In Südfrankreich und dem italienischen Grenzgebiet haben schwere Unwetter Überschwemmungen ausgelöst. Auch Deutsche werden vermisst.

  • Nach schweren Unwettern in Südfrankreich und Norditalien werden mehrere Menschen vermisst
  • In Italien sind zwei Menschen gestorben, darunter ein Feuerwehrmann
  • Zwei zunächst vermisste Deutsche konnten mit ihren Enkeln in Sicherheit gebracht werden
  • Sintflutartige Regenfälle haben schwerste Überschwemmungen verursacht
  • Einige Dörfer in der Umgebung von Nizza sind von der Außenwelt abgeschnitten

Nizza. Nach schweren Unwettern und Überschwemmungen in der Region der südfranzösischen Metropole Nizza sowie in den angrenzenden Regionen in Italien werden noch mindestens zehn Menschen vermisst. Zwei zunächst vermisste Deutsche und ihre beiden in Italien lebenden Enkel konnten nach Angaben der Behörden zusammen mit 17 weiteren Menschen in Sicherheit gebracht werden.

Helfer entdeckten die 21 Vermissten in der Nähe des Tenda-Passes im Hinterland der Côte d’Azur, wie eine Sprecherin des italienischen Zivilschutzes am Samstagabend mitteilte. Französische Feuerwehrleute berichteten, die Gruppe sei am Freitagabend in der Nähe eines Tunnels von zwei Erdrutschen auf der Straße blockiert worden. Sie habe im alten Bahnhof von Viévola Unterschlupf gefunden und sei von dort am Samstag mit Hubschraubern nach Italien gebracht worden.

Unwetter in Frankreich und Italien: Wassermassen reißen ganze Häuser fort

Zahlreiche Häuser wurden im Hinterland der französischen Côte d’Azur und in der italienischen Region Piemont von den Wassermassen weggerissen, ganze Dörfer von der Außenwelt abgeschnitten. Bewohner werden mit Wasser und Lebensmitteln versorgt. Zur Hilfe werde auch die Armee eingesetzt, so Premierminister Jean Castex.

Allein in der Gegend um Nizza in Südfrankreich wurden laut Castex am Samstag noch acht Menschen vermisst, zehn weitere galten als möglicherweise vermisst. Von „vielen weiteren Menschen sind wir ohne Nachrichten“, fügte er nach einem Besuch der Überschwemmungsgebiete hinzu. Zu den Vermissten zählten unter anderem zwei ältere Bewohner der rund 50 Kilometer nördlich von Nizza gelegenen Gemeinde Roquebillière, deren Haus von den Fluten mitgerissen wurde.

Unwetter in Südfrankreich: In Saint-Martin-Vesubie ist ein ganzes Haus von den Wassermassen weggerissen worden.
Unwetter in Südfrankreich: In Saint-Martin-Vesubie ist ein ganzes Haus von den Wassermassen weggerissen worden. © dpa | VALERY HACHE

Hochwasser in Region Nizza richten große Zerstörung an

In dem Ort wurde auch eine Brücke vom Fluss Vésubie weggerissen ebenso wie ein Campingplatz, Häuser wurden zerstört oder unterspült, wie AFP-Reporter berichteten.

Nach Angaben von Premierminister Castex fielen in einigen betroffenen Gebieten binnen weniger Stunden bis zu 50 Zentimeter Regen – so viel wie noch nie seit Beginn der Messungen. Die Schäden in mehreren betroffenen Gemeinden seien „beeindruckend“, sagte er.

Überschwemmungen: Mehrere Dörfer von der Außenwelt abgeschnitten

Dutzende Menschen wurden nach Feuerwehrangaben vor den Überschwemmungen in Sicherheit gebracht. Ein Vertreter der Präfektur Alpes-Maritimes sprach von einer „noch nie dagewesenen Lage“, große Gebiete seien von Überschwemmungen betroffen und mehrere Dörfer von der Außenwelt abgeschnitten.

In der Region waren laut dem Netzbetreiber Enedis tausende Haushalte ohne Strom. Massive Störungen gab es auch im Telefonnetz.

Suche nach Vermissten nach schweren Unwettern in Südfrankreich

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    An mehreren Orten drohten Erdrutsche, so dass viele Straßen gesperrt blieben. Am rund zehn Kilometer von Bollène-la Vésubie entfernten Turini-Pass mussten mehrere Feuerwehrautos warten, bevor sie in das Katastrophengebiet weiterfahren konnten, wie ein AFP-Korrespondent beobachtete. Mehrere der Feuerwehrautos waren mit Booten beladen.

    Unwetter: Flug- und Bahnverkehr nach Nizza eingestellt

    Ausgelöst worden waren die Überschwemmungen durch schwere Regenfälle am Freitag in der Region um Nizza. Für die Küstenmetropole wurden gefährliche Flutwellen vorhergesagt. Der Fluss Var trat über die Ufer. Häuser und Brücken wurden weggerissen, lange Straßenstücke verschwanden in den Wassermassen. Der Flugverkehr nach Nizza wurde eingestellt, sämtliche Bahnhöfe in der Region geschlossen. Die Wetterlage beruhigte sich zuletzt wieder.

    Südfrankreich wird seit Jahren von schweren Unwettern getroffen, die Folgen waren schwer. Im Herbst vergangenen Jahres kamen 14 Menschen ums Leben. Die dicht bebaute Côte d’Azur wurde genau vor fünf Jahren von schweren Unwettern getroffen, 20 Menschen starben damals.

    Italien: Deutsche Wandergruppe von Bergrettung in Sicherheit gebracht

    Ähnlich dramatisch war die Lage in den angrenzenden Regionen auf italienischer Seite. Im Piemont, in Ligurien, dem Aosta-Tal und einem kleinen Teil der Lombardei wurden am Freitag und Samstag mehr als 60 Zentimeter Regen gemessen. Der Po-Fluss trat teilweise bis zu drei Meter über die Ufer.

    Im Piemont waren zahlreiche Dörfer, in denen Häuser und Straßen verwüstet wurden, von der Außenwelt abgeschnitten sowie ohne Wasser und Strom, wie die Behörden der Region mitteilten.

    Auch eine deutsche Trekkinggruppe habe sich zunächst nicht bei einem Hotelier gemeldet, der sie nach einer mehrtägigen Tour bei Terme di Valdieri abholen sollte, hieß es. Die Wanderer wurden von der Bergrettung auf einer Hütte entdeckt und in Sicherheit gebracht.

    Unwetter in Italien: Anwohnerinnen und Anwohner beginnen nach einer Schlammlawien in Garessio im Piedmont mit dem Aufräumen.
    Unwetter in Italien: Anwohnerinnen und Anwohner beginnen nach einer Schlammlawien in Garessio im Piedmont mit dem Aufräumen. © AFP | VINCENZO PINTO

    Feuerwehrmann und Autofahrer sterben

    Nach Angaben der italienischen Behörden vom Sonntag kamen ein Mitglied der freiwilligen Feuerwehr bei einem Einsatz sowie ein Autofahrer bei den Überschwemmungen ums Leben, zwei Menschen wurden noch vermisst.

    Um die 20 Menschen galten am Samstag in Nordwestitalien zeitweise als vermisst. Allein in der Provinz Cuneo wurden 16 Menschen vermisst. „Die Lage ist dramatisch“, erklärte die Feuerwehr in der Provinz laut der italienischen Agentur Ansa. 150 Feuerwehrleute seien im Einsatz.

    Schäden wurden auch aus Ligurien gemeldet. Der Regionalpräsident des Piemont sprach von den schwersten Unwettern in der Region seit 1994, der Bürgermeister der ligurischen Grenzstadt Ventimiglia, Gaetano Scullino, von der „größten Katastrophe seit 1958“.

    Beide Regionen forderten die Zentralregierung in Rom auf, den Notstand zu erklären. Ministerpräsident Giuseppe Conte versprach die „größtmögliche Aufmerksamkeit“ seiner Regierung.

    Unwetter auch in Lombardei und Venetien

    Heftige Regenfälle und Überschwemmungen gab es in der Nacht zum Samstag auch in den italienischen Regionen Lombardei und Venetien. In Venedig bestaunten Einheimische und Touristen das jährliche Hochwasser „Acqua Alta“. Mobile Deiche hielten das Hochwasser in diesem Jahr aber zurück. Im November vergangenen Jahres war in der Lagunenstadt ein Rekord-Hochwasser von 1,87 Metern gemessen worden.

    Der Sturm „Alex“ verschonte auch die Schweiz nicht. Auch dort kam es zu heftigen Regenfällen, Überschwemmungen und Erdrutschen. Autobahnen und Zugstrecken mussten gesperrt werden. Im Tessin im Süden wurden mit 181 Kilometer pro Stunde die stärksten Windböen gemessen. (afp/dpa)