Berlin. Die Bundesregierung ringt um einen Kompromiss bei der Beteiligung von Cosco an Hamburger Containerterminal. Noch ist alles offen.

Das Ringen um einen Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Cosco bei einem Container-Terminal im Hamburger Hafen geht in die nächste Runde. Die Kontrahenten bleiben dieselben: Das Kanzleramt gegen sechs Bundesministerien. Nachdem die Fachministerien – Verkehr, Wirtschaft, Inneres, Finanzen, Verteidigung und Auswärtiges Amt – eine 35 Prozent-Beteiligung von Cosco aus sicherheitsrelevanten Gründen abgelehnt hatten, deutet sich nun ein Kompromiss an.

Cosco soll nun nur 24,9 Prozent der Anteile am Containerterminal Tollerort in Hamburg übernehmen dürfen. Damit könnte der Konzern als Minderheitsaktionär zumindest keinen inhaltlichen Einfluss mehr auf die Geschäftsführung ausüben. Am Dienstagabend wurde nach Informationen dieser Redaktion die Ressortabstimmung für die sogenannte Teiluntersagung eingeleitet, am Mittwoch soll das Kabinett sie beschließen.

Hamburger Hafen und Cosco-Konzern: Abhängigkeit von autokratischen Staaten verringern

Doch auch der Kompromiss wird in den Ministerien allenfalls als „Notlösung“ gesehen, um „Schlimmeres zu verhindern“, wie aus Regierungskreisen zu hören ist. Mit einem höheren Anteil von 35 Prozent an der Betreibergesellschaft würde Cosco sowohl einen Anspruch auf einen Geschäftsführer sowie Einspruchsrechte bei der Tochter des Hamburger Unternehmens HHLA erhalten.

Insbesondere vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs und der großen Energieabhängigkeit Deutschlands von Russland wird ein Teilverkauf nicht nur in den Ministerien weiter kritisch gesehen. Auch in den Parteien – in der Regierung und Opposition – rumort es weiter. Viele warnen vor neuen Abhängigkeiten von autoritären Staaten.

Eine Volluntersagung des Deals werde von den meisten Ressorts zwar nach wie vor als der richtige Weg bewertet, heißt es am Dienstag aus Regierungskreisen. Doch das scheiterte offenbar am Widerstand des Kanzleramts. Olaf Scholz (SPD) hatte sogar beim EU-Gipfel Kritik der Mitgliedsstaaten an dem Deal zurückgewiesen.

Lesen Sie auch: Hamburger Hafen: Kanzleramt dringt auf Beteiligung Chinas

Die Zeit drängt. Wenn sich das Kabinett nicht in dieser Woche über die Details des Verkauf einigt, tritt der ursprünglich zwischen Cosco und HHLA ausgehandelte Vertrag automatisch nach dem 31. Oktober in Kraft – und zwar mit einer 35-prozentigen Beteiligung.

Genau dies aber gilt es aus Sicht der beteiligten Ministerien zu verhindern. Offen ist aber auch, ob Cosco einer reduzierten Beteiligung überhaupt zustimmen wird.

Parteien kritisieren Beteiligung

„Etwas weniger falsch zu machen heißt nicht, das Richtige zu tun“, sagte der Grünen-Politiker und Vorsitzender des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter, unserer Redaktion. „Der Verkauf von 24,9 Prozent ist besser als von 35 Prozent, aber die prinzipiellen Probleme bleiben.“ Hofreiter lehnt den angestrebten Kompromiss weiter ab. „Es können sensible Informationen abfließen, es ist strategischen Investoren auch bereits mit drei Prozent gelungen, massiv Einfluss zu nehmen. Und generell ist es auch weiterhin nicht klug, sich von autoritären Staaten abhängig zu machen, wenn auch jetzt ein bisschen weniger.“

„Einem autoritären Regime wie China hier Einfluss zu geben, ist ein Fehler“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Bundestag, Stephan Thomae, dem Portral t-online.

Hintergrund:Reederei Cosco – Pekings langer Arm auf den Weltmeeren

Auch unter Ökonomen ist der Deal umstritten. „Die kritische Infrastruktur sollte grundsätzlich von chinesischen Einflüssen freigehalten werden. Dies ist auch wichtig, um im geopolitischen Konfliktfall mögliche Sabotage und Spionage zu verhindern“, sagt der China-Experte des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Jürgen Matthes.

„Die Kernfrage lautet: Erhält China eine unerwünschte Kontrolle über die kritische Infrastruktur im Hafen? Wenn dies der Fall ist, sollte keine Beteiligung erlaubt werden – auch nicht 24,9 Prozent.“

Hamburger Terminalbetreiber: Kein Zugriff auf Hafen

Der Hamburger Hafenbetreiber HHLA hatte sich bereits im vergangenen Jahr mit dem chinesischen Terminalbetreiber Cosco Shipping Ports Limited (CSPL) auf eine 35-Prozent-Beteiligung der Chinesen an einem der vier Container-Terminals in der Hansestadt geeinigt – dem kleinsten. Die HHLA versucht Kritiker immer wieder zu beruhigen: Bei der Beteiligung erhalte Cosco weder einen Zugriff auf den Hafen noch dessen strategisches Knowhow.

Cosco gilt seit Jahrzehnten als einer der wichtigsten Handelspartner im Hamburger Hafen. Sollte die Beteiligung klappen, will Cosco Hamburg zu einem bevorzugten Umschlagplatz machen. Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hält entsprechend an dem Deal fest und verspricht sich Vorteile auch gegenüber der Konkurrenz in Rotterdam und Antwerpen. Im vergangenen Jahr entfiel rund ein Drittel des Containerumschlags auf das Chinageschäft.

Beteiligungen von Reedern an Umschlagterminals sind weltweit üblich. Oft handelt es sich um eine Win-Win-Situation: Einerseits sichern sich damit Reedereien Abfertigungskapazitäten in den Häfen, andererseits erhalten Terminalbetreiber eine bessere Auslastung.

In der Wirtschaft gibt es deshalb auch klare Befürworter des Deals. „Der deutsche Wirtschaftsstandort braucht Direkt-Investitionen – auch aus dem Ausland“, sagt Markus Jerger, Vorsitzender des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW). „Die Reduzierung auf 24,9 Prozent der Anteile an dem Hafenterminal, über die nun gesprochen wird, verhindert zu viel Einfluss auf die deutsche Infrastruktur, stärkt jedoch gleichzeitig den Hafen als wichtige europäische Logistik-Drehscheibe und sichert zudem die wirtschaftlichen Verbindungen zwischen Deutschland und China.“

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.