Berlin. Wird Bali gefährlich für Liebestouristen? Sex vor der Ehe soll strafbar werden. Das bedeutet das neue Verbot für ausländische Urlauber.

Indonesiens Urlaubsinsel Bali ist ein Traumziel für Urlauber, Aussteiger und digitale Nomaden. Eigentlich will Jakarta dies mit Visaoptionen und Angeboten fördern. Doch ein neues Strafgesetz droht, Urlaubern den Spaß zu verderben.

Ist der Tourismus auf Bali gefährdet?

Die Balinesen sind Rückschläge gewohnt. Während der Pandemie kam die Tourismusindustrie zu einem abrupten Halt. Zuvor hatten Bombenanschläge und Vulkanausbrüche die Touristenzahlen einbrechen lassen. Nun kommt zu dieser Liste ein neues Strafgesetz, das das indonesische Parlament Anfang Dezember verabschiedet hat – ein Gesetz, das „den Tourismus auf Bali zerstören“ könnte, wie Phil Robertson, stellvertretender Asien-Direktor bei der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, auf Twitter schrieb.

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Auch von offiziellen Tourismusquellen ist durchgesickert, dass man das neue Strafgesetzbuch für eher „kontraproduktiv“ beim geplanten Ausbau des Tourismussektors halte. Denn eigentlich hat die indonesische Regierung gleich mehrere Initiativen gestartet, um mehr Ausländer ins Land zu holen. Neben einem Visum für digitale Nomaden will das Land Ausländer künftig mit einem neuen Zweitwohnsitz-Visum anlocken.

Seit Anfang 2020 plant der südostasiatische Inselstaat zudem zehn „neue Balis“: Touristenziele, die besser erschlossen werden sollen, wie Mandalika auf der Insel Lombok, der Tobasee in Nord-Sumatra oder Labuan Bajo, das „Gateway“ zum Komodo Nationalpark mit seinen Komodowaranen.

Kein Sex vor der Ehe: „Erheblicher Schlag“ für die Menschenrechte

Die neuen Gesetze haben international für Aufsehen gesorgt. Denn sie sehen unter anderem vor, dass Paare strafrechtlich verfolgt werden können, wenn sie außerehelichen Sex haben oder vor der Ehe zusammenleben. Auch Ehebruch gilt als ein Vergehen, das eine zwölfmonatige Gefängnisstrafe nach sich ziehen kann.

Menschenrechtsorganisationen bezeichneten die neuen Gesetze als einen „erheblichen Schlag“ für die Menschenrechte. Der Kodex enthalte Artikel, die die Rechte von Frauen, religiösen Minderheiten sowie Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Menschen verletzen würden, hieß es beispielsweise vonseiten der Organisation Human Rights Watch. Derzeit leben Millionen von Paaren in Indonesien ohne Heiratsurkunde. Sie alle würden damit theoretisch gegen das Gesetz verstoßen. Besonders wird dies indigene Völker treffen, aber auch viele Muslime, die in ländlichen Regionen nur mit islamischen Zeremonien, den sogenannten Kawin Siri, verheiratet werden.

Die neuen Gesetze gelten für diese indonesischen Staatsbürger aber auch für Ausländer, die im Land leben, oder Besucher. Allerdings können Paare nur dann strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie von einem engen Familienmitglied angezeigt werden. Zudem soll das neue Strafgesetz erst nach einer dreijährigen Übergangsperiode in Kraft treten. Damit könnte es in der Zwischenzeit noch vor Gericht angefochten werden.

Harte Strafen für Ordnungswidrigkeiten oder Drogenbesitz

Urlaubern wird das Thema außerehelicher Sex also zunächst wohl weniger Schwierigkeiten bereiten. Wer jedoch einen indonesischen Partner oder eine indonesische Partnerin hat, der könnte davon betroffen sein.

Häufiger könnte es Urlauber kbei anderen Ordnungswidrigkeiten treffen, bei denen ebenfalls hart durchgegriffen werden soll. So stehen Geld- und teilweise Gefängnisstrafen auf Trunkenheit an öffentlichen Plätzen, auf das Bereitstellen von Alkohol für bereits Betrunkene, auf den Besitz von pornographischem Material und auf Sex an einem öffentlichen Ort.

Auch bei Drogenbesitz, -handel und -import werden weiterhin harte Strafen verhängt. Diese Vergehen ziehen ein Minimum von drei und ein Maximum von 20 Jahren im Gefängnis nach sich.

Religiöser Konservatismus: Bisher galt Bali als liberaler

Laut Human Rights Watch sind die neuen Gesetze eine „Reaktion auf den zunehmenden religiösen Konservatismus“ im mehrheitlich muslimischen Indonesien, wo Teile des Landes strenge islamische Kodizes durchsetzen. Im touristischen Hotspot Bali ist die Bevölkerung aber überwiegend hinduistisch. Deswegen herrschte dort tendenziell ein liberaleres Umfeld, das westliche Touristen anspricht. Doch all dies könnte in den kommenden Jahren nun auf dem Spiel stehen.

„Müssen Touristenpaare nachweisen, dass sie verheiratet sind?“, fragte sich Putu Winastra, Vorsitzender der größten Tourismusgruppe des Landes, der Association of The Indonesian Tours And Travel Agencies (ASITA), im Interview mit dem US-Sender CNN. „Jetzt werden ausländische Touristen es sich zweimal überlegen, nach Bali zu reisen, weil sie wegen Gesetzesverstößen inhaftiert werden könnten.“

Auch Ian Yeoman, außerordentlicher Professor für Tourismus an der neuseeländischen Victoria University of Wellington, sagte, dass ohne Sex kein Tourismus möglich sei. „Es gibt die ganze Hochzeitsbranche, die Romantikbranche, den Liebestourismus“, berichtete er im Interview mit dem neuseeländischen Nachrichtenmedium „Stuff“. All das setze voraus, dass man dies im Urlaub auch tun dürfe.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.