Berlin. Die Galaxy S21 bringen neben Fort- auch Rückschritte. Die teuren Geräte sind teils magerer als im Vorjahr ausgestattet. Der Praxistest.

Samsungs Schritt kann man mutig nennen. Oder riskant. Es kommt selten vor, dass Smartphonehersteller ein neues Flaggschiff präsentieren, das stellenweise weniger gut ausgestattet ist als der ein Jahr alte Vorgänger. Die bundes- wie weltweit meistverkaufte Smartphonemarke geht diesen Schritt gleich bei zwei ihrer drei Galaxy-S21-Modelle, die kommende Woche in den Handel kommen.

Hintergrund: S21 - Samsungs neues Smartphone kommt mit Stift

Was sollte man vor dem Kauf zur Haptik, Leistung und den Kameras der neuen Samsung wissen? Für wen eignet sich welches Modell? Und sind die – nur leicht gesunkenen – Oberklasse-Preise gerechtfertigt? Der Praxistest gibt Auskunft.

Samsung Galaxy S21-Reihe: Keine Top-Ausstattung für kleine Hände

Beim Auspacken und Herausnehmen der drei neuen S21-Modelle wird schnell klar: Potenzielle Kunden und Kundinnen mit kleineren Händen werden Samsung-typisch wohl nur zum kleinsten Modell greifen können – und damit erneut Abstriche bei der Ausstattung hinnehmen müssen.

Die Einsteigerversion liegt mit kompakten 6,2 Zoll angenehm und leicht in der Hand. Der glänzende Metallrahmen sieht wie bei den Schwestermodellen hochwertig aus. Auch die durchweg neuen Matt-Farbtöne auf der Rückseite sind gelungen und weniger anfällig für Fingerabdrücke.

Allerdings wischen Käufer des kleinen Modells über eine Rückseite aus gehärtetem Polycarbonat, um nicht zu sagen: Plastik. Die edlere Rückseite aus verbessertem Gorilla-Glas bleibt Käufern des S21+ und S21 Ultra vorbehalten. Optisch fast kein Unterschied, haptisch schon. Bei einem 850-Euro-Smartphone dürfen Käufer hochwertiges Material erwarten.

Abseits davon ist die Verarbeitung durch die Reihe gewohnt hervorragend. Der Übergang vom Glasdisplay zum Rahmen: einwandfrei. Und auf der Rückseite schmiegt sich das neu designte Kameramodul ansehnlich in den Rahmen. Kameralinsen stehen bauartbedingt ohnehin hervor. Warum dann sie dann nicht als Designelement betonen? Gelungen!

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Das Design der neuen Galaxy-S21-Smartphones von Samsung kann im Test überzeugen.
Das Design der neuen Galaxy-S21-Smartphones von Samsung kann im Test überzeugen. © Samsung | Samsung

Zwei S21-Modelle mit weniger Pixel: Merkt man das?

Geschmackssache bleiben die – dezenter als zuvor – abgerundeten Displaykanten des Ultra. Die kleineren Modelle besitzen nun flache Bildschirme. Das hat Vorteile beim Betrachten aus schrägem Winkel, bei Texten auf Webseiten und es verhindert Fehleingaben am Rand. Im S21 und S21+ hat Samsung die Auflösung seiner AMOLED-Displays herabgesetzt auf Full-HD-Plus (2.400 x 1.080 Pixel). Einzig das Ultra behält seine WQHD-Auflösung (3.200 x 1.440 Pixel) bei.

Merkt man den Rückschritt in der Praxis? Normalanwender mutmaßlich nicht. Unschöne Pixelbereiche sind nicht zu sehen. Die Darstellung wirkt durchweg scharf, die Farben knackig, die Kontraste stimmen. Bilder erstrahlen in realistischen Farben, Youtube-Videos überzeugen auch in hoher Auflösung. Die maximale Helligkeit ist erneut exzellent.

Doppelt so gut wie neue iPhones: Hier überzeugen die Samsung S21

Wichtiger für das Nutzererlebnis: Alle drei Displays lassen das Scrollen auf Webseiten, das Wischen durch Menüs und das Spielen dank bis zu 120 Hertz Bildwiederholrate zum Vergnügen werden. Hier hat Samsung die Nase vorn im Vergleich mit den 12er-iPhones, die nur 60 Hertz erlauben. In welchem Maß die geringere Auflösung zu mehr Akkulaufzeit beiträgt, lässt sich ohne Laborwerte kaum beurteilen.

Eine größere Rolle für mehr Ausdauer dürfte Samsungs neuer Prozessor Exynos 2100 spielen. Er soll energieeffizienter werkeln und so trotz höherer Leistung Akku sparen. Die Leistungswerte beim Test mit einer Benchmark-App deuten zumindest darauf hin, dass Käufer in Europa keine Nachteile mehr gegenüber dem Qualcomm Snapdragon befürchten müssen, der in Übersee verbaut ist. Im ersten Praxistest bewältigte der Exynos Alltagsaufgaben bravourös.

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Ladetempo keine Spitzenklasse

Käufer der beiden teureren Modelle dürften mit vollem Akku auch bei starker Beanspruchung locker über ein bis zwei Tage kommen. Das S21+ verfügt statt 4500 nun über 4800 Milliamperestunden (mAh), was fast an den üppigen Akku des Ultra (5000 mAh) heranreicht. Der handlichen Größe geschuldet müssen sich Besitzer des S21 mit 4000 mAh begnügen. Dieses musste auch im Praxistest entsprechend früher an die Steckdose.

Apropos: Geneigte Käufer sollten vorab nachsehen, ob in der Schublade noch ein Netzteil mit USB-C-Anschluss liegt. In den nun flacheren Kartons der S21-Geräte liegt, wie von Samsung angekündigt, erstmals keines mehr bei. Wer eines besitzt oder für rund 35 Euro beim Hersteller dazukauft, lädt sein S21 in rund 30 Minuten zur Hälfte und in rund 90 Minuten vollständig auf. Hersteller wie Oneplus mit doppelt so schneller Ladezeit geben hier ein besseres Bild ab.

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    Zoom-Freiheit: S21 Ultra dominiert Kameravergleich klar

    Was uns zur Kamera führt. Die Smartphone-Linsen Zoom-Objektive waren stets ein Kaufargument für Samsungs Vorzeige-Trio. Wer darauf vertraut, wird auch dieses Jahr nicht enttäuscht. Das kostspielige S21 Ultra liefert in der Praxis mit seinen vier Kameralinsen und einem Laser-Autofokus erwartungsgemäß die besten Ergebnisse und muss sich 2021 sicher nicht verstecken.

    Das Schwergewicht ist unterwegs besonders flexibel. Denn es stellt dank zweier Tele-Linsen mit je dreifach und zehnfach optischem Zoom Vergrößerungen in guter Qualität dar. Der extreme „Space Zoom“ mit 100-facher Vergrößerung ist eine nette Spielerei, bringt aber im Alltag kaum brauchbare Fotos. Die 40-Megapixel-Frontkamera liefert gestochen scharfe Selfies mit viel Details.

    Kamera-Software nimmt Einsteiger an die Hand

    Die beiden Schwestermodelle teilen die gleichen Dreifach-Kamera. Sie produziert bei Tageslicht sehr gute Bilder und verhindert dank Bildstabilisator wirksam Wackler in Videos. Der Nachtmodus kann erneut bei schwacher Beleuchtung überzeugen. Softwareseitig nimmt die Samsung-Kamera Anfänger jetzt besser an die Hand und bietet Profis noch mehr Möglichkeiten, sofern man in die Menüs eintaucht.

    Das Entsperren klappt dank vergrößertem Ultraschall-Fingerabdrucksensor blitzschnell und zuverlässig. Gesichtserkennung ist ebenfalls möglich. Am tadellosen Klang der Stereolautsprecher ist wie im Vorjahr nichts auszusetzen. Sie unterstützen bei entsprechenden Inhalten auch Surround Sound mit Dolby Atmos.

    Wie gut die neu ermöglichte Stifteingabe auf dem Display des Ultra klappt, bleibt offen. Der S-Pen lag den Testexemplaren nicht bei. Das S21-Trio kommt ab Werk mit dem aktuellen Android 11 und soll mindestens die drei kommenden Versionen als Update erhalten.

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    Fazit: Lohnt der Umstieg auf Samsungs S21-Modelle?

    Insgesamt zeigt sich die S21-Reihe zur Vorgängerserie behutsam verbessert, vor allem in puncto Kamerasoftware und Prozessor-Effizienz. Die Abstriche bei Material (S21) und Display (S21 und S21+) sind in dieser Preisklasse fragwürdig, aber im Alltag kein echter Nachteil. Besitzer müssen aber nur in seltenen Fällen umsteigen. Wünschenswert wären künftig auch einmal handliche Modelle ohne deutliche Abstriche. Konkurrent Apple hat das beim iPhone 12 und 12 Mini vorgemacht.

    Wer Wert legt auf aktuelle Topausstattung und eine Spitzenkamera mit vielseitigen Zoomstufen, der sollte das teure wie schwere Ultra in Betracht ziehen. Zwischen rund 850 und 1250 Euro ruft Samsung zum Marktstart für die S21 auf. Wer warten kann, bekommt die S-Modelle erfahrungsgemäß in einigen Monaten etwa 20 bis 30 Prozent günstiger.