Madrid. Spanien verschärft drastisch Strafen für sexuelle Delikte. Auch anzügliche Bemerkungen sind verboten. Motto: “Nur ein Ja heißt Ja“.

Es war eine der schlimmsten sexuellen Gewalttaten seit vielen Jahren: Fünf Männer vergewaltigten während des berühmten Stierhatz-Volksfestes im nordspanischen Pamplona brutal eine 18-Jährige. Die Richter schickten die Täter zwar ins Gefängnis, werteten die Tat aber nicht als Vergewaltigung, weil sich die Frau nicht massiv gewehrt hatte.

Das sorgte für riesige Empörung und nun, einige Jahre später, für eine drastische Verschärfung des Sexualstrafrechts in Spanien.

Kernpunkt des neuen „Gesetzes zum Schutz der sexuellen Freiheit“ ist die juristische Klarstellung, dass das Delikt der Vergewaltigung nicht mehr davon abhängt, ob das Opfer Gegenwehr leistet. Oder ob die Tat mittels Gewaltanwendung vollzogen wird. Lesen Sie hier:13-Jährige zeigt Vergewaltigung an – und wird erneut Opfer

Spanien: Vor dem Sex braucht es ein ausdrückliches Einverständnis

Sondern künftig gilt vor allem ein Kriterium, um zu entscheiden, ob eine Vergewaltigung vorliegt: Und zwar, ob vor dem Vollzug der sexuellen Handlung ein ausdrücklich artikuliertes Einverständnis vorliegt.

Spaniens Frauenministerin Irene Montero, die der Linkspartei Podemos angehört, drückt dies so aus: „Wenn wir Ja sagen, dann handelt es sich um eine einvernehmliche sexuelle Beziehung. Und wenn dieses Ja nicht existiert, dann handelt es sich um eine sexuelle Aggression.“ Montero feiert das „Nur-Ja-heißt-Ja-Gesetz“ als historisch: „Dies ist ein entscheidender Schritt, um die sexuelle Kultur unseres Landes zu verändern.“ Mehr zum Thema:Gesetze: So wird sexuelle Gewalt in Deutschland bestraft

Die neue spanische „Ja“-Formel präzisiert vor allem eines: Schweigen, passives Verhalten oder fehlende Gegenwehr sind nicht gleichbedeutend mit Zustimmung. Das trägt der Tatsache Rechnung, dass viele Vergewaltigungen und sexuelle Übergriffe im Umfeld der Familie oder im Bekanntenkreis geschehen, oder dass die Opfer während der Attacke oft einen Schock erleiden und deswegen nicht reagieren können.

Das Gesetz, das die Regierung aus sozialdemokratisch orientierten Sozialisten und der Linkspartei Podemos einbrachte, wurde nun vom Parlament mit breiter Mehrheit gebilligt. 201 Abgeordnete waren dafür, 140 dagegen. Die Gegenstimmen kamen von der konservativen Volkspartei und von der rechtspopulistischen Partei Vox.

Das neue Gesetz verfolgt übrigens auch verbale Sexattacken, die Frauen zuweilen auf der Straße oder am Arbeitsplatz in Form von anzüglichen Bemerkungen erleiden. Zudem wird Werbung für Prostitutionsangebote und pornografische Produkte verboten. Gleichzeitig will man die finanziellen Hilfen und die Beratungsangebote für die Opfer von Missbrauch ausbauen. Auch interessant: Früherer Chefarzt soll Mitarbeiterin vergewaltigt haben

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