Brüssel/Athen. Neben Deutschland wollen sechs EU-Staaten minderjährige Flüchtlinge aufnehmen. Die EU warnt die Türkei, das nicht zu gefährden.

Für viele Kinder aus den Flüchtlingslagern in Griechenland zeichnet sich eine Lösung ab: Neben Deutschland haben sich inzwischen sechs weitere EU-Staaten bereit erklärt, unbegleitete minderjährigen Flüchtlinge aufzunehmen. Das berichtete EU-Innenkommissarin Ylva Johansson am Donnerstag bei einem Besuch in Athen. Schon jetzt könnten damit 1600 Kinder von Griechenland in andere EU-Staaten umgesiedelt werden, sagte sie.

Nach Informationen unserer Zeitung soll die Umsiedlung jetzt zügig starten, nach politischer Abstimmung „so schnell wie möglich“ – neben Deutschland sind Frankreich, Finnland, Kroatien, Irland, Luxemburg und Portugal aufnahmebereite Zielländer. Die EU rechnet laut Johansson mit Zusagen weiterer Mitgliedstaaten, umfassende Hilfe soll bei einer Konferenz von EU-Kommission, des UN-Flüchtlingshilfswerks und der griechischen Behörden im Mai organisiert werden.

Nach neuen Angaben der Regierung in Athen leben in Griechenland derzeit rund 5500 unbegleitete Flüchtlingskinder, vor allem aus Afghanistan, Pakistan und Syrien. Sie sind zum Teil unter katastrophalen Bedingungen untergebracht, vor allem in den Aufnahmelagern auf den griechischen Inseln ist die Lage kritisch. Die große Koalition hatte sich vergangene Woche darauf verständigt, dass Deutschland im Rahmen einer „Koalition der Willigen“ einen Teil der Kinder aufnimmt, wenn andere europäische Staaten mitziehen.

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Die Innenkommissarin vereinbarte mit der griechischen Regierung auch ein System für die freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen, die keine Aufenthaltsperspektive haben: Zunächst sollen rund 5000 Migranten in diesem Modell mit jeweils 2000 Euro unterstützt werden, wenn sie in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Das Angebot ist auf einen Monat befristet und gilt für Migranten, die die griechischen Inseln vor dem ersten Januar diesen Jahrs erreicht haben.

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    Johansson hatte in Athen Gespräche mit den griechischen Behörden geführt, um vor allem eine Lösung für die unbegleiteten Flüchtlingskinder zu suchen. Ursprünglich wollte auch Kommissionspräsident Ursula von der Leyen nach Athen reisen, sie sagte den Besuch kurzfristig wegen der Zuspitzung der Corona-Krise ab.

    Die Lage an der griechisch-türkischen Grenze spitzt sich unterdessen wieder zu. Am Mittwochabend kam es erneut zu schweren Zusammenstößen am Grenzübergang von Kastanies. Die EU-Kommission warnte die Türkei, eine gemeinsame Lösung der Krise, wie sie mit Präsident Recep Tayyip Erdogan am Montag vereinbart worden war, nicht wieder zu gefährden. Die Türkei müsse mit der Drohung aufhören, die Grenzen für Flüchtlinge zu öffnen.

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    Die EU und die Türkei streiten weiterhin über Flüchtlinge. Besonders dramatisch ist die Lage im Flüchtlingscamp Moria. Schließlich entschied sich die Regierung dazu, zumindest Kinder und Jugendliche aufzunehmen.