Berlin/Leipzig. Auch wenn AKK die Führungsfrage erspart bleibt: In der CDU gibt es Ärger. Vom Kopftuchverbot bis Huawei wird heftig debattiert.

Wird es beim CDU-Parteitag in Leipzig einen offenen Machtkampf geben? Mit Spannung wird gleich zu Beginn des Parteitages erwartet, ob es aus den Reihen der Delegierten den Versuch einer Revolte gegen die wegen mieser Umfragewerte intern unter Druck stehende Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer gibt. Knapp ein Jahr nach ihrer Wahl zur Vorsitzenden trauen ihr etliche in der Partei eine Kanzlerkandidatur derzeit nicht zu.

Viel werde von der Rede der Vorsitzenden abhängen, heißt es in der Partei. Ihr knapp unterlegener Kontrahent um die Parteiführung, der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz, hat angekündigt, er werde in der Aussprache zur Rede Kramp-Karrenbauers das Wort ergreifen. Allerdings moderierte er seine Ambitionen zuletzt wieder etwas ab. Dennoch gibt es in der Partei Unruhe.

CDU-Parteitag 2019: Bei welchen Anträgen es Zoff gibt

Kopftuchverbot für junge Mädchen

Muslimische Mädchen sollten in der Grundschule und der Kita aus Sicht der CDU-Spitze kein Kopftuch tragen. Die Partei schließt auch ein Verbot nicht aus. Man setze vor allem auf die Überzeugung der Eltern, schließe aber „als letztmögliche Maßnahme auch ein Verbot nicht aus“, heißt es in einer Beschlussempfehlung der Antragskommission für den Parteitag in Leipzig am Freitag und Samstag.

„Das Tragen des Kopftuchs macht aus den kleinen Kindern schon erkennbar Außenseiter, etwa auf dem Spielplatz oder auf dem Schulhof. Dies wollen wir in jedem Fall verhindern“, heißt es weiter.

Es ist nicht das erste Mal, dass ein solches Kopftuchverbot diskutiert wird. Der Tübinger Verfassungsrechtler Martin Nettesheim kam im August dieses Jahres in einem Gutachten für die Frauen-Organisation Terre des Femmes zu dem Ergebnis, dass ein Kopftuchverbot, ähnlich wie in Österreich, auch in Deutschland rechtlich möglich wäre.

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags erklärte 2017 dagegen, dass das verfassungsrechtlich „wohl nicht zulässig“ wäre. Er bezog sich dabei auch auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Lehrerinnen mit Kopftuch.

Huawei

Am meisten Konfliktpotenzial wird zwei Anträgen beigemessen, die den CDU-Parteitag zu einem Ausschluss des chinesischen Netzwerkausrüsters Huawei vom 5G-Mobilfunkaufbau auffordern. Kanzlerin Angela Merkel, Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Kanzleramtschef Helge Braun (alle CDU) haben dies bereits abgelehnt. Unter CDU-Außenpolitikern hat sich Widerstand gegen Huawei aufgebaut.

Helfen könnte im Huawei-Streit ein Initiativantrag von Abgeordneten um Norbert Röttgen, in dem vor allem eine Befassung des Bundestages gefordert wird – die ist aber bei der Beratung um das Telekommunikations- und das IT-Sicherheitsgesetz ohnehin vorgesehen.

„Selbstverständlich nehme ich alle Diskussionsbeiträge ernst“, sagte Merkel zu dem Thema vor kurzem. „Aber wir haben uns in der Bundesregierung nach reiflicher Überlegung entschieden, an den Standards anzusetzen und hier unseren Sicherheitsbehörden zu vertrauen.“ Was die Kanzlerin macht, wenn sich die Partei nun anders positioniert, bleibt damit offen.

Auch SPD-Abgeordnete wollen Huawei außen vor lassen

Auch mehrere SPD-Abgeordnete wollen in der kommenden Woche einen Fraktionsbeschluss zum Ausschluss des chinesischen Konzerns Huawei vom Aufbau des 5G-Mobilfunknetzes erreichen. „Ich bin optimistisch, dass dies durchgeht“, sagte einer der Initiatoren eines entsprechenden Positionspapiers, Falko Mohrs. Man suche auch das Gespräch mit den Huawei-Kritikern in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und werde aufmerksam beobachten, ob sich der CDU-Parteitag am Wochenende in der Frage festlege.

Hintergrund der Debatte sind Befürchtungen, dass China Huawei-Technik als Einfallstor für Spionage nutzen könnte. Kanzlerin Angela Merkel bekräftigte, die Sicherheitsvorgaben beim 5G-Netz sollten verbessert werden. Es gehe aber nicht um einzelne Firmen, sondern um Sicherheitsstandards.

Urwahl zur Kanzlerkandidatur

Dem Antrag der Jungen Union auf eine Urwahl eines Kanzlerkandidaten wird wenig Chancen eingeräumt. Zum einen will man keine Personaldebatte schon in diesem Jahr. Zum anderen meldete sich CSU-Chef Söder aus München mahnend zu Wort: Die CSU lehnt eine Urwahl ab, weil sie ihre zentrale Rolle bei der Auswahl des Kanzlerkandidaten gefährdet sieht. Auch CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer stellte sich gegen die Urwahl, weil dies eine lähmende Selbstbeschäftigung und Personaldebatten mit sich bringe.

Frauenquote

Die Frauen-Union fordert die Umwandlung des unverbindlichen Drittel-Quorums für Frauen in eine Quote. Die CDU habe es nicht geschafft, bei der Postenbesetzung in der Partei ihr unverbindliches Quorum zu erfüllen. Nachdem sich der CSU-Parteitag vor kurzem bei der Quotenfrage fast zerstritten hatte, suchte die Antragskommission einen Ausweg.

Nun wird vorgeschlagen, auf eine Abstimmung zu verzichten. Stattdessen soll eine - paritätisch besetzte - Kommission Vorschläge für eine Parteireform bis Dezember 2020 machen. Doch noch dringen sowohl einige Gegner als auch Befürworter der Frauenquote auf eine Abstimmung

Grundrente

Kritiker der Grundrente wollen die CDU-Spitze auf dem Bundesparteitag auf die punktgenaue Umsetzung der mit der SPD vereinbarten Bedingungen festlegen. „Die Junge Union und die Mittelstands- und Wirtschaftsunion bleiben bei ihren Bedenken gegen die vereinbarte Form der Grundrente, da diese ein Systembruch im Sozialsystem darstellt und erstmals eine Sozialleistung ohne Bedürftigkeitsprüfung gewährt“, heißt es in einem Entwurf für einen Initiativantrag zum Parteitag.

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„Umso wichtiger ist es, dass der nun gefundene Kompromiss mit allen von der Unionsführung ausgehandelten Bedingungen zur Einkommensprüfung und zur Finanzierung umgesetzt wird.“

Die zwischen Union und SPD vereinbarten Bedingungen für die Einführung der Grundrente gelten als anspruchsvoll; ob sie alle Punkt für Punkt umsetzbar sind, ist fraglich.

Junge Union und Mittelstandsunion verlangen unter anderem, dass der „automatisierte und bürgerfreundliche Einkommensabgleich“ zwischen den Finanzbehörden und der Rentenversicherung fehlerfrei funktionieren muss und alle erforderlichen Einkommensdaten erfasst werden. „Sollte eine automatische Administration nicht möglich sein, ist die Prüfung den Grundsicherungsämtern zu übertragen“, heißt es in dem Papier.