Madrid. In Spanien ist ein neues Parlament gewählt worden. Die Sozialisten von Ministerpräsidenten Pedro Sánchez bekamen die meisten Stimmen.

Die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) des spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez hat die Parlamentswahl am Sonntag gewonnen. Die Partei erzielte das beste Ergebnis seit elf Jahren – verfehlte aber eine absolute Mehrheit deutlich. Nach Auszählung fast aller Stimmen bekamen die Sozialisten 28,7 Prozent aller Stimmen.

Das schlechteste Resultat ihrer Geschichte verzeichnete die konservative Volkspartei PP: Sie landete bei der Neuwahl – der dritten Wahl in Spanien innerhalb von vier Jahren – mit 16,7 Prozent der der Stimmen auf Platz zwei. Damit halbierten die Konservativen ihr Ergebnis von 2016.

Zum ersten Mal seit Jahrzehnten zieht eine rechtspopulistische Partei ins Nationalparlament in Madrid ein: Die erst 2013 gegründete Formation Vox kam auf 10,3 Prozent der Stimmen und bestätigt damit einen Trend, der sich schon bei Wahlen in anderen EU-Ländern beobachten ließ. Die rechtsnationale Welle schwappt nach Spanien über, kommentiert unser Autor.

Spanienwahl: Rechtsextreme Partei zweistellig

Pedro Sánchez feierte am Sonntag den Wahlsieg. Nun stehen ihm schwierige Koalitionsgespräch bevor.
Pedro Sánchez feierte am Sonntag den Wahlsieg. Nun stehen ihm schwierige Koalitionsgespräch bevor. © Getty Images | Pablo Blazquez Dominguez

Sánchez stehen nun sehr schwierige und vermutlich langwierige Koalitionsgespräche mit linken und regionalen Parteien bevor. Es droht eine komplizierte politische Patt-Situation wie bereits 2016, als die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone nach zwei Wahlgängen binnen sechs Monaten ein Jahr lang ohne reguläre Regierung blieb.

Das Linksbündnis Unidas Podemos erzielte 14,3 Prozent, die liberale Partei Ciudadanos kommt auf 15,8 Prozent der Stimmen.

Ministerpräsident Pedro Sánchez feierte den Sieg seiner Partei in der Nacht unter dem tosenden Beifall Hunderter Anhänger vor der Parteizentrale in Madrid. „Die Zukunft hat gewonnen, die Vergangenheit hat verloren“, rief der 47-Jährige ihnen von der Bühne zu.

Die Spanier hätten Europa und der Welt die „klare Botschaft gegeben, dass man die Reaktionären, den Autoritarismus und den Rückschritt bezwingen kann“, sagte er mit Blick auf die Parteien des rechten Spektrums, auf die letztlich doch weniger Stimmen entfielen als erwartet.

Sánchez stürzte konservativen Vorgänger Rajoy

Sánches ist seit Juni 2018 im Amt. Damals stürzte er seinen konservativen Vorgänger Mariano Rajoy per Misstrauensvotum. Die Neuwahl rief er im Februar aus, da die katalanischen Separatisten seiner Minderheitsregierung bei der Abstimmung über den Etatentwurf die Unterstützung entzogen hatten.

Santiago Abascal, Vorsitzender der rechtspopulistischen Partei Vox.
Santiago Abascal, Vorsitzender der rechtspopulistischen Partei Vox. © dpa | Manu Fernandez

Die von spanischen Medien teilweise als rechtsextrem eingestufte Partei Vox hatte 2016 lediglich 0,2 Prozent der Stimmen bekommen – und wird jetzt mit einer starken Fraktion ins Nationalparlament in Madrid einziehen. „Wir sind hier, um zu bleiben. Das ist erst der Anfang!“, rief Vox-Chef Santigo Abascal am späten Abend einer jubelnden Menschenmenge in der Hauptstadt zu. Die mit Parolen wie „Spanien den Spaniern!“ angetretene Partei steht für politischen Autoritarismus, hat viele Anhänger des früheren Diktators Franco in ihren Reihen und nimmt sich die Regierungen in Ungarn und Italien zum Vorbild.

Vox-Politiker kündigten im Wahlkampf an, man wolle kritische TV-Sender schließen und Regeln zum Frauen- und Umweltschutz lockern. Das meiste Kapital schlug die Partei aber aus dem aufkeimenden Nationalismus infolge des Katalonien-Konflikts und aus der Zunahme illegaler Einwanderung, der sie einen Riegel vorschieben will.

Die Szenarien für die schwierige Regierungsbildung

Für die Regierungsbildung sind nun mehrere Szenarien denkbar. Die möglichen Koalitionspartner PSOE und Podemos kommen zusammen auf 165 Abgeordnete. Damit fehlen dem linken Lager zur absoluten Mehrheit elf Sitze. Um Ministerpräsident zu bleiben, müsste sich Sánchez folglich wohl nicht nur mit Unidas Podemos einig werden, sondern auch mit kleineren Regionalparteien in schwierige Gespräche treten.

„Wir werden daran arbeiten, die Bildung einer linken Regierungskoalition zu erreichen, aber davor müssen wir über vieles reden, über sehr vieles“, sagte Unidas-Podemos-Chef Pablo Iglesias. Den Parteien des rechten Spektrums (PP, Ciudadanos und Vox) fehlen zusammen sogar 29 Sitze zur Regierungsmehrheit.

Sánchez regierte bisher mit Minderheitskabinett

Das spanische Parlament setzt sich aus insgesamt 350 Abgeordneten zusammen. Die absolute Mehrheit liegt bei 176. Der sozialistische Ministerpräsident Sánchez hatte bisher mit einem Minderheitskabinett regiert, das nur 85 sozialistische Abgeordnete hinter sich hatte und das im Parlament auf die Unterstützung von Podemos und der kleinen baskischen und katalanischen Parteien zählen konnte.

Diese wackelige Konstellation zerbrach im Februar 2019, als über den Haushalt abgestimmt wurde: Die katalanischen Separatisten ließen Sánchez fallen, weil er nicht ihre Forderung nach einem Unabhängigkeitsreferendum erfüllen wollte.

Die Wahlbeteiligung am Sonntag erreichte mit rund 75 Prozent einen der höchsten Werte in der Geschichte der spanischen Demokratie. Bei der Abstimmung im Juni 2016 waren es neun Prozentpunkte weniger gewesen. (dpa/moi)