Peking. Xi Jinping steht vor einer dritten Amtszeit als Herrscher Chinas. Bei seiner Rede macht er keine Anstalten, den Westen zu besänftigen.

Als Xi Jinping am Sonntag in der Großen Halle des Volkes in Peking vor die über 2200 Delegierten trat, eröffnete er den 20. Parteitag mit einer ideologisch durchsetzten Rede. Xi machte deutlich, welchen Kurs er für die Volksrepublik vorsieht: Der Staatschef und Generalsekretär von Chinas KP zeichnete das Bild einer selbstbewussten Nation, die vor großen internationalen Herausforderungen steht – und sich für einen drohenden Systemkonflikt mit dem Westen wappnen muss. Lesen Sie auch: Xi Jinping – Bröckelt die Macht von Chinas Herrscher?

Um seine Vision besser zu verstehen, sollte man sich vor Augen führen, was Xi in seiner Grundsatzrede gerade nicht, mit keiner Silbe, erwähnt hat: seine Haltung zum russischen Krieg in der Ukraine etwa, die heimische Immobilienkrise, die Rekord-Jugendarbeitslosigkeit oder das psychische Leid der Menschen im Lockdown. Viele der grundlegenden Probleme der Bevölkerung finden im Weltbild von Xi schlicht keinen Platz. Ebenso wenig sieht es keine öffentliche Debatte über die eigenen Schwächen vor.

Xi Jinping und Russlands Staatschef Wladimir Putin im Mai 2022.
Xi Jinping und Russlands Staatschef Wladimir Putin im Mai 2022. © dpa | ALEXANDR DEMYANCHUK

China: Xi Jinping krönt Herrschaft mit dritter Amtszeit

Doch von vorn: Beim alle fünf Jahre stattfindenden Parteikongress wird Chinas mächtigster Staatschef seit Mao Zedong seine Herrschaft mit einer umstrittenen dritten Amtszeit krönen. Dafür haben die Behörden die chinesische Hauptstadt im Vorfeld des Parteitags zu einer regelrechten Festung transformiert: Die Einreise nach Peking wird bereits seit Monaten nur mehr Chinesen aus Städten gestattet, in denen zuvor sieben Tage keine Corona-Fälle registriert wurden. Und innerhalb der Hauptstadt wachen mittlerweile an jeder Kreuzung eine Handvoll freiwilliger Helfer mit roten Kappen, die für die nötige „gesellschaftliche Stabilität“ sorgen.

Die Gretchenfrage sowohl für die eigene Bevölkerung als auch die in China lebenden Ausländer beantwortete Xi gleich zu Beginn seiner Rede: Das Land werde weiterhin an seiner restriktiven Null-Covid-Strategie festhalten. Diese präsentierte der Staatschef als „mutige Errungenschaft“, für die China auch „international viel Lob“ erhalten habe. Dies bedeutet aber auch, dass China weiterhin international isoliert bleibt, die dystopische Überwachung der Gesellschaft anhält und auch das Wirtschaftsleben von regelmäßigen Lockdowns unterbrochen wird.

Taiwan: China droht mit Militäreinsatz

Politiker in Berlin und Brüssel sollten zudem hinhören, wenn Xi von den internationalen Unsicherheiten spricht: Die 1,4 Milliarden Chinesen sollen sich demnach „auf den schlimmsten Fall“ vorbereiten und sich gegen „gefährliche Stürme“ wappnen. Mehr noch: Xi sieht „globale Veränderungen, wie sie in einem Jahrhundert nicht gesehen worden sind“. Dass damit der zunehmende Systemkonflikt mit dem Westen unter der Führung der USA gemeint ist, scheint offensichtlich. Doch gleichzeitig ist Xis ständiges Heraufbeschwören einer Krise von außen auch taktisches Kalkül, um seine Legitimität an der Macht weiter zu rechtfertigen.

Vor allem aber zeigte sich der Staatschef bei der Taiwan-Frage unnachgiebig. Zwar wolle man eine „friedliche Wiedervereinigung“ erreichen. „Aber wir werden niemals versprechen, auf militärische Gewalt zu verzichten“, so Xi. Seine Aussage überrascht keineswegs, inhaltlich ist sie nicht einmal neu. Doch die deutliche Formulierung während eines solch historischen Zeitpunkts hat symbolische Aussagekraft: Xi Jinping denkt gar nicht daran, die westliche Staatengemeinschaft mit diplomatischen Formulierungen zu besänftigen.