Palma. Am Montag sind erstmals nach dem Corona-Ausbruch wieder Urlauber aus Deutschland in Palma de Mallorca gelandet. Wir waren mit an Bord.
- Spanien war mit mehr als 27.000 Corona-Toten einer der schlimmsten Hotspots der Pandemie, doch letzten Montag durften zum ersten Mal wieder Test-Touristen aus Deutschland nach Mallorca einreisen
- Kein Kaffee, nur die hintere Toilette benutzen und Einsteigen nur in kleinen Gruppen: Der Flug nach Mallorca gestaltete sich anders als gewohnt
- Wie war die Stimmung bei den deutschen Urlaubern am Flughafen und während des ersten Test-Fluges nach Mallorca letzten Montag? Unser Reporter war vor Ort
Da ist der Alleinstehende, der „lieber nach Thailand fliegen würde“, da ist das Pärchen, das „in ihrem Haus auf Mallorca nur nach dem Rechten sehen will“, da ist die Frau, die „niemandem gesagt hat, wohin sie fährt“ – und zwei Männer mit einem Pudel in der Tasche und einer Jacke auf der groß „Karl Lagerfeld“ steht.
Sie kommen aus Frankfurt oder aus dem Sauerland, aus Nürnberg, Berlin oder Hamburg. Man muss nicht mit allen gesprochen haben, um schnell den Eindruck zu gewinnen: Hier am Schalter 704, Terminal 1B, Flughafen Frankfurt, steht Deutschlands Querschnitt an. So sieht es aus, wenn zaghaft erster Tourismus auf Mallorca probiert wird.
Letzten Montag waren erstmals seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie wieder Urlauber aus Deutschland auf der Mittelmeerinsel Mallorca erlaubt. Bis zu 10.900 Test-Touristen dürfen in der nächsten Zeit auf den Balearen erleben, wie sich ein Urlaub anfühlt in Zeiten eines Virus, das sich unsichtbar über die Luft überträgt.
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Ein Flugzeug aus Düsseldorf mit 189 Passagieren ist Montagmorgen geflogen und wurde mit Klatschen auf der Insel begrüßt. Eine zweite Maschine startete am Nachmittag um 15.40 Uhr vom Flughafen in Frankfurt. Wenn alles gut geht, kann es bald wieder losgehen mit den täglichen Flügen auf die wohl beliebteste Destination für deutsche Kurzurlauber.
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Mallorca empfängt wieder Urlauber – mit ungewohnten Regeln
Sorgen machte sich unter den Passagieren niemand von Flug XS2684. „Ich glaube fast“, sagt Peter Stähler, „dass bei mir zuhause die Corona-Regeln weniger ernst genommen werden als in Mallorca.“ Der 47-Jährige Hesse hatte gesehen, wie neulich in Frankfurts Innenstadt die Menschen miteinander getanzt haben — „ohne Maske!“.
Er war noch nie auf den Balearen und diese eine Woche wird sein einziger Sommerurlaub sein. „Deshalb habe ich auch gar nicht viel geplant, außer mit meinem Mietwagen ein bisschen herumzufahren.“ Er hat knapp über 400 Euro bezahlt und das Angebot ganz kurzfristig gefunden.
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Andere sind noch günstiger gekommen, zwei Berliner haben nur 199 Euro für eine Woche Halbpension mit Flug und Zugtransfer nach Frankfurt bezahlt. Doch wenn man mit Menschen hier redet, geht es selten ums Geld. Alle sind sich bewusst, dass sie Test-Touristen sind. Auf jedem Platz liegt die Broschüre mit dem Titel „Bereit für den Neustart“. Vor allem beim Personal der Tui merkt man noch, dass es in den nächsten Tagen darum geht, wie die Veränderungen und die Neuerungen bei Gästen ankommen.
Auf dem Flug darf kein Kaffee ausgeschenkt, es darf nur die hintere Toilette benutzt werden und das Einsteigen erfolgt in kleinen Gruppen von Maximal 30 Personen. „Nur eines ist gleichgeblieben“, sagt die Stimme an Bord und macht eine Kunstpause, dann: „Dies ist weiterhin ein Nichtraucherflug.“
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Mallorca-Touristen müssen „Einreiseformulare“ ausfüllen
Spanien war mit mehr als 27.000 Corona-Toten einer der schlimmsten Hotspots der Pandemie. Tourismus allerdings beschäftigt gleichzeitig rund 2,5 Millionen Menschen in Spanien und macht rund zwölf Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes aus. Seit Wochen sinken die Corona-Zahlen. Deutschland wurde als Test-Touristen-Land ausgewählt, weil die Zahlen hier ähnlich gut sind wie auf den Balearen.
Auf der Höhe von rund 11.000 Metern meldet sich der Erste Offizier zu Wort. „Nach zweieinhalb Monaten Pause freue ich mich, Sie auf diesem Flug begrüßen zu dürfen.“
Er beschreibt in luftigen Worten die Reiseroute, etwas detaillierter als sonst („Wir haben den Genfer See überflogen, Marseille, Barcelona“), das Wetter etwas knapper („sonnig, 24 Grad“) und schließlich übergibt er wieder an seinen Kollegen, der mit ernster Stimme ankündigt, dass „Einreiseformulare“ verteilt werden.
Diese Formulare sind in der Tat ausführlicher als sie es jemals waren. Auf zwei Seiten muss jeder Fluggast ausführlich Stellung nehmen, ob er oder sie in den letzten zwei Wochen Kontakt mit Covid-19-Patienten hatten, ob sie selbst Symptome wie Müdigkeit oder Husten hatten — oder ob sie einen Tiermarkt besucht haben. Beim Check-in in Frankfurt war die Frage noch etwas vage: „Waren Sie brav in den letzten zwei Wochen?“
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Stenge Kontrollen am Flughafen von Palma
Wie ernst diese Fragen und Antworten allerdings in Spanien genommen werden, wird klar, als die Touristen landen. Der Personalaufwand ist deutlich überproportional zu den wenigen Fluggästen, alle paar Meter steht ein Flughafenmitarbeiter und fragt nach einem Zettel, misst die Temperatur, fragt, wie man sich fühlt, und wann der Rückflug gebucht sei. Die Maßnahmen sind vor allem für häufige Mallorca-Reisende überraschend. Doch eine Tui-Mitarbeiterin macht deutlich, dass diese Maßnahmen zunächst weiter so geführt werden.
Eigentlich gilt für Ankommende aus dem Ausland eine Quarantäne-Pflicht von zwei Wochen. Nicht so für die Pilotprojekt-Teilnehmer. Ein Coronavirus-Test im Heimatland oder nach der Ankunft ist nicht vorgesehen. Das bestätigte Spaniens Innenminister Iago Negueruela noch am Montag. Dafür allerdings geben alle Gäste ihre Mobilnummer an, um im Zweifel schnell erreichbar zu sein. Restaurants, Bars und Biergärten haben zum Teil wieder geöffnet.
Doch den meisten Gästen geht es zunächst um die Strände. Sviatlana Kalodzich aus Nürnberg war noch nie auf Mallorca und ist nur deswegen gekommen, weil es so leer ist. Zusammen mit ihrem Freund Simon Heckl hat sie sich auf eine Woche Ruhe gefreut und ist auch nicht traurig, wenn die berühmtesten Theken der Insel geschlossen sind. „Wir sind jedenfalls nicht zum Feiern hier“, sagt die 29-Jährige. „Ich bin einfach einmal froh, etwas anderes zu sehen als nur meine Heimatstadt.“
Eine Indienreise wurde schon abgesagt, jetzt freuen sie sich auf den ersten Sonnenuntergang. Der ist jedenfalls schon fest eingeplant: am Strand von Palma, 21.18 Uhr.
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