Berlin. Viele Deutsche klagen über eine zunehmende Belastung im Job. Besonders in diesen Branchen wird über größer werdenden Stress geklagt.

Die Arbeitswoche ist zu Ende – und die Luft ist raus. Ein Gefühl, das viele Deutsche seit Langem kennen. Vier von zehn Arbeitnehmern geben an, dass die Arbeitsbelastung in den letzten Jahren sogar noch zugenommen hat, dass Stress und Arbeitsdruck größer geworden sind.

Vor allem im mittleren Arbeitsleben – bei den über 40-Jährigen – ist die Belastung für viele spürbar gewachsen, am deutlichsten für die Beschäftigten zwischen 50 und 54 Jahren. Das geht aus der Antwort des Arbeitsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Fraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

Fast jeder Zweite klagt über zunehmende Belastung

In einigen Branchen ist der Druck demnach für besonders viele Arbeitnehmer gestiegen: Bei Banken und Versicherungen, in den Krankenhäusern, Altenheimen und Kitas, aber auch in Behörden, bei Polizei und Justiz beklagt fast jeder Zweite eine Zunahme der Belastung innerhalb der beiden zurückliegenden Jahre.

Das Arbeitsministerium bezieht sich dabei auf die Erwerbstätigenbefragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, bei der Einschätzungen von rund 20.000 abhängig Beschäftigten erfasst werden. Die jüngste Erhebung stammt aus dem Jahr 2018. Insgesamt berichten 38 Prozent der abhängig Beschäftigten, dass Stress und Arbeitsdruck in den beiden zurückliegenden Jahren zugenommen haben.

Immer mehr leiden unter Termin- und Leistungsdruck

55 Prozent sagen, dass der Druck gleich geblieben ist. Auf Nachfrage zeigt sich: Mehr als jeder Zweite berichtet davon, dass er häufig verschiedene Vorgänge gleichzeitig im Auge behalten muss – ein Wert, der seit Jahren in etwa gleich geblieben ist. Gewachsen aber ist die Zahl derer, die Multitasking belastend finden: 33 Prozent im Jahr 2018 gegenüber 24 Prozent im Jahr 2006.

Ähnlich ist es beim Zeitdruck: Die Zahl der Beschäftigten, die häufig Termin- und Leistungsdruck ausgesetzt sind, ist insgesamt geringer als zwölf Jahre zuvor – der Anteil derjenigen aber, die darunter leiden, ist deutlich gewachsen (67 Prozent im Jahr 2018, 52 Prozent im Jahr 2006).

Störungen bei der Arbeit belasten viele

Das gleiche Bild zeigt sich bei der Frage nach Störungen bei der Arbeit: Die Zahl derjenigen, die solche Momente häufig erleben, ist in den letzten zwölf Jahren eher gleich geblieben – doch immer mehr aus dieser Gruppe empfinden solche Störungen als belastend.

Fazit: Die Zahl der Beschäftigten, die mit anstrengenden Arbeitsbedingungen konfrontiert sind, ist relativ stabil. Die Zahl derjenigen, die darunter leiden, wächst. Das Arbeitsministerium sieht dabei einen Zusammenhang zwischen Arbeitsintensivierung und Rationalisierung.

Politikerin fordert flächendeckende Arbeitsschutzkontrollen

„Wenn die Beschäftigten in einem Zeitraum von zwei Jahren vor der Befragung Restrukturierungen in ihrer Organisation hatten, berichteten sie im Vergleich zu Beschäftigten, bei denen dies nicht der Fall war, über mehr Belastungen“, heißt es in der Regierungsantwort.

Arbeitsdruck macht krank und muss abgestellt werden“, kommentiert Jutta Krellmann, die arbeitspolitische Sprecherin der Linken, die Zahlen. „Wir brauchen dringend wieder flächendeckende Arbeitsschutzkontrollen. Außerdem muss endlich eine Anti-Stress-Verordnung her.“ Nötig seien klare und verbindliche Richtlinien, um psychische Belastungen bei der Arbeit einzudämmen.