Berlin. Ebay gehörte zur Spitzenklasse der Tech-Firmen. Zum 25. Geburtstag muss der Online-Marktplatz feststellen: Die Konkurrenz ist enteilt.

Wer verstehen will, wie es mit Ebay so rapide bergab gehen konnte, sollte mit Marion von Kucz­kowski sprechen. Die 55-Jährige ist Online-Händlerin der allerersten Stunde. Schon Ende der 90er-Jahre verkaufte sie alles, was Geld bringt und Spaß macht – Kleider genauso wie Autos.

Sie hat Fachbücher geschrieben mit Titeln wie „Das Ebay-Universum“ und sie berät andere Händler, wie die ihren Krempel auf der Plattform am besten anpreisen sollten. Trotzdem lässt sie kein gutes Haar an dem Unternehmen. „Es tut mir leid, dass ich das sagen muss, aber Ebay ist wahnsinnig uncool geworden.“

Der Internetkonzern, dessen Gründung am Donnerstag genau 25 Jahre her ist, zählt zu den Urgesteinen der Online-Ära. Feierlaune dürfte am Firmensitz im kalifornischen San José dennoch nicht aufkommen. Konkurrenten wie Amazon und Alibaba haben die einstige Internetauktionsfirma, die sich über die Jahre zu einer ziemlich normalen Handelsplattform entwickelt hat, längst abgehängt.

Amazon etwa hat als weltgrößter Online-Händler einen Börsenwert von 1,6 Billionen US-Dollar. Ebay wirkt mit knapp 40 Milliarden Dollar im Vergleich dazu wie ein Zwerg. Auch wenn der Konzern gegenüber der Presse die „Robustheit“ seines Geschäftsmodells lobt und der Umsatz während des Corona-Lockdowns gestiegen sei.

Erste Ebay-Auktion drehte sich um defekten Laserpointer

„Ebay hat den Anschluss verloren“, stellt Marion von Kuczkowski fest. „In den letzten Jahren hat das Management viel ausprobiert, aber ohne großen Erfolg. Alles wirkt superunprofessionell.“ Die resolute Berlinerin mit der dunklen Raucherstimme berichtet, dass viele hauptberufliche Händler der Plattform den Rücken kehrten, weil die Voraussetzungen anderswo besser seien. Nur mit besonders skurrilen Angeboten erzeuge Ebay heute noch regelmäßig Aufmerksamkeit bei Käufern: „Das geht immer viral“.

So fing es an: Ebay-Gründer Pierre Omidyar und die damalige Vorstandschefin Meg Whitman Ende der 90er-Jahre.
So fing es an: Ebay-Gründer Pierre Omidyar und die damalige Vorstandschefin Meg Whitman Ende der 90er-Jahre. © Getty Images | James D. Wilson

Kein Wunder, denn Kuriositäten gehören seit jeher zur Ebay-DNA. Ganz am Anfang stand nämlich ein kaputter Laserpointer: Das war der erste Artikel, den der damals 28-jährigen Ebay-Gründer Pierre Omi­dyar am 3. September 1995 auf der Website AuctionWeb einstellte.

Einige Tage später gab es den ersten Zuschlag – für 14,83 Dollar. Der verdutzte Omidyar fragte den Bieter zur Sicherheit, ob ihm bewusst sei, dass er gerade ein defektes Gerät ersteigert habe. Aber alles passte: Der Käufer war ein Sammler kaputter Laserpointer. 1997 wurde AuctionWeb in Ebay umbenannt.

Eine wandelnde Litfaßsäule und Bergluft in Dosen

Seitdem tauchen in diesem Gemischtwarenladen immer wieder faszinierende oder einfach verrückte Fundstücke auf. Eine Amerikanerin bot für schlappe 10.000 Dollar (rund 8300 Euro) ihren Kopf als Werbeplattform an – die wandelnde Litfaßsäule trägt nun die Internetadresse eines Online-Kasinos als Stirn-Tattoo spazieren. Das gleiche Kasinounternehmen war es auch, das einst für 189.000 Euro den „Ratze-Golf“ ersteigerte: Der Wagen (Erstzulassung 1999) war einmal auf Joseph Ratziger (93), den späteren Papst Benedikt, angemeldet.

Dieser Golf gehörte früher Joseph Ratzinger, der später Papst Benedikt wurde. Bei Ebay provozierte die Auktion des Wagens hohe Gebote.
Dieser Golf gehörte früher Joseph Ratzinger, der später Papst Benedikt wurde. Bei Ebay provozierte die Auktion des Wagens hohe Gebote. © picture-alliance/ dpa/dpaweb | dpa Picture-Alliance / Jörg Taron

Auch Betrüger nutzen Ebay. Sie verkaufen chinesischen Großstadtbewohnern angebliche Bergluft in Dosen oder Gläubigen ein angebissenes Käsebrot für 22.000 Dollar (rund 18.300 Euro), weil man darin mit viel Fantasie das Antlitz der Jungfrau Maria erkennen kann.

Zwar hat Ebay weltweit immer noch 182 Millionen aktive Käufer, rund 1,5 Milliarden Angebote sind online. Doch die besten Tage scheint Ebay hinter sich zu haben. Ihr blute deswegen das Herz, so Marion von Kuczkowski. Klar sei der virtuelle Ladentisch „nach wie vor eine starke Marke“. Sie selbst verkaufe aber längst lieber bei der Konkurrenz. „Ich bin“, gibt sie zu, „zum Amazon-Girl geworden.“