles für die Bekleidungsindustrie gezüchtet. © dpa | Mads Claus Rasmussen

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Das Coronavirus Sars-CoV-2 wurde in 207 dänischen Nerzfarmen nachgewiesen. Nachdem Dänemark vor zwei Wochen in einem ersten Anlauf versucht hatte, die Ausbreitung des Virus zwischen den Nerzfarmen zu stoppen und dafür die Tötung von 4 Millionen Tieren angeordnet hatte, wird die jetzige Radikalmaßnahme mit der Tötung von rund 17 Millionen Tieren nach Einschätzung von Landwirtschaftsminister Mogens Jensen die Nerzwirtschaft für Jahre zum Erliegen bringen.

Nerze mit mutiertem Coronavirus infiziert – 280.000 Dänen sollen zu Hause bleiben

Um eine weitere Ausbreitung der mutierten Form des Coronavirus zu vermeiden, wurden im Nordwesten Dänemarks außerdem scharfe Sicherheitsmaßnahmen angeordnet. „Ab heute Nacht sind Bürger in sieben Gemeinden Nord-Jütlands dringend aufgerufen, in ihrer Region zu bleiben, um die Ausbreitung der Infektion zu verhindern“, sagte Ministerpräsidentin Mette Frederiksen bei einer Pressekonferenz.

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Betroffen sind demnach mehr als 280.000 Menschen. „Die Augen der Welt sind auf uns gerichtet“, so Frederiksen am vergangenen Donnerstag. Es handele sich um eine „wirkliche Absperrung“ der Region. Dänen und ausländische Besucher wurden aufgerufen, dem Gebiet fernzubleiben, in dem Restaurants und Bars ab Samstag geschlossen bleiben sollen. Züge und Busse sollen nicht mehr die Grenzen zu den Regionen überqueren. Zudem sei es notwendig, alle Nerze zu keulen, so Frederiksen.

Keine besonderen Maßnahmen in Deutschland

Für die Pandemie-Bekämpfung in Deutschland hat das Auftauchen der neuen Coronavirus-Variante in Dänemark zunächst keine Folgen. Hierzulande gebe es keine Nerzfarmen, die Haltung der Tiere als Pelztiere sei verboten, erklärte das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) der Deutschen Presse-Agentur. „Besondere Schutzmaßnahmen sind daher momentan nicht angezeigt.“

Für eine fundierte Einschätzung der Lage in Dänemark fehle es derzeit noch an Informationen, hieß es vom FLI weiter. „Die Situation sollte natürlich weiter beobachtet werden, mit der Tötung der empfänglichen Nerze sollte die Infektionsquelle für Kontaktpersonen (betreuendes Personal) getilgt sein.“ Die Gefahr einer neuen Pandemiewelle bestehe

(mit dpa und afp)