Düsseldorf. Anfang Dezember will die CDU eigentlich einen neuen Parteichef wählen. Doch der Parteitag wird wegen der Corona-Lage in der geplanten Form immer unwahrscheinlicher. Am Montag soll eine Entscheidung über ein Ausweichszenario fallen.

Die Anzeichen für eine Formatänderung des geplanten CDU-Parteitages am 4. Dezember in Stuttgart zur Wahl eines neuen Parteichefs verdichten sich.

Auch der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sprach sich vor dem Hintergrund der deutlich steigenden Corona-Infektionszahlen klar gegen eine Präsenzveranstaltung aus. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zeigte sich ebenfalls skeptisch. Diskutiert wird nun verstärkt über eine Art Insellösung - einen dezentralen Parteitag mit wenigen Menschen an mehreren Orten.

Es sei bei der derzeitigen Corona-Infektionslage nicht vermittelbar, dass Tausend Delegierte zu einem Treffen nach Baden-Württemberg reisten, sagte Hans der "Rheinischen Post". "Dies wäre ein verheerendes Signal - auch mit Blick auf die Einschränkungen, die wir unseren Bürgerinnen und Bürgern coronabedingt im Alltag zumuten." Altmaier sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, die Entscheidung, ob ein Parteitag stattfinden solle, könne sich "nur an einer Frage ausrichten: dem Pandemiegeschehen in Deutschland". Im Augenblick seien die Zahlen "viel zu hoch", erklärte er. "Nirgendwo in der Republik finden größere Veranstaltungen statt."

An diesem Montag will die CDU-Spitze in Sitzungen von Präsidium und Vorstand über Alternativen für den Parteitag entscheiden. Eigentlich wollte die Bundes-CDU schon im Frühjahr über die Nachfolge von Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer entscheiden, musste aber schon diesen Parteitag wegen Corona verschieben. Als Kandidaten mit den besten Erfolgsaussichten bei der Wahl gelten NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz sowie der Außenpolitiker Norbert Röttgen.

Laut dem RTL/ntv-"Trendbarometer" würden sich 45 Prozent der CDU-Mitglieder für Merz, 24 Prozent für Laschet und 13 Prozent für Röttgen entscheiden, wenn sie selbst wählen könnten.

In der CDU wird nun erwogen den Parteitag auf mehrere Standorte zu verteilen, mit gegenseitiger Zuschaltung per Video. Vorbild könnte nach dpa-Informationen eine entsprechende Planung für den niedersächsischen CDU-Landesparteitag am 7. November sein. Hans sagte, die Spitze des Adenauer-Hauses prüfe derzeit zu Recht eine solche Lösung. "Wer die CDU im Jahr 2021 führen möchte, der muss auch mit einem solchen Format klarkommen", sagte er. Die Rechtssicherheit müsse dabei sichergestellt werden. "Das wird etwas kosten, aber das müssen wir uns leisten." Die CDU solle in der Pandemie ein Vorbild sein.

Nicht ganz ausgeschlossen wurde zuletzt auch eine Verschiebung des Parteitags ins kommende Jahr. Allerdings wurde in der CDU auch betont, die Wahrscheinlichkeit sei gering, dass sich die Corona-Lage bis zum kommenden Frühjahr normalisiere. Mit einer Verschiebung auf 2021 wäre für die Vorsitzendenwahl also womöglich nichts gewonnen.

Beim Thema Kanzlerkandidatur in der Union sieht Altmaier unterdessen keinen Zeitdruck. "Es gibt keinerlei Notwendigkeit, die Nominierung unseres Kanzlerkandidaten überstürzt vorzunehmen", sagte er den Funke-Zeitungen. "Wir sollten uns in den nächsten Monaten auf das konzentrieren, was Vorrang hat: Gesundheit und wirtschaftlicher Aufschwung. Die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur kommt im April oder Mai noch früh genug."

Über den Zeitpunkt herrscht in der Union Uneinigkeit. Einige dringen auf eine schnelle Entscheidung rund um die derzeit noch für Dezember geplante Kür des neuen CDU-Vorsitzenden, aber auch über Januar 2021 wurde schon diskutiert, CSU-Chef Markus Söder hat den März ins Spiel gebracht. Der bayerische Ministerpräsident hat derzeit die besten Umfragewerte der infrage kommenden Kandidaten.

© dpa-infocom, dpa:201024-99-64359/2