Houston. Acht Menschen sind bei einem Festival des Rappers Travis Scott gestorben. Viele weitere wurden verletzt. Wie konnte es dazu kommen?

„Goosebumps”. Der Titel des letzten Songs, den Rap-Superstar Travis Scott bei dem von ihm angeführten Open-Air Festival in Houston/Texas anstimmte, jagt im Nachhinein manchen im wahrsten Sinne des Wortes eine Gänsehaut über den Rücken. Der Grund liegt in der zeitlichen Abfolge der mit acht Toten und 300 Verletzten größten Tragödie der jüngeren amerikanischen Musikgeschichte.

Gegen 21 Uhr Ortszeit, als der 29-Jährige am Freitagabend mit seinem Konzert auf einer Freifläche am NRG-Park begann, gibt es unter den 50.000 meist jugendlichen Zuschauern bereits heftiges Geschiebe und Gedränge. Eine halbe Stunden später bahnt sich ein erster Notarztwagen den Weg durch die Menge. Scotts Partnerin, die Selfmade-Milliardärin Kylie Jenner aus dem Kardashian-Clan, hält die Szene in sozialen Medien mit einem Video fest.

Fünf Minuten später klettern, auch das ist durch Videos beglaubigt, verzweifelte Konzertbesucher auf die Bühne, um auf den Horror im Publikum hinzuweisen, wo Sanitäter und Polizei Dutzende niedergetrampelte Menschen zur retten versuchen. Sie rufen “Stoppt die Show!” - und werden von Kameraleuten verscheucht. Um 21.38 Uhr sprechen Feuerwehr-Chef Samuel Peña und Polizeichef Troy Finner offiziell von einem „Massenanfall von Verletzten”.

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Astroworld-Festival: Kinder unter den Toten

Allein, Travis Scott, der auf 50 Millionen Dollar Privatvermögen geschätzte Lokal-Matador aus dem benachbarten Missouri City, nach dessen Erfolgsalbum „Astroworld” das Festival benannt war, sang mit Ausnahme von kurzen Unterbrechungen noch fast 40 Minuten unbeirrt weiter; mutmaßlich wissend, dass vor ihm am Bühnenrand die Sicherheitskräfte um das Leben etlicher Konzertbesucher kämpften, denen im Getümmel schlicht die Luft zum Atmen abgeschnürt wurde.

Warum Scott nicht frühzeitig den Abbruch der Show verkündete und beruhigend auf die durch Musik und Drogen aufgeputschte Masse einwirkte, gehört zu den zentralen Fragen, die Sylvester Turner beantwortet wissen will. Houstons Bürgermeister spricht von einer „Tragödie auf vielen verschiedenen Ebenen”, die bis ins kleinste Detail untersucht werde.

Dabei spielt die Tatsache, dass die jüngsten Todesopfer 14 und 16 Jahre alt waren und ein zehnjähriges Kind am Wochenende noch in Lebensgefahr schwebte, eine wichtige Rolle. Über 20 Konzertbesucher wurden in Krankenhäuser transportiert, elf davon mit Herzstillstand.

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Was die Ursachenforschung für eine der folgenschwersten US-Tragödie dieser Art nach 1979 angeht (damals starben in Cincinnati/Ohio elf Menschen vor einem Konzert der britischen Rockband „The Who”), steht die Polizei nach eigenen Angaben noch am Anfang.

Bereits Stunden vorher gab es Alarmzeichen, als Hunderte Fans Metall-Absperrungen am Promi-Eingang überrannten. Bereits da wurden Dutzende kurzzeitig niedergetrampelt. „So viel Aggressivität vor einem Konzert habe ich lange nicht gesehen”, sagte ein Augenzeuge lokalen Medien.

Auch die exakte Todesursache der Opfer stand am Sonntag noch nicht fest. Ein Grund: Es halten sich hartnäckig Gerüchte, dass Drogen wie Fentanyl im Spiel gewesen sein sollen. Das Portal „tmz” berichtete unter Berufung auf eine Person aus der Festival-Organisation, wo der internationale Konzert-Multi „Live Nation” federführend ist, dass ein Konzertbesucher ausgerastet sei und anderen eine Art Droge injiziert habe. Die daraus entstandene Panik habe das Chaos verstärkt.

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Travis Scott steht als Mitveranstalter in der Verantwortung

Polizei-Chef Finner bestätigte, dass einer der 755 eingesetzte Security-Wachmänner nach einem Stich in den Nacken ohnmächtig wurde und von Sanitätern mit einer Narcan-Spritze wiederbelebt wurde. Dabei handelt es sich um ein Präparat, mit dem Überdosierungen von Opiaten wie Heroin oder Fentanyl den Tod verhindern können.

Für Travis Scott, mit bürgerlichem Namen Jacques Webster, ist das tödliche Ende seines eigenen Festivals dramatisch. Er steht als Mitveranstalter in der Verantwortung. Schadensersatzansprüche könnten sich nach Einschätzung von Juristen in zweistelliger Millionen-Höhe bewegen.

Dabei wird sicherlich auch seine Vorgeschichte eine Rolle spielen: Bei Konzerten 2015 in Chicago und 2017 in Arkansas wurde der für seine energiegeladenen Auftritte Sänger verhaftet, weil er seine Fans aufgestachelt hatte, die Bühne zu stürmen.