Berlin. Unser Kolumnist Hajo Schumacher über Urlaub in Corona-Zeiten. Warum die Urlaubsreise jetzt wieder zu einem Abenteuer werden kann.

Es geschah in jener märchenhaften Zeit, als das große C noch nicht unser Leben diktierte. Reisen, dachten wir, sei das große Abenteuer voller Überraschungen. Das war schon damals falsch. Reisen, das war ein Abhaken von Fotogelegenheiten. Zum Beispiel in Marrakesch. Ich blickte möglichst unauffällig auf mein Smartphone, als ich über den Basar streunte. Ich wollte zu dem blinkenden roten Punkt, zu diesem Imbiss mit seinem legendären Lamm-Schawarma, von dem der junge Rezeptionist verschwörerisch geschwärmt hatte. Absoluter Geheimtipp, hatte er gesagt.

„Geheimtipp“ ist ein Zauberwort für altmodische Urlauber wie mich. Ich glaube unverdrossen an überraschende Entdeckungen in fremden Ländern, an Orte, die vor mir nie ein Tourist gesehen hat, wo handwerklich hochbegabte Einheimische mit ökologisch korrekten Zutaten aus der Region erstklassige Waren zu kleinen Preisen anfertigen, wo entschleunigte Menschen mich mit landestypischer Herzlichkeit empfangen, ohne mich melken zu wollen.

Ferienmachen hat sich dramatisch verändert

Je näher mich mein Smartphone dem sagenumwobenen Imbiss brachte, desto häufiger sah ich andere Touristen, die den Kopf ebenfalls über ihr Smartphone gebeugt trugen. Wie von einem unsichtbaren Großmagneten angezogen, strebten sie aus allen Himmelsrichtungen auf eine enge Gasse zu. Tatsächlich, da war er, der Geheimtipp, schon von Weitem zu erkennen an der langen Schlange, in der Touristen aus allen Gegenden der Welt geduldig warteten, um sich mit angesagtem Lammbrötchen für Instagram zu fotografieren. Enttäuschung, schon wieder.