Berlin. Tausende Migranten kommen auf der Urlaubsinsel Lampedusa an. Es braucht jetzt ein Sofortprogramm aus Brüssel und langfristige Lösungen.

Eine Urlaubsinsel mit Traumstränden wandelt sich zum Vorhof der Hölle. Was sich auf Lampedusa, 138 Kilometer vor der nordafrikanischen Küste, derzeit abspielt, ist für die Europäische Union ein Fanal des Versagens. Alle Sondergipfel zur Migration, alle ambitionierten Absichtserklärungen zum Schutz von Außengrenzen oder zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität werden hier Tag für Tag ad absurdum geführt.

Binnen 24 Stunden kommen 5000 Migranten auf das nur 20 Quadratkilometer große Eiland. Im Auffanglager ist insgesamt nur für 400 Menschen Platz. Mit Hilfe der Bevölkerung sichern Beamte und freiwillige Helfer gerade das Nötigste: das Überleben der Männer, Frauen und Kinder, die völlig entkräftet die lebensgefährliche Passage über das Mittelmeer überlebt haben. Menschenwürdige Aufnahme oder Registrierung nach den Standards der EU sind graue Theorie.

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Nur mit einem Sofortprogramm aus Brüssel lassen sich die Verhältnisse an Europas südlichstem Punkt stabilisieren. Darüber hinaus muss die EU gemeinsam mit Tunesien, Nigeria, dem Tschad, Guinea und Kamerun schnell vor Ort dafür sorgen, dass den Schleusern das Handwerk gelegt wird. Wenn Migranten in Afrika ablegen, ist es schon zu spät.

Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion © Dirk Bruniecki

Das deutsche Aufnahmeprogramm zur Unterstützung der Italiener ausgesetzt zu lassen, ist die schlechteste aller Lösungen. Wer Italien jetzt alleine lässt, riskiert politische Verhältnisse auf der Halbinsel, die den Migrationsdruck nach Deutschland noch erhöhen. Innenminister Matteo Salvini spricht schon von einem "Kriegsakt" gegen sein Land. Er wartet nur darauf, Italien zur Festung gegen Migranten zu erklären – zum Nachteil aller Nachbarn.