Berlin. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat seinen neuen Armutsbericht veröffentlicht. Und sagt: Die Problemregion Nummer 1 liegt im Westen.

In Deutschland wachsen laut dem Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes die Gräben zwischen reichen und armen Regionen. Die Kluft verlaufe nicht mehr nur zwischen Ost- und Westdeutschland, sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Verbandes bei der Vorstellung des „Armutsberichts 2019“ am Donnerstag. Die gute Nachricht: Die Armut in Deutschland leicht zurückgegangen.

Demnach ist die bundesweite Armutsquote 2018 auf 15,5 Prozent zurückgegangen, das sind 0,3 Prozentpunkte weniger als 2017. Es war der erste Rückgang seit 2014. Rechnerisch lebten damit 210.000 Menschen weniger als im Vorjahr unterhalb der Armutsgrenze.

Armutsbericht: Deutschland bei Armut und Wohlstand „viergeteilt“

Doch besonders im Westen Deutschlands zeichneten sich besorgniserregende Entwicklungen und neue Problemregionen ab, heißt es in dem Bericht. Bei genauerer Betrachtung zeige sich Deutschland viergeteilt.

Den „wohlhabenden“ Ländern Bayern und Baden-Württemberg mit einer Armutsquote von zusammen 11,8 Prozent, stünden Nordrhein-Westfalen und der Osten mit rund 18 Prozent gegenüber. Dazwischen lägen die weiteren Regionen Westdeutschlands mit einer Armutsquote von zusammen knapp 16 Prozent.

Wann gilt man als arm?

Armut wird in Deutschland über das Haushaltseinkommen und die daraus folgenden Möglichkeiten an gesellschaftlicher Teilhabe definiert. Wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat, gilt als armutsgefährdet.

Die Armutsschwelle für einen Single betrug 2018 beispielsweise 1035 Euro, für einen Paarhaushalt mit zwei Kindern unter 14 Jahren 2174 Euro (Alleinerziehende: 1656 Euro). Ein Paar mit einem Kind unter 14 liegt bei einem Einkommen von 1863 Euro an der Armutsschwelle (Alleinerziehende: 1346 Euro). Basis für den Bericht waren unter anderem bereits veröffentlichte Daten des Statistischen Bundesamts.

Armutsbericht: Ruhrgebiet ist „Problemregion Nr. 1“

Der Armutsbericht zeige, dass auch der Westen Deutschlands tief gespalten und weit entfernt von Einheitlichkeit oder gleichwertigen Lebensbedingungen sei, sagte Schneider. Insbesondere das Ruhrgebiet bleibe mit einer Armutsquote von 21,1 Prozent bei 5,8 Millionen Einwohnern „Problemregion Nummer 1“.

Außerdem sei die Armut von Rentnern in den vergangenen zehn Jahren um 33 Prozent und damit so stark wie bei keiner anderen Gruppe angestiegen – wohl ein Grund, warum die Grundrente in Deutschland zu einem so wichtigen Thema geworden ist. Der Verband fordert in seinem Bericht unter anderem einen höheren Mindestlohn und höhere Hartz-IV-Sätze.

Armut in Deutschland – mehr zum Thema:

Viele arme Senioren schämen sich wegen ihrer Armut und verzichten deshalb auf Grundsicherung – obwohl sie ihnen zusteht. Die Sorgen um Altersarmut steigt indes weiter an: Jeder zweite sorgt sich vor Altersarmut. Kinder in Deutschland sind etwas seltener arm als in den Vorjahren, dennoch haben sich ihre Lebensumstände nicht zwangsläufig verbessert. Die Zahl der Obdachlosen steigt weiter an: Fast 700.000 Menschen in Deutschland leben auf der Straße.

(dpa/epd/moi)