Berlin. Fritz von Weizsäcker, Sohn des früheren Bundespräsidenten, ist erstochen worden. Ein Polizist, der zur Hilfe eilte, wurde verletzt.
Nach der tödlichen Messerattacke auf den Mediziner Fritz von Weizsäcker ist der tatverdächtige 57-Jährige in eine psychiatrische Klinik gebracht worden. Der Sohn des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker wurde am Dienstagabend in einem Krankenhaus in Berlin erstochen.
Fritz von Weizsäcker war Chefarzt in der privaten Schlosspark-Klinik im Berliner Stadtteil Charlottenburg. Der 59-Jährige hatte dort einen medizinischen Vortrag gehalten, als ein Mann aus dem Zuschauerraum auf ihn losging und ihm ein Messer in den Hals stach. Der Angriff ereignete sich gegen 18.50 Uhr, Weizsäcker starb noch am Tatort.
Angriff auf Fritz von Weizsäcker: Polizist schwer verletzt
Ein 33-jähriger Polizist, der privat bei dem Vortrag war, versuchte den Angreifer aufzuhalten und wurde selbst schwer verletzt. Ihm geht es nach einer zweiten Operation „den Umständen entsprechend“, hieß es am Donnerstag von der Polizei. Er sei nicht in Lebensgefahr.
Mehrere von den etwa 20 Menschen im Publikum halfen laut Polizei, den Täter bis zum Eintreffen der Beamten festzuhalten. Der Tatverdächtige war kein Patient der Klinik, wie eine Polizeisprecherin dem Sender n-tv sagte.
Das ist die Familie von Weizsäcker
Motiv: Abneigung gegen Familie von Weizsäcker
Wie die „Berliner Morgenpost“ berichtet, hatte es sich bei dem Vortrag um eine Veranstaltung für Patienten gehandelt. Laut einer Augenzeugin soll sich der Angriff im Anschluss an den Vortrag in der psychiatrischen Abteilung ereignet haben. Der Tatverdächtige, so die Augenzeugin, sei vor und während des Vortrages nicht weiter aufgefallen. Die Kleidung, die er getragen habe, hätte nicht danach ausgesehen, dass er von draußen gekommen ist.
Gegen den Verdächtigen wird laut Generalstaatsanwaltschaft wegen Mordes und versuchten Mordes ermittelt, er sei nicht polizeibekannt gewesen. Das Motiv des Mannes liege nicht im „hochpersönlichen Bereich“, sondern in einer „wahnbedingten allgemeinen Abneigung gegen die Familie des Getöteten“. Aufgrund einer „akuten psychischen Erkrankung“ werde er in einer psychiatrischen Klinik untergebracht.
Fritz von Weizsäcker erstochen – Das Wichtigste in Kürze
- Der Mediziner Fritz von Weizsäcker ist in Berlin erstochen worden
- Der Sohn des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker war angegriffen worden, als er einen Vortrag hielt
- Ein zufällig anwesender Polizist versuchte, rettend einzugreifen, und wurde schwer verletzt
- Ein 57-jähriger Verdächtiger wurde festgenommen und in eine psychiatrische Klinik gebracht
- Der Verdächtige soll aus Abneigung gegen die Familie von Weizsäcker gehandelt haben
Rache für Lieferung von Chemikalien?
Der mutmaßliche Täter kommt aus Rheinland-Pfalz. Nach Angaben von „Spiegel Online“ fand er den Termin für den Weizsäcker-Vortrag im Internet und reiste erst am Dienstag nach Berlin. Demnach wollte sich der Angreifer am früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker rächen.
Er werfe Weizsäcker vor, als Geschäftsführer des Chemiekonzerns Boehringer Ingelheim in den 1960er-Jahren giftige Chemikalien für den Vietnamkrieg in die USA geliefert zu haben, berichtet „Spiegel Online“. Weizsäcker war von 1962 bis 1966 Mitglied der Geschäftsführung von Boehringer. Er starb im Jahr 2014.
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Tatsächlich lieferte Boehringer 1967 Grundstoffe zur Herstellung des Entlaubungsmittels Agent Orange an die US-Firma Dow Chemical. In Vietnam leiden bis heute Menschen an Missbildungen und gesundheitlichen Schäden durch den massiven Einsatz des Entlaubungsmittels durch die US-Armee während des Vietnamkrieges. Richard von Weizsäcker sagte später, nichts von der Lieferung gewusst zu haben.
Fritz von Weizsäcker – der Werdegang des Mediziners
Der Mediziner, mit vollem Namen Fritz Eckhart Freiherr von Weizsäcker, war 1960 in Essen geboren worden, als jüngstes von vier Kindern von Marianne und Richard von Weizsäcker. Seine Eltern hatten 1953 geheiratet. Richard von Weizsäcker arbeitete damals als Jurist bei Mannesmann.
Bis 1962 wohnte die Familie in Essen und Düsseldorf, zog dann nach Ingelheim und 1967 nach Bonn. Von Weizsäckers Vater Richard von Weizsäcker (1920-2015) war von 1984 bis 1994 Bundespräsident der Bundesrepublik, zuvor Regierender Bürgermeister von Berlin.
Fritz von Weizsäcker hatte eine lange Karriere als Mediziner hinter sich. Von 1979 bis 1987 studierte er Humanmedizin in Bonn und Heidelberg. Anschließend ging er für ein praktisches Jahr in die USA. Nach dem Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie wurde er 2003 Professor für Innere Medizin an der Universität Freiburg.
Zu seinen Stationen als Mediziner zählten neben Freiburg die Harvard Medical School in Boston und das Universitätsspital Zürich. Seit 2005 war von Weizsäcker Chefarzt der Abteilung Innere Medizin I an der Schlosspark-Klinik in Berlin-Charlottenburg.
Trauer um Fritz von Weizsäcker
Beatrice von Weizsäcker, die Schwester von Fritz von Weizsäcker veröffentlichte nach dem Tod ihres Bruders auf Instagram ein Kreuz. Dazu verfasste sie die Worte: „Gib acht auf meinen Bruder … “
FDP-Chef Christian Lindner trauerte öffentlich um den Getöteten: „Mein Freund Fritz von Weizsäcker wurde heute Abend in Berlin erstochen“, schrieb Lindner auf Twitter. „Ein passionierter Arzt und feiner Mensch. Neulich noch war er bei uns zu Hause zum Grillen. Ich bin fassungslos und muss meine Trauer teilen. Einmal mehr fragt man sich, in welcher Welt wir leben.“
Der Umweltwissenschaftler Ernst Ulrich von Weizsäcker hat seinen getöteten Cousin Fritz mit warmen Worten gewürdigt. „Ich fand ihn ganz wunderbar“, sagte von Weizsäcker am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Ich habe ihn ungewöhnlich lieb gehabt.“ Er habe keine Ahnung, was hinter dem Verbrechen stecken könnte, so Ernst Ulrich von Weizsäcker, der früher SPD-Bundestagsabgeordneter war.
Die Schlosspark-Klinik hat nach Angaben auf ihrer Website rund 340 Betten. Es gibt Fachabteilungen unter anderem für Ästhetisch-Plastische Chirurgie, Innere Medizin (Gastroenterologie und Kardiologie), Neurologie, Orthopädie und Psychiatrie. (dpa/moi/les/küp)