Washington. Will Smith spricht in seinem Buch offen über den gewalttätigen Vater, seine offene Ehe und seine Erfahrungen mit halluzinogenen Drogen.

Wer mit neun Jahren hilflos mitansehen muss, wie der dem Alkohol verfallene und schnell zur Gewalt neigende Vater die eigene Mutter so verprügelt, dass sie Blut spuckt und zusammenbricht, kann schon auf böse Gedanken kommen.

Im Fall von Willard Carroll Smith jr., der es vom Gaudi-Hip-Hop-Knaben (DJ Jazzy Jeff & Fresh Prince) über einen Fernsehzwischenstopp („Der Prinz von Bel-Air“) zu Hollywoods Kino-Kassenschlager-Garanten in Serie brachte („Independence Day“, „Men in Black“), waren die Folgen lebensprägend. Das ist seiner gerade erschienenen Autobiografie zu entnehmen. Eingängiger Titel: „Will“.

Mit 13 spielte Will Smith (53) Selbstmordgedanken durch, die ihm erst – „Sünde!“ – Oma Gigi austrieb, die ein paar Straßen weiter im Westteil Philadelphias lebte und sein „moralischer Kompass“ war. Mehr zum Thema:Der Prinz von Bel-Air: Will Smith produziert Neuauflage

Will Smith offenbart intimste Details

Als Will Smith Jahre später seinen krebskranken Vater im Rollstuhl eines Nachts ins Badezimmer schieben musste, dachte er für einen Moment daran, den Alten (Kosename: „Daddio“) die Treppe herunterzustoßen und damit davonzukommen.

„Als Kind hatte ich mir immer eingeredet, dass ich meine Mutter eines Tages rächen würde“, schreibt Smith über den Tyrannen Willard Carroll Smith sen., „wenn ich groß genug wäre, wenn ich stark genug wäre, wenn ich kein Feigling mehr wäre, würde ich ihn erschlagen.“ Allein, Vater Smith starb 2016 eines natürlichen Todes. Auch interessant:„Tatort“-Star Maria Furtwängler überrascht mit Drogenbeichte

In seinem eigenen Vatersein, zum ersten Mal mit 24, konnte Will Smith den traumatischen Erfahrungen aus der Kindheit nicht entfliehen. Als das Vater-und-Sohn-Filmprojekt „After Earth“ mit Spross Jaden aus der seit 1997 medienwirksam Achterbahn fahrenden Ehe mit Jada Pinkett (50) bei der Kritik unbarmherzig durchrasselte, wollte sich der Jungschauspieler (damals 15) von der Familie offiziell lossagen.

Er fühlte sich vom eigenen Vater vor die Wand gefahren. Will Smith zerriss es fast. Dabei wollte er seine Kinder, neben Trey (aus erster Ehe, heute 29) und Jaden (23) gibt es noch Tochter Willow (21), mit Behutsamkeit und Menschenmaß zum Erfolg coachen. Die Bilanz: zwiespältig.

Will Smith hat viele Frauen enttäuscht

Smith, der nach der Highschool mit einem Stipendium für Mathe und Physik an der Elite-Universität MIT in Boston hätte studieren können, sich aber schnell für leichte Fach entschied, bescheinigt sich in seinem Buch, vor allem die Frauen in seinem Leben fast regelmäßig enttäuscht zu haben.

Da kommt es gelegen, dass man geliehenes Leben spielen kann, wo es anders war. Nächsten Freitag kommt in den USA (in Deutschland ab Ende Fe­bruar) mit „King Richard“ ein Film in die Kinos, der bereits lautes Oscar-Geraune auslöst. Will Smith verkörpert darin die wahre Aschenputtel-Geschichte des Richard Williams. Promis

1980 saß der Inhaber einer Sicherheitsfirma aus Long Beach/Kalifornien vor dem Fernseher und sah, wie eine rumänische Tennis-Spielerin 40.000 Dollar Preisgeld gewann. Williams, so die Legende, entschloss sich über Nacht, alles über diesen Sport zu lernen, seine Frau Oracene einzuspannen, um danach die beiden Töchter mit obskuren Methoden und patriarchalischer Strenge/Liebe zu Jahrhundert-Champions zu formen: Venus und Serena Williams.

Smith spielt den ehrgeizigen Vater mit beeindruckend ernster Würde und Empathie. Das Scherzkeksige, der Drang, ewig cool und lässig zu wirken, tritt in den Hintergrund. Der Charmeur mit den markanten Segelohren, der in den meisten seiner Filme den Luftikus vom Dienst gibt, erweist sich als überzeugender Charakterkopf. Die Williams-Sisters sollen bei der ersten Vorführung vor Rührung geweint haben.

Will Smith schreibt wie ein Prahlhans

Auf die Tränendrüse drückt auch sein Buch; und das nicht immer angenehm. Die über 400 Seiten starke Lektüre dünstet das Prahlhansige und Superlativige aus, das Smith nach eigenen Worten als Schutzkokon früh um sich herum gesponnen hat, damit die unsichere Seele der Welt verborgen bleibt.

Was davon wahr ist und was erdichtet, man wird es nie genau wissen. Über sich selbst sagt Smith, dass für ihn die „Grenze zwischen Fantasie und Wirklichkeit immer dünn und durchsichtig war“. Nichts zu deuteln gibt es dagegen am Ende des Buches, dessen Drang zur Offenbarung intimster Details (Stichwort: offene Ehe, Stichwort: Ayahuasca, ein halluzinogenes Rauschmittel, das bei ihm angeblich Wunder wirkte) den Leser manchmal intuitiv auf Abstand gehen lässt.

Zum 50. Geburtstag legte Will Smith aus Wohltätigkeitszwecken über dem Grand Canyon einen Bungee-Sprung aus dem Helikopter hin. Allein dafür hätte „Daddio” ihm die Ohren langgezogen.