Minsk. Kurz vor der Präsidentenwahl in Belarus sorgen Festnahmen für Spannungen mit dem Nachbarn Russland. Minsk wirft Moskau vor, sich in den Wahlkampf einzumischen. Der Kreml reagiert prompt.

Nach der Festnahme mutmaßlicher russischer Söldner in Belarus (Weißrussland) kurz vor der Präsidentenwahl wird gegen die Männer ermittelt. Ihnen werde vorgeworfen, im Vorfeld der Abstimmung in anderthalb Wochen für Unruhen sorgen zu wollen, teilte das Ermittlungskomitee in Minsk mit.

Es werde geprüft, ob die 33 Männer in Untersuchungshaft kommen. Das Außenministerium in Minsk bestellte am Donnerstag den russischen Botschafter im Land ein. Belarus und das Nachbarland Ukraine wollen indes nach Angaben des Außenministeriums in Minsk die Grenzkontrollen verschärfen. Damit solle "eine Destabilisierung der beiden Länder verhindert" werden.

Der Kreml in Moskau verlangte am Tag nach der Festnahme Auskunft von den Behörden im Nachbarland über die Gründe. "Bislang haben wir nur unvollständige Informationen darüber", sagte Sprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. "Dieser Vorfall muss geklärt werden." Nach Darstellung in Minsk sollen die Männer der privaten russischen Söldner-Gruppe "Wagner" angehören. Rund 170 weitere Mitglieder sollen sich demnach noch in Belarus aufhalten. Nach ihnen werde gesucht.

Die Anschuldigungen dürften die Beziehungen zwischen beiden Ländern belasten. Beobachter schlossen nicht aus, dass Lukaschenko mit der Festnahme bewusst Angst vor gewaltsamen Umbrüchen schüren will, um seine Wiederwahl zu sichern. Der Staatschef will sich am 9. August für eine sechste Amtszeit wählen lassen. Seit Wochen gibt es friedliche Demonstrationen der Opposition. Der 65-Jährige geht mit harter Hand gegen Proteste vor und ließ Hunderte Menschen festnehmen. Lukaschenko hatte wiederholt vor Umsturzversuchen gewarnt.

Peskow wies Vorwürfe einer Einmischung in den Wahlkampf zurück. "Das sind nichts anderes als Unterstellungen", meinte er. "Russland und Belarus sind Verbündete, enge Partner - daher kommt sowas nicht infrage."

Die mutmaßlichen Söldner waren nahe der Hauptstadt Minsk festgenommen worden. Einige sollen sich vorher in der Ostukraine aufgehalten haben. Diese Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Staatlichen Medien zufolge hatten die Männer "militärische Kleidung" getragen. Sie seien auch deshalb aufgeflogen, weil sie keinen Alkohol getrunken hätten, was für russische Touristen untypisch sei.

Peskow meinte dazu, auch in Russland hielten sich Männer aus Belarus auf, die ähnlich gekleidet seien, sich ungewöhnlich verhielten und keinen Alkohol trinken würden. "Das bedeutet doch nicht gleich, dass sie etwas Verbotenes tun."

Die "Wagner"-Gruppe soll in Syrien, Libyen, der Ukraine und der Zentralafrikanischen Republik gekämpft haben. Ihr werden Beziehungen zum Kreml nachgesagt. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte mit Blick auf einen Einsatz in Libyen gesagt, dass dort Söldner aller möglichen Staaten im Einsatz seien. Sollten darunter Russen kämpfen, seien sie nicht im staatlichen Auftrag dort.

Kremlsprecher Peskow sagte: "Es gibt private Sicherheitsfirmen, aber laut Gesetz keine privaten Militärfirmen." Nach Einschätzung des russischen Politologen Gleb Pawlowski haben russische Söldner Belarus immer wieder als Transitland genutzt. "Das ist keine ungewöhnliche Sache", sagte er dem Radiosender Echo Moskwy. "Minsk beteiligt sich zwar nicht daran, drückte aber ein Auge zu."

Nach Angaben von Andrej Rawkow vom nationalen Sicherheitsrat sollen die Sicherheitsvorkehrungen bei Veranstaltungen im Wahlkampf nun erhöht, diese aber nicht abgesagt werden.

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